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BFH Urteil vom 23.03.1976 - VII R 67/73

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Leitsatz (amtlich)

Für formlose Bescheide i. S. des § 212 AO gilt nicht die Einschränkung des § 91 Abs. 2 AO, der eine mündliche Bekanntgabe nur gegenüber Anwesenden zuläßt. Zollbescheide als formlose Bescheide können deshalb auch fernmündlich bekanntgegeben werden.

 

Normenkette

AO §§ 91, 211-212; ZG § 36 Abs. 3

 

Tatbestand

Die Klage richtet sich gegen einen Abgabenbescheid des Zollamtes, der am 8. April 1971 vorläufig ergangen und mit Bescheid vom 1. Juni 1971 für endgültig erklärt worden ist. Der Bescheid vom 1. Juni 1971, mit dem der Bescheid vom 8. April 1971 für endgültig erklärt wurde, wurde der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) fernmündlich mitgeteilt.

Soweit das FG der Klage stattgab, führte es aus, der Bescheid vom 1. Juni 1971 sei nicht wirksam geworden, da er der Klägerin nicht bekanntgegeben worden sei. Der Klägerin sei zwar die Endgültigkeitserklärung vom 1. Juni 1971 fernmündlich mitgeteilt worden. Diese fernmündliche Bekanntgabe genüge jedoch nicht für das Wirksamwerden eines Verwaltungsaktes. Denn nach § 91 Abs. 2 AO könne eine Verfügung nur einem Anwesenden mündlich bekanntgegeben werden. Da somit der Verwaltungsakt nicht wirksam bekanntgegeben worden sei, habe die Klägerin hinsichtlich dieses Bescheides auch keine Rechtsbehelfsfrist versäumt. Die Einspruchsentscheidung sei deshalb insoweit aufzuheben.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die durch Beschluß des BFH vom 29. Mai 1974 VII B 63/73 zugelassene Revision des HZA.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils, soweit dieses der Klage stattgegeben hat, und zur Abweisung der gegen den Bescheid vom 1. Juni 1971 gerichteten Klage auch insoweit.

Das FG leitet die der Entscheidung zugrunde liegende Rechtsauffassung, daß Verfügungen im Besteuerungsverfahren nicht fernmündlich bekanntgegeben werden können, aus der Bestimmung des § 91 Abs. 2 AO her, der die mündliche Bekanntgabe einer Verfügung nur unter Anwesenden zuläßt. Dabei legt es indessen diese Bestimmung rechtsirrig aus. § 91 AO regelt die Bekanntgabe abgabenrechtlicher Verfügungen nicht abschließend. Er bestimmt in erster Linie, daß die Bekanntgabe Voraussetzung für das Wirksamwerden abgabenrechtlicher Verfügungen nach außen ist. Hinsichtlich der Form der Bekanntgabe hat § 91 AO nur ergänzenden Charakter, wie auch die in Absatz 1 der Bestimmung enthaltenen Vorbehalte zum Ausdruck bringen.

Für die Form von Bescheiden enthalten die §§ 211, 212 AO besondere Bestimmungen, die wiederum auf die in den einzelnen Steuergesetzen enthaltenen Formbestimmungen zurückgreifen. Danach wird unterschieden zwischen Bescheiden, die nach den Bestimmungen der Steuergesetze schriftlich zu erteilen sind, und zwischen Bescheiden, die formlos ergehen können. Für schriftliche Bescheide sind die Mindestanforderungen an Form und Inhalt in § 211 AO geregelt. Außerdem ist als besondere Form der Bekanntgabe die Zustellung vorgeschrieben. Für formlose Bescheide dagegen bestimmt § 212 AO, daß als Steuerbescheid jede Willenskundgebung des FA oder einer Hilfsstelle des FA gilt, mit der erstmals ein bestimmter Betrag als Steuer von einer bestimmten Person sofort oder innerhalb einer bestimmten Frist beansprucht wird.

Für solche formlose Bescheide gilt die Bestimmung des § 91 AO nicht. Denn wenn § 212 AO schon für den Bescheid selbst auf jedes Formerfordernis verzichtet, so muß diese Formlosigkeit folgerichtig auch für die Bekanntgabe gelten. Die so verstandene Regelung des § 212 AO kann also nicht durch § 91 Abs. 2 AO, der die mündliche Bekanntgabe von Verfügungen nur gegenüber einem Anwesenden zuläßt, wiederum eingeschränkt worden sein. Daß dies auch nicht i. S. des § 91 Abs. 2 AO ist, ergibt sich aus dem weiteren Zusatz in § 91 Abs. 2 AO, daß dem Steuerpflichtigen auf Verlangen eine Abschrift der Verfügung zu erteilen ist; eine Abschrift der Verfügung kann nur erteilt werden, wenn eine schriftliche Verfügung vorliegt, wenn es sich also nicht um eine formlose Verfügung handelt. § 91 Abs. 2 AO ist demnach auf Bescheide, die nach den Vorschriften der Steuergesetze formlos ergehen können, nicht anwendbar.

Zu den unter § 212 AO erfaßten formlosen Bescheiden zählen insbesondere die Zollbescheide, die nach den Vorschriften des ZG schriftlich oder mündlich erlassen werden können (§§ 36 Abs. 3, 46 Abs. 3, 48 b Abs. 1, 55 Abs. 8, 57 Abs. 4, 58 Abs. 3). Dies gilt nicht nur für Bescheide, mit denen erstmalig eine Steuer angefordert wird, sondern auch für solche Bescheide, durch die ein Abgabenbescheid geändert wird, da ein Änderungsbescheid die Rechtsnatur des Abgabenbescheides teilt, zu dem er ergeht (BFH-Urteil vom 21. Mai 1963 VII 175/61 U, BFHE 77, 201, BStBl III 1963, 390). Wird ein Zollbescheid geändert, so gilt somit auch für den Änderungsbescheid die Bestimmung des § 212 AO. Für einen Bescheid, durch den ein vorläufiger Bescheid für endgültig erklärt wird, kann nichts anderes gelten.

Legt man diese Rechtsgrundsätze zugrunde, so ist der im Streitfall angefochtene Bescheid vom 1. Juni 1971, mit dem der Steuerbescheid vom 8. April 1971 für endgültig erklärt worden ist, durch die fernmündliche Bekanntgabe an die Klägerin wirksam geworden. Die Endgültigkeitserklärung hat zur Folge, daß die Abgabenfestsetzung mit Ablauf der Einspruchsfrist gegen den Bescheid vom 1. Juni 1971 bestandskräftig geworden ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 71885

BStBl II 1976, 509

BFHE 1976, 426

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