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BFH Urteil vom 21.02.1973 - I R 148/71

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Leitsatz (amtlich)

1. Zinsen für einen Kredit zum Erwerb steuerfreier Pfandbriefe stehen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit (steuerfreien) Zinsen aus den Pfandbriefen und mit einem (steuerpflichtigen) Gewinn aus der Veräußerung der Pfandbriefe.

2. Stehen Ausgaben in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien und steuerpflichtigen Einnahmen, so sind sie in dem Verhältnis aufzuteilen, in dem die steuerfreien und die steuerpflichtigen Einnahmen des Veranlagungszeitraums zueinander stehen. Der Betrag der Ausgaben, der dabei auf die steuerfreien Einnahmen entfällt, ist nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 25. Oktober 1966 I 26/64 (BFHE 87, 243, BStBl III 1967, 92) abzugsfähig, soweit er die steuerfreien Einnahmen übersteigt.

 

Normenkette

KStG § 13

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte, eine GmbH, hielt im Streitjahr 1964 eine Schachtelbeteiligung an einer AG. Zum Erwerb dieser Beteiligung hatte sie einen Kredit in Höhe von 2,8 Millionen DM aufgenommen. Im Streitjahr erhöhte sie diesen Kredit und verwendete den Erhöhungsbetrag zum Erwerb steuerfreier Pfandbriefe. Die Erträge aus der Schachtelbeteiligung betrugen im Streitjahr 95 040 DM, die Zinsen aus den steuerfreien Pfandbriefen 3 587 DM. Die Klägerin hatte für den Kredit zum Erwerb der Schachtelbeteiligung und der Pfandbriefe im Streitjahr Zinsen in Höhe von 130 487 DM zu entrichten.

Der Beklagte und Revisionskläger (das FA) rechnete im Streitjahr die Zinsen für den Kredit zum Erwerb der Schachtelbeteiligung und der Pfandbriefe in voller Höhe bei der Ermittlung des Einkommens der Klägerin hinzu.

Die Klage hatte Erfolg. Das FG, dessen Entscheidung in den EFG 1971, 557 veröffentlicht ist, hat die Körperschaftsteuer auf 1 392 DM herabgesetzt. Zur Begründung hatte es ausgeführt, § 13 KStG biete keine Rechtsgrundlage, um der Klägerin den Abzug der Zinsen zu versagen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des FA, mit der unrichtige Anwendung der §§ 13, 9 KStG gerügt wird. Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist zum Teil begründet und führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Die Klägerin darf die Zinsen für den Kredit zum Erwerb der Schachtelbeteiligung nur abziehen, soweit sie im Veranlagungszeitraum 1964 die Erträge aus der Schachtelbeteiligung übersteigen. Die Zinsen für den Kredit zum Erwerb der Pfandbriefe darf die Klägerin abziehen, soweit sie anteilig auf die steuerfreien Zinseinnahmen entfallen und diese übersteigen (§ 13 KStG).

1. Zinsen für den Kredit zum Erwerb der Schachtelbeteiligung

Der Senat hat in dem Urteil vom 25. Oktober 1966 I 26/64 (BFHE 87, 243, BStBl III 1967, 92) mit eingehender Begründung entschieden, daß Zinsen für Schulden, die zum Erwerb einer Schachtelbeteiligung aufgenommen worden sind, als Betriebsausgaben abgezogen werden können, soweit die Einnahmen aus der Schachtelbeteiligung den Betrag der Schuldzinsen nicht decken. In dem Urteil vom 21. April 1971 I R 97/68 (BFHE 102, 468, BStBl II 1971, 694) hat der Senat nach nochmaliger Prüfung der Rechtsfrage und mit zusätzlicher Begründung an seiner Auffassung festgehalten. In dem BFH-Urteil vom 21. Februar 1973 I R 26/72 (BStBl II 1973, 508) hat der Senat seine Ansicht erneut aufrechterhalten und ist nochmals auf die Frage eingegangen, ob die Erträge aus der Schachtelbeteiligung als steuerfrei anzusehen sind und ob sie in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Zinsen für den Kredit zum Erwerb der Schachtelbeteiligung stehen. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die angeführten Urteile Bezug.

Die Tatsache, daß die Klägerin den größten Teil der Schuldzinsen an das Bankhaus H. gezahlt hat, dessen Organgesellschaft sie ist, vermag entgegen der Ansicht der Klägerin den unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den Schuldzinsen und den Schachtelerträgen nicht aufzuheben. Die steuerrechtliche Selbständigkeit der Klägerin und des Bankhauses H. wird durch die Organschaft nicht beseitigt.

2. Zinsen für den Kredit zum Erwerb der Pfandbriefe

Da die Klägerin nach den Feststellungen des FG im Streitjahr nicht nur steuerfreie Zinsen von 3 587 DM, sondern auch steuerpflichtige Erträge aus der Veräußerung der Pfandbriefe (Kursgewinne) von 74 346 DM erzielt hat, stehen die Zinsen für den Kredit zum Erwerb der Pfandbriefe nicht nur mit steuerfreien, sondern auch mit steuerpflichtigen Einnahmen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang. Bei den Erwägungen, die zum Erwerb marktgängiger Wertpapiere führen, spielt auch der Gedanke an Kursgewinne eine Rolle, mag auch bei fest verzinslichen Papieren die Erwartung der Zinseinnahmen im Vordergrund stehen. Daher besteht eine finale Beziehung, wie sie der Senat in den Urteilen I 26/64 und I R 26/72 verlangt hat, auch zwischen den Zinsen für den Kredit zum Erwerb der Pfandbriefe und den Erträgen aus der Veräußerung dieser Pfandbriefe.

Stehen somit im Streitfall die Schuldzinsen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien und steuerpflichtigen Einnahmen, so kann daraus - entgegen der Ansicht des FG - nicht der Schluß gezogen werden, daß die Schuldzinsen in vollem Umfang abzugsfähig seien. Vielmehr ist zu ermitteln, in welchem Verhältnis die Schuldzinsen auf die steuerfreien und auf die steuerpflichtigen Einnahmen entfallen. Dies kann mangels anderer Anhaltspunkte nur im Wege einer Verhältnisrechnung geschehen (vgl. Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 3c EStG Anm. 31). Die Schuldzinsen sind auf die steuerfreien und steuerpflichtigen Einnahmen in dem Verhältnis aufzuteilen, in dem die steuerfreien und die steuerpflichtigen Einnahmen des Veranlagungszeitraums zueinander stehen. Der Betrag der Schuldzinsen, der dabei auf die steuerfreien Einnahmen entfällt, ist nach den Grundsätzen des Urteils des BFH I 26/64 abzugsfähig, soweit er die steuerfreien Einnahmen übersteigt.

Da sich aus den tatsächlichen Feststellungen des FG nicht ergibt, wie sich der Betrag der gezahlten Zinsen von 130 487 DM auf den Kredit zum Erwerb der Schachtelbeteiligung und auf den Kredit zum Erwerb der Pfandbriefe verteilt, geht die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück. Das FG wird unter Beachtung der Grundsätze dieses Urteils die Höhe der abzugsfähigen Schuldzinsen feststellen und den Körperschaftsteuerbescheid entsprechend ändern.

 

Fundstellen

Haufe-Index 70431

BStBl II 1973, 509

BFHE 1973, 25

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