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BFH Urteil vom 27.02.1975 - I R 11/72

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Leitsatz (amtlich)

1. Auch ein know-how kann Gegenstand der Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters sein.

2. Als stiller Gesellschafter kann sich jemand auch an einem bestimmten, selbständig abgrenzbaren Geschäftszweig des Handelsgewerbes eines anderen beteiligen.

2. In diesem Fall ist zur Berechnung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters der Gewinn des betreffenden Geschäftszweigs zu ermitteln. Dabei sind alle Aufwendungen und Erträge anzusetzen, die durch diesen Geschäftszweig verursacht sind. Dazu gehört auch ein angemessener Anteil an den allgemeinen Betriebs- und Verwaltungskosten des Handelsgewerbes, an dessen Geschäftszweig die stille Beteiligung besteht.

 

Normenkette

GewStG § 8 Nr. 3; HGB § 335 ff.

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, deren Anteile zu 95 v. H. in Händen des Geschäftsführers lagen, schloß am 14. Mai 1957 mit dem Beigeladenen und Revisionskläger (Beigeladener) einen Vertrag, in dem der Beigeladene erklärte, den Geschäftsführer der Klägerin in die Tätigkeit eines Finanzmaklers eingeführt zu haben, und sich verpflichtete, seine sämtlichen Verbindungen auf dem Finanzsektor zur Verfügung zu stellen und den Geschäftsführer der Klägerin auf Anforderung weiter zu beraten. Dem Beigeladenen gebührten nach dem Vertrag von allen bis zum 30. Juni 1957 vermittelten Finanzierungen 50 v. H. der Nettoprovisionen, die der Klägerin zuflossen, nach Abzug aller Unterprovisionen, aber ohne Berücksichtigung der Regiekosten. Vom 1. Juli 1957 an standen dem Beigeladenen 25 v. H. aus den ersten 50 000 DM und 12,5 v. H. aus den zweiten 50 000 DM zu; überschritten die Umsätze innerhalb von 12 Monaten 100 000 DM, so sollten die darüber hinaus erzielten Provisionen ausschließlich der Klägerin verbleiben. Der Vertrag sollte bis 30. Juni 1962 gelten. Für den Fall, daß der Beigeladene vorher seine Tätigkeit bei einer anderen Firma aufgab - was dann auch geschah -, erklärte sich die Klägerin bereit, "die Finanzgeschäfte wie bisher gemeinsam mit... [dem Beigeladenen] bei Provisionsteilung zu betreiben."

Im Jahr 1959 kam es zu Erörterungen über eine gesellschaftliche Beteiligung des Beigeladenen an der Klägerin, die sich bis zum Frühjahr 1960 hinzogen, ohne zu einem Abschluß zu gelangen. Am 14. Dezember 1960 kündigte die Klägerin das Vertragsverhältnis mit dem Beigeladenen fristlos. Der Beigeladene erreichte in Zivilprozessen die Feststellung, daß die Kündigung unzulässig gewesen sei, ferner die Verurteilung der Klägerin zur Zahlung von 50 v. H. der Nettoprovisionen, ohne Abzug von Geschäftskosten, aus den Finanzmaklergeschäften der Klägerin in der Zeit bis zum 30. Juni 1962.

Der Beklagte (FA) sah das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen als stille Gesellschaft an und rechnete bei der Festsetzung der Gewerbesteuermeßbeträge der Klägerin für 1958 bis 1960 die Zahlungen und die Verbindlichkeiten gegenüber dem Beigeladenen nach § 8 Nr. 3 GewStG hinzu. Dadurch verminderten sich die aus den Erhebungszeiträumen 1958 und 1959 verbleibenden Gewerbeverluste. Für das Streitjahr 1960 erhöhte das FA den Gewinn aus Gewerbebetrieb von 197 221 DM um die Hinzurechnung von 85 881 DM auf 283 102 DM, so daß sich nach dem Abzug eines restlichen Gewerbeverlustes von 27 660 DM ein Gewerbeertrag von 255 442 DM ergab. Für das Streitjahr 1961 setzte das FA den erklärten Gewinn aus Gewerbebetrieb von 22 631 DM ohne Berücksichtigung eines Gewerbeverlustes als Gewerbeertrag an.

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte Erfolg. Das FG hat die angefochtenen Gewerbesteuermeßbescheide aufgehoben und die einheitlichen Gewerbesteuermeßbeträge für 1960 auf 518 DM und für 1961 auf 906 DM festgesetzt. Zur Begründung hat das FG ausgeführt, der Beigeladene sei nicht stiller Gesellschafter der Klägerin gewesen.

Gegen dieses Urteil hat der Beigeladene Revision eingelegt. Er rügt Verletzung des § 8 Nr. 3 GewStG, die darin liege, daß das FG zu Unrecht das Vorliegen einer stillen Gesellschaft abgelehnt habe. § 335 HGB enthalte keine positive Definition der stillen Gesellschaft, sondern nur eine negative Abgrenzung. Stille Gesellschaft sei jede Gesellschaft, bei der anstelle eines gesamthänderisch gebundenen Sondervermögens ein schuldrechtlicher Anspruch auf Zuweisung laufenden Gewinns trete. Das FG hätte daher nicht ungeprüft lassen dürfen, ob durch den Vertrag vom 14. Mai 1957 eine Gesellschaft nach § 705 BGB begründet worden sei. Es komme nur darauf an, ob die Gesellschafter die Pflicht übernommen hätten, die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zu fördern. Die Annahme einer stillen Gesellschaft scheitere auch nicht an der gewählten Form der Gewinnbeteiligung. Diese sei aus praktischen Gründen durch eine Art Richtsatzverfahren bestimmt worden.

Der Beigeladene beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, das Urteil des FG aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Das FA schließt sich den Ausführungen des Beigeladenen an.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Revision ist zulässig. Der Beigeladene hat ausweislich des Tatbestands des angefochtenen Urteils vor dem FG den Antrag gestellt, die Klage abzuweisen. Das FG hat der Klage stattgegeben. Der Beigeladene ist daher durch das angefochtene Urteil beschwert. Da § 8 Nr. 3 GewStG, mit dem die streitige Hinzurechnung der Gewinnanteile des Beigeladenen begründet wird, auf die Besteuerung beim Empfänger Rücksicht nimmt, fehlt für die Revision des Beigeladenen auch nicht das Rechtsschutzinteresse. Dieses ist jedenfalls mit mehr als 1 000 DM zu bewerten (§ 115 Abs. 1, § 140 Abs. 3 FGO). Neben dem Beigeladenen sind die Klägerin (als Revisionsbeklagte) und das FA am Revisionsverfahren beteiligt (§ 122 FGO).

2. Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Denn der Senat kann nicht abschließend prüfen, ob das Rechtsverhältnis zwischen dem Beigeladenen und der Klägerin nach dem Vertrag vom 14. Mai 1957 als stille Gesellschaft einzuordnen ist und ob daher die Beträge, die die Klägerin aufgrund dieses Vertrages an den Beigeladenen gezahlt hat, bei der Ermittlung ihres Gewerbeertrags hinzuzurechnen sind (§§ 7, 8 Nr. 3 GewStG, §§ 335 ff. HGB).

Nach §§ 7, 8 Nr. 3 GewStG sind bei der Ermittlung des Gewerbeertrags die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters hinzuzurechnen. Unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung, die ein gesellschaftsähnliches Rechtsverhältnis genügen ließ, hat der BFH entschieden, daß die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 3 GewStG das Bestehen einer stillen Gesellschaft nach §§ 335 ff. HGB voraussetzt (BFH-Urteil vom 11. November 1965 IV 82/62 U, BFHE 84, 260, BStBl III 1966, 95).

Die Ausführungen des FG, mit denen es das Vorliegen einer stillen Gesellschaft verneint hat, sind nicht frei von Rechtsfehlern.

Wenn auch § 335 HGB keine Begriffsbestimmung der stillen Gesellschaft enthält, so ergibt sich doch aus den §§ 335 ff. mit hinlänglicher Deutlichkeit, welche Merkmale für die stille Gesellschaft begriffswesentlich sind (Heymann-Kötter, Handelsgesetzbuch, 21. Aufl. § 335 Anm. 1). Erforderlich ist danach, daß sich jemand als Gesellschafter (§ 705 BGB) an dem Handelsgewerbe eines anderen mit einer Vermögenseinlage beteiligt gegen einen Anteil am Gewinn (v. Gierke, Handelsrecht und Schiffahrtsrecht, 8. Aufl. S. 238).

a) Das FG sieht im Streitfall das Merkmal der Vermögenseinlage nicht oder nur in abgewandelter Form als erfüllt an. Denn der Beigeladene habe keine Vermögensgegenstände auf die Klägerin übertragen, sondern nur dem Geschäftsführer der Klägerin Kenntnisse und Erfahrungen vermittelt. Der Begriff der Vermögenseinlage in § 335 HGB ist jedoch nach herrschender Meinung weit auszulegen. Er umfaßt auch die Überlassung von Vermögensgegenständen zur Nutzung und die Leistung von Diensten (Koenigs, Die stille Gesellschaft S. 122 ff.). Erforderlich ist nur, daß der Beitrag des stillen Gesellschafters einen Vermögenswert darstellt (Urteil des BGH vom 24. September 1952 II ZR 136/51, BGHZ 7, 174). Auch ein know-how kann danach Gegenstand der Vermögenseinlage sein, unbeschadet der Frage, ob es auch als Sacheinlage bei Kapitalgesellschaften geeignet wäre (Barz, Festschrift für Walter Schmidt S. 157, 160 f.).

Im Streitfall hatte der Beigeladene nach dem Vertrag vom 14. Mai 1957 seine Erfahrungen, Kenntnisse und Verbindungen auf dem Gebiet der Finanzgeschäfte der Klägerin - nicht nur ihrem Geschäftsführer - zur Verfügung zu stellen und die Klägerin weiterhin auf diesem Gebiet zu beraten. Diese Verpflichtungen weisen die typischen Merkmale eines kaufmännischen know-how mit starkem dienstvertraglichen Einschlag auf (vgl. Stumpf, Der Know-How-Vertrag S. 25 ff., 40; BFH-Urteil vom 16. Dezember 1970 I R 44/67, BFHE 101, 70, BStBl II 1971, 235). Gegen die Eignung dieser Leistungen des Beigeladenen als Vermögenseinlage nach § 335 HGB bestehen keine rechtlichen Bedenken.

b) Zu Unrecht vermißt das FG auch das Merkmal der Beteiligung an einem Handelsgewerbe. Die stille Gesellschaft setzt nicht unbedingt eine Beteiligung an dem gesamten Handelsgewerbe eines anderen voraus, sondern es genügt die Beteiligung an einem Teilbetrieb oder an einem bestimmten, selbständig abgrenzbaren Geschäftszweig (Urteil des RFH vom 16. November 1920 II A 359/20, RFHE 4, 15; Schlegelberger-Gessler, Handelsgesetzbuch, 4. Aufl., § 335 Anm. 19; Schilling in Großkommentar zum Handelsgesetzbuch, § 335 Anm. 30; Heymann-Kötter, a. a. O., § 335 Anm. 2). Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG ist anzunehmen, daß die Finanzgeschäfte der Klägerin einen solchen abgrenzbaren Geschäftszweig darstellten.

c) Ein unverzichtbares Merkmal der stillen Gesellschaft ist die Beteiligung des stillen Gesellschafters am Gewinn (BFH-Urteil IV 82/62 U; BGH-Urteil vom 15. Juni 1970 II Z R 13/68, BB 1970, 1069). Eine Beteiligung am Geschäftsergebnis in der Form einer Beteiligung am Umsatz ist keine Gewinnbeteiligung im Sinn der §§ 335, 336 HGB (BFH-Urteil IV 82/62 U; Koenigs, a. a. O., 10). "Gewinn" ist in der Bilanz der Überschuß der Aktivposten über die Passivposten, in der Gewinn- und Verlustrechnung der Überschuß der Erträge über die Aufwendungen (§ 42 Nr. 5 des Gesetzes betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, § 151 Abs. 4 Satz 3, § 157 Abs. 1 Nr. 32 des Aktiengesetzes). Die Beteiligung am Gewinn schließt somit das Risiko ein, daß durch Aufwendungen der Gewinn gemindert wird, und zwar bis auf 0 DM. Nur das Risiko, daß die Aufwendungen die Erträge übersteigen und damit ein Verlust entsteht, kann dem stillen Gesellschafter abgenommen werden (§ 336 Abs. 2 HGB).

Ist der stille Gesellschafter, wie im Streitfall der Beigeladene, nur an einem einzelnen Geschäftszweig beteiligt, so setzt die Annahme einer stillen Gesellschaft voraus, daß der stille Gesellschafter am Gewinn dieses Geschäftszweigs beteiligt ist. Bei der Ermittlung dieses Gewinns durch eine besondere Bilanz oder eine besondere Gewinn- und Verlustrechnung (Koenigs, a. a. O., 192) sind alle Aufwendungen und Erträge anzusetzen, die durch den betreffenden Geschäftszweig verursacht sind. Dazu gehören nicht nur die variablen Kosten, die sich je nach dem Umfang der Geschäfte ändern, sondern auch die fixen Kosten, die unabhängig vom Umfang der Geschäfte anfallen. Daher ist auch ein angemessener Anteil an den allgemeinen Betriebs- und Verwaltungskosten des Unternehmens anzusetzen (Koenigs, a. a. O., 192). Gegen diese Auffassung kann nicht eingewandt werden, die allgemeinen Betriebs- und Verwaltungskosten fielen auch an, wenn der betreffende Geschäftszweig des Unternehmens nicht fortgeführt würde. Denn die rechtlich erhebliche Ursächlichkeit eines Betriebs oder eines Teilbetriebs oder auch nur eines einzelnen Geschäftszweigs für Aufwendungen und Erträge umfaßt - jedenfalls für die Aufwendungen - nicht nur die wirkende Ursache, sondern auch die Zweckursache (BFH-Urteil vom 15. Januar 1970 IV R 32/69 BFHE 98, 343, BStBl II 1970, 379). Der Verbrauch von Gütern und Diensten, der den Anfall der allgemeinen Betriebs- und Verwaltungskosten bewirkt, dient anteilig auch dem Zweck, den Geschäftszweig zu betreiben, an dem sich der stille Gesellschafter beteiligt hat. Die Höhe des angemessenen Anteils der allgemeinen Betriebs- und Verwaltungskosten, der auf den einzelnen Geschäftszweig entfällt, bestimmt sich nach der Höhe des Beitrags, den der allgemeine Geschäftsbetrieb für den Einzelnen Geschäftszweig leistet.

Für die gleichartige Frage, welche Betriebsausgaben einer inländischen Betriebstätte zuzuordnen sind (§ 50 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes), ist in der Rechtsprechung und in der internationalen Praxis anerkannt, daß bei Anwendung der direkten Methode auch ein angemessener Anteil an den allgemeinen Geschäftskosten zum Abzug zuzulassen ist (Mersmann, Die Ertragsbesteuerung inländischer Betriebstätten und Tochtergesellschaften ausländischer Kapitalgesellschaften S. 100 f.).

Zu Unrecht wendet der Beigeladene ein, der Ansatz der allgemeinen Betriebs- und Verwaltungskosten der Klägerin bei der Ermittlung des Gewinns des Geschäftszweigs "Finanzierungen" sei ebensowenig gerechtfertigt, wie auch er seine Unkosten für die Sammlung von Erfahrungen und für die Herstellung von Verbindungen nicht ansetzen könne. Diese Unkosten des Beigeladenen sind ebensowenig Aufwendungen des Geschäftszweigs "Finanzierungen" der Klägerin wie die Zinsen für ein Darlehen, das ein stiller Gesellschafter aufgenommen hat, um eine vereinbarte Geldeinlage zu leisten. In beiden Fällen handelt es sich um Aufwendungen, die nicht durch den Geschäftsbetrieb des Inhabers des Handelsgewerbes, sondern durch die Pflicht des Beigeladenen zur Leistung einer Vermögenseinlage verursacht sind. Der Gewinn, an dem der stille Gesellschafter beteiligt ist, ist Gewinn des Inhabers des Handelsgewerbes, nicht etwa Gewinn einer davon verschiedenen Gesellschaft - der stillen Gesellschaft - (Schulze-Osterloh, Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht 1974 S. 427).

Danach bestehen Zweifel, ob im Streitfall die Voraussetzungen einer Gewinnbeteiligung erfüllt sind. Dem Beigeladenen gebührten nach dem Vertrag vom 14. Mai 1957 50 v. H. der Provisionen abzüglich der Unterprovisionen, jedoch ohne Berücksichtigung sonstiger Unkosten. Diese Vereinbarung unterscheidet sich von einer Beteiligung am Umsatz nur dadurch, daß eine bestimmte Art von Aufwendungen - die Unterprovisionen - abgezogen werden. Das Ergebnis dieses Abzugs ist aber noch nicht der "Gewinn", wenn im Geschäftszweig "Finanzierungen" weitere Aufwendungen, einschließlich eines angemessenen Anteils an den allgemeinen Betriebsund Verwaltungskosten der Klägerin entstanden sind. Die Parteien können im Vertrag über die Aufnahme eines stillen Gesellschafters Einzelheiten der Ermittlung des Gewinns regeln, insbesondere bei einer Beteiligung an einem einzelnen Geschäftszweig den angemessenen Anteil an den allgemeinen Betriebs- und Verwaltungskosten näher bestimmen, wohl auch einzelne aufwendungen vom Ansatz bei der Ermittlung des Gewinns ausschließen. Aber der Begriff des Gewinns darf damit nicht im Kern getroffen werden, die vereinbarte Gewinnbeteiligung darf nicht zu einer Leerformel Werden (vgl. Koenigs, a. a. O., 11, Fußnote 38).

Der vom erkennenden Senat vertretenen Auffassung steht nicht entgegen, daß der BGH im Zivilprozeß des Klägers und des Beigeladenen eine Belastung des Beigeladenen mit den allgemeinen Geschäftskosten der Klägerin abgelehnt hat. Denn damit ist nur gesagt, daß nach dem Vertrag vom 14. Mai 1957 die Klägerin kein Recht hatte, einen Teil dieser Kosten auf den Beigeladenen abzuwälzen. Von dieser Rechtslage geht auch der erkennende Senat aus, er zieht daraus allerdings Folgerungen für die Frage, ob dann überhaupt eine Beteiligung am "Gewinn" vorliegt.

Diese Frage läßt sich im Streitfall ohne Kenntnis der Kostenstruktur des Geschäftszweigs "Finanzierungen" der Klägerin, insbesondere des angemessenen Anteils an den allgemeinen Betriebs- und Verwaltungskosten, nicht abschließend prüfen. Die Sache geht daher zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

d) Das FG wird einen weiteren Punkt aufklären, der für die Frage, ob zwischen dem Beigeladenen und der Klägerin eine stille Gesellschaft bestand, rechtserheblich ist.

Ein wesentliches Merkmal der stillen Gesellschaft nach § 335 HGB ist, daß sich die Beteiligten zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks (des Gesellschaftszwecks) verbunden haben (§ 705 BGB) und daß daher der stille Gesellschafter einen klagbaren Anspruch gegen den Unternehmer darauf hat, daß der Gewerbebetrieb, an dem er sich beteiligt hat, fortgeführt wird und in seinen wesentlichen Grundlagen keine Änderung gegen seinen Willen erfährt (BGH-Urteil vom 25. September 1963 V ZR 133/61, BB 1963, 1277). Die Verpflichtung des Unternehmers, den Betrieb unverändert fortzuführen, braucht nicht ausdrücklich vereinbart zu sein. Ist sie aber nach dem Vertrag ausgeschlossen, so spricht das entscheidend gegen das Vorliegen einer stillen Gesellschaft (BFH-Urteil vom 10. März 1971 I R 73/67, BFHE 102, 242, BStBl II 1971, 589).

Nach § 6 des Vertrags vom 14. Mai 1957 konnte die Klägerin die Finanzgeschäfte nach ihrem Wunsch einstellen. Sie war in diesem Fall nur verpflichtet, dem Beigeladenen die Nachfolge in diese Geschäfte anzubieten. Ist aber der Unternehmer berechtigt, die gemeinsame Tätigkeit einzustellen, wann immer er es wünscht, so ist damit seine Pflicht zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks (§ 705 BGB) praktisch beseitigt.

Im Streitfall ist bisher nicht geprüft worden, ob § 6 des Vertrags vom 14. Mai 1957 die Bedeutung hat, daß die Klägerin jederzeit den Geschäftszweig "Finanzierungen" einstellen konnte. Zweifel an dieser Auslegung ergeben sich aus § 7 des Vertrags vom 14. Mai 1957. Die dort getroffene Bestimmung, daß die Klägerin nach Aufgabe einer bestimmten Tätigkeit des Beigeladenen bei einer anderen Firma bereit ist, die Finanzgeschäfte wie bisher gemeinsam mit dem Beigeladenen bei hälftiger Provisionsteilung zu betreiben, läßt offen, ob damit nur eine Änderung des § 4 des Vertrags vom 14. Mai 1957 über die Höhe des Anteils des Beigeladenen an den Provisionen oder auch eine Änderung des § 6 über die Fortführung der Finanzgeschäfte durch die Klägerin gewollt war. Zur Ermittlung des Parteiwillens bedarf es tatsächlicher Feststellungen, die das Revisionsgericht nicht treffen kann (§ 118 Abs. 2 FGO). Auch aus diesem Grund wird die Sache an das FG zurückverwiesen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 71433

BStBl II 1975, 611

BFHE 1975, 518

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