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BFH Urteil vom 24.03.1970 - I R 73/68

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Leitsatz (amtlich)

Eine rechtsfähige Unterstützungskasse ist nur dann nach § 4 Abs. 1 Nr. 7 KStG von der Körperschaftsteuer befreit, wenn sie eine soziale Einrichtung ist. Das ist nicht der Fall, wenn Unterstützungsempfänger auch die Unternehmer sind und die Leistungen der Kasse an die Unternehmer unverhältnismäßig hoch sind.

 

Normenkette

KStG § 4 Abs. 1 Nr. 7; KStDV §§ 9-11

 

Tatbestand

Die Revisionsklägerin (Steuerpflichtige) wurde im Jahre 1942 als Unterstützungskasse der Firma H. in das Vereinsregister eingetragen. Sie war gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 7 KStG bisher von der Körperschaftsteuer befreit. Sie gewährt nach § 2 ihrer Satzung freiwillige, einmalige, wiederholte oder laufende Unterstützungen an derzeitige oder ehemalige Belegschaftsmitglieder der Firma H. sowie deren Angehörige bei Hilfsbedürftigkeit und im Alter. Ein Rechtsanspruch auf die Leistungen besteht nicht.

Nach einem Vereinsbeschluß vom 22. Juli 1952 gewährt die Steuerpflichtige Unterstützung an Betriebsangehörige, wenn diese mindestens 15 Jahre lang ununterbrochen bei der Trägerfirma tätig gewesen waren. Die Leistungen errechnen sich nach einem feststehenden Schlüssel und sollten nach oben hin auf monatlich 50 DM begrenzt sein. Später wurde der zu zahlende Höchstbetrag nach tatsächlicher Übung auf monatlich 75 DM erhöht.

Im streitigen Veranlagungszeitraum 1960 waren über 500 Leistungsempfänger vorhanden, d. h. solche Personen, denen lt. Satzung und Vereinsbeschluß Unterstützungen gewährt werden konnten. Tatsächlich erhielten im Streitjahr 84 aus dem Kreis der Belegschaftsmitglieder stammende Leistungsempfänger Zuwendungen, die im Schnitt 23 DM je Monat und je Belegschaftsmitglied ausmachten. Außerdem zahlte die Steuerpflichtige erstmals ab Januar 1960 monatlich je 600 DM an drei Personen, die dem Kreis der Unternehmer der Trägerfirma angehörten (Auszahlung insgesamt: 43 991 DM; davon an Arbeitnehmerkreis 22 391 DM und an Unternehmerkreis 21 600 DM).

Zuwendungen von monatlich je 600 DM erhielten drei Witwen früherer Gesellschafter, die Damen J. H., T. J. und C. H.

Anlaß dafür, den Genannten Zuwendungen aus dem Vereinsvermögen zu gewähren, war der Umstand, daß im Jahre 1959 ein Gesellschafter der Trägerfirma (Sohn von Frau J. H.) verstarb und dessen Witwe Anspruch auf eine Versorgungsrente gegenüber der Trägerfirma hat. Da den oben genannten Personen vertraglich festgelegte Ansprüche auf Witwenversorgung aber nicht zustehen, sollte eine Gleichbehandlung durch Zuwendungen aus dem Vermögen der Steuerpflichtigen erreicht werden.

Das FA zog die Steuerpflichtige für den Veranlagungszeitraum 1960 mit ihren Einkünften aus Kapitalvermögen zur Körperschaftsteuer heran. Die Ungleichbehandlung der Belegschaftsmitglieder einerseits und der drei oben genannten Unterstützungsempfängerinnen andererseits führe dazu, daß eine soziale Einrichtung im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 7 KStG nicht mehr vorliege.

Die Sprungklage der Steuerpflichtigen blieb erfolglos. Gegen das Urteil des FG richtet sich die Revision der Steuerpflichtigen, die sie auf den Vorwurf unrichtiger Rechtsanwendung stützt. Die Rentenzahlungen an die drei Damen müßten vom Gesamtversorgungswerk des Trägerunternehmens aus gesehen werden, das aus Pensionszusagen des Trägerunternehmens mit Rechtsanspruch und aus Leistungen der Steuerpflichtigen ohne Rechtsanspruch bestehe. Danach hätten leitende Angestellte Pensionszusagen in Höhe von 400 bis 600 DM monatlich und Gesellschafter-Geschäftsführer Zusicherungen von dynamischen Renten von monatlich rd. 1 000 DM erhalten.

Da nun die drei Damen keine solche Pensionszusage des Trägerunternehmens hätten und sie lediglich von der Steuerpflichtigen monatlich 600 DM erhalten würden, seien sie im Rahmen des Gesamtversorgungswerkes gegenüber den Berechtigten, die Leistungen vom Trägerunternehmen und von der Steuerpflichtigen erhalten würden, im Ergebnis nicht bevorteilt.

Daran könne auch die Feststellung des FG – die Versorgung der drei Damen hätte im Rahmen der Gewinnverteilung des Trägerunternehmens geregelt werden können – nichts ändern, da dieser Möglichkeit handels- und bürgerlich-rechtliche Hinderungsgründe entgegengestanden hätten.

Bei Kassen ohne Rechtsanspruch der Leistungsempfänger sei in § 11 Nr. 4 KStDV wegen der Höhe der laufenden Leistungen und des Sterbegeldes lediglich auf die in § 10 Abs. 2 und 3 KStDV bezeichneten Beträge Bezug genommen. Alles andere, was in § 10 Abs. 2 und 3 KStDV sonst noch für Kassen mit Rechtsanspruch genannt sei, gelte danach für Kassen ohne Rechtsanspruch nicht. Die Steuerpflichtige folgert daraus, daß Kassen ohne Rechtsanspruch immer dann als eine soziale Einrichtung zu behandeln seien, wenn sie die Grenzen des § 10 Abs. 2 und 3 KStDV einhalten.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist unbegründet.

Vorinstanz:

Der Steuerpflichtigen kann nicht in der Ansicht gefolgt werden, daß bei der Beurteilung des Sachverhalts von dem Gesamtversorgungswerk des Trägerunternehmens auszugehen ist. Hier geht es ausschließlich um die Steuerfreiheit der Steuerpflichtigen, des eingetragenen Vereins. Es kann dahingestellt bleiben, wie die Leistungen an die drei bezeichneten Damen steuerrechtlich zu beurteilen wären, wenn sie von dem Trägerunternehmen als einer Personengesellschaft selbst gezahlt worden wären. Jedenfalls sind aus der Kasse der Steuerpflichtigen Leistungen erbracht worden, die das Trägerunternehmen zu vertreten hatte. Diese Belastung der Steuerpflichtigen ist nur durch ihre Beherrschung durch das Trägerunternehmen zu erklären. Die Steuerpflichtige hat darum insoweit nicht ihre „soziale Aufgabe”, sondern die Interessen der Unternehmergruppe erfüllt.

Die Ansicht der Steuerpflichtigen, die Kasse sei als soziale Einrichtung stets anzuerkennen, wenn sich die Leistungen an Arbeitnehmer und Unternehmer im Rahmen des § 10 Abs. 2 und 3 KStDV halten, ist irrig. Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, enthalten die §§ 11 Nr. 4 in Verbindung mit § 10 Abs. 2 und 3 KStDV eine beispielhafte Aufzählung zur Erläuterung der Voraussetzung des § 4 Abs. 1 Nr. 7 KStG; dies ergibt sich aus § 10 Abs. 2 Satz 1 KStDV, wonach eine Unterstützungskasse eine soziale Einrichtung „insbesondere dann nicht darstellt”, wenn die dann weiter aufgeführten Merkmale nicht gegeben sind. Ergibt sich aus dem Geschäftsgebaren der Kasse, daß sie keine soziale Einrichtung im oben bezeichneten Sinne ist, hat sie keinen Anspruch auf Steuerbefreiung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 557415

BStBl II 1970, 473

BFHE 1970, 432

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