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BFH Urteil vom 20.01.1978 - III R 120/75

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Leitsatz (amtlich)

Bel der Ermittlung des Kapitalwerts von Nutzungen eines Wirtschaftsguts ist der Jahreswert dieser Nutzungen sowohl beim Nutzungsberechtigten als auch beim Nutzungsverpflichteten auf den achtzehnten Teil des Bewertungsrechtlichen Werts des genutzten Wirtschaftsguts zu begrenzen.

 

Normenkette

BewG i.d.F. vor dem VStRG 1974 § 16 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist Eigentümerin eines bebauten Grundstücks mit einem Einheitswert von 46 500 DM. Auf diesem Grundstück befinden sich vier Wohnungen. An einer dieser Wohnungen besteht ein unentgeltliches Wohnrecht.

Der Beklagte und Revisionskläger (FA) veranlagte die Klägerin durch Neuveranlagung zum 1. Januar 1968 zu einer Vermögensteuerjahresschuld von 3 755 DM und durch Hauptveranlagung zum 1. Januar 1969 zu einer Vermögensteuerjahresschuld von 3 585 DM. Zur Ermittlung des Gesamtvermögens zog das FA die Verpflichtung aus dem Wohnrecht vom Rohvermögen mit dem Kapitalwert ab. Den Jahreswert dieses Wohnrechts bestimmte das FA in der Weise, daß es 1/18 des auf die mit dem Wohnrecht belastete Wohnung entfallenden Einheitswerts des Grundstücks ansetzte. Es errechnete so einen Schuldabzug von 10 344 DM. Die Klägerin war der Meinung, der Jahreswert des Wohnrechts sei vom anteiligen Einheitswert der Wohnung unabhängig; er betrug 3 000 DM, so daß ein Schuldabzug von 48 000 DM gerechtfertigt sei.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Das FG gab der Klage statt. Es war der Auffassung, § 16 BewG, der eine Begrenzung des Jahreswerts von Nutzungen vorsehe, sei nur auf den Berechtigten, nicht aber auf den Verpflichteten anwendbar.

Das FA rügt mit seiner Revision, das FG habe § 16 Abs. 1 BewG unrichtig angewendet. Die Auffassung des FG stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung der FG und zu maßgebenden Äußerungen in der Fachliteratur.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Auf die Revision wird die Vorentscheidung aufgehoben.

1. Die §§ 13 bis 16 BewG behandeln die Ermittlung des Kapitalwerts wiederkehrender Nutzungen oder Leistungen. Diese Vorschriften dienen, wie auch die übrigen Vorschriften über Bewertungsmaßstäbe des Ersten Teils des Bewertungsgesetzes, nur der Wertermittlung. Sie sagen nichts darüber aus, ob der durch ihre Anwendung gefundene Wert ein Vermögenswert oder eine Schuldverpflichtung ist. Letztere Entscheidung ist vielmehr aufgrund der Stellung zu treffen, die der an dem Nutzungs- oder Leistungsverhältnis Beteiligte im Einzelfall hat. Ist er berechtigt, Nutzungen zu ziehen oder Leistungen zu empfangen, so sind die wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen bei ihm ein Vermögenswert. Ist er dagegen verpflichtet, Nutzungen zu dulden oder Leistungen zu erbringen, so begründen die wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen bei ihm einen Schuldabzug. Der Begriff der wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen i. S. der §§ 13 bis 16 BewG läßt damit sowohl eine Einordnung der Nutzungen oder Leistungen unter die Gläubigerstellung wie unter die Schuldnerstellung zu. Davon ist auch das FG im Grunde ausgegangen.

2. § 16 Abs. 1 BewG i. d. F. vor dem Vermögensteuerreformgesetz 1974 (VStRG 1974) - durch das § 16 Abs. 2 BewG ersatzlos aufgehoben wurde - enthält eine Sondervorschrift für die Ermittlung des Kapitalwerts wiederkehrender Nutzungen eines Wirtschaftsguts. Danach kann der Jahreswert solcher Nutzungen nicht höher angesetzt werden als mit dem 18. Teil des Wertes, der sich für das genutzte Wirtschaftsgut nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes ergibt. Die Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift hat der Senat in seiner Entscheidung vom 24. April 1970 III R 36/67 (BFHE 99, 208, BStBl II 1970, 591) im einzelnen dargestellt. Sie wirft die mit Urteil III R 36/67 entschiedene Frage auf, ob unter § 16 Abs. 1 BewG nur dingliche oder auch obligatorische Nutzungen fallen. Der Senat hat dahin entschieden, daß von § 16 Abs. 1 BewG beide Arten von Nutzungen erfaßt werden können. Eine weitere Einschränkung gegenüber den allgemeinen Vorschriften für die Ermittlung des Kapitalwerts wiederkehrender Nutzungen oder Leistungen enthält § 16 Abs. 1 BewG nicht.

Die Regelung des § 16 Abs. 1 BewG 1965 wurde durch das ÄndBewG 1963 (BGBl I 1963, 676, BStBl I 1963, 608) als § 17 a Abs. 1 in das BewG 1934 eingefügt. Das Gesetz zur Änderung des Bewertungsgesetzes vom 10. August 1963 trat am 11. August 1963 in Kraft (Art. 10). Nach seinem Art. 7 Satz 2 war die neu eingefügte Vorschrift des § 17 a aber schon auf die Vermögensteuerhauptveranlagung und die Hauptfeststellung der Einheitswerte des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1963 anzuwenden. Da die Begrenzung des Kapitalwerts wiederkehrender Nutzungen für den Berechtigten zwar steuerliche Vorteile, für den Verpflichteten wegen des niedrigeren Schuldabzugs aber steuerliche Nachteile brachte, stellte sich die Frage, ob die angeordnete Rückwirkung verfassungskonform sei. Mit dieser Frage mußte sich das BVerfG für die Anwendung des § 17 a Abs. 2 BewG 1934 befassen, der die Begrenzung des Kapitalwerts von Erbbauzinsen vorsah. Das BVerfG kam mit Beschluß vom 26. Januar 1971 2 BvL 2/68 (BVerfGE 30, 129, BStBl II 1971, 359) zu dem Ergebnis, daß die Rückwirkung des § 17 a Abs. 2 BewG 1934 mit dem GG vereinbar sei, weil diese Vorschrift bei verfassungskonformer Auslegung nur für die Bewertung des Erbbauzinsanspruchs gelte, dagegen nicht für die Bewertung der Erbbauzinsverpflichtung; sie enthalte damit nur eine begünstigende Regelung. Bei dieser Entscheidung ging das BVerfG davon aus, daß der Erbbauzins keine Nutzung eines Wirtschaftsguts sei und daß die beiden Absätze des § 17 a BewG 1934 demgemäß verschiedene, nicht vergleichbare Sachverhalte regeln (BVerfGE 30, 143). Die Entscheidung des BVerfG ist deshalb für die Entscheidung dieses Streitfalles weder vorgreiflich noch verbindlich. Dies hat das FG zwar erkannt. Trotzdem kam es unter dem Eindruck dieser Entscheidung zu der oben wiedergegebenen Rechtsauffassung. Sie steht jedoch, wie dargelegt, im Widerspruch zu einer Auslegung des § 16 Abs. 1 BewG, die sich an dem objektivierten Willen des Gesetzgebers orientiert, wie er sich aus dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt, in dem diese Vorschrift steht.

Auch die herrschende Meinung in der Literatur geht dahin, daß § 16 Abs. 1 BewG sowohl auf den Nutzungsberechtigten als auch auf den Nutzungsverpflichteten anzuwenden ist (vgl. Gürsching-Stenger, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, Kommentar, 6. Aufl., § 16 BewG Anm. 22 und 23; Rössler/Troll/Langner, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 11. Aufl., § 16 BewG Anm. 1). Dagegen ist Rose (Der Betrieb 1972 S. 1839 [1840]) der Meinung, § 16 Abs. 1 BewG betreffe nur die Nutzungsberechtigung und nicht auch die Nutzungslast. Diese Auffassung beruht jedoch auf einem Mißverständnis der Vorschriften der §§ 13 bis 15 BewG, die, wie oben dargelegt, nur Wertermittlungsvorschriften sind, aber entgegen Rose keine Regelung darüber enthalten, ob der ermittelte Wert ein Vermögenswert oder ein Schuldposten ist. Außerdem läßt sich Rose, ebenso wie das FG im Streitfall, von den Ausführungen des BVerfG in seiner Entscheidung 2 BvL 2/68 leiten, die aber, wie oben dargelegt, für die Anwendung des § 16 Abs. 1 BewG ohne Bedeutung sind. Hinzu kommt, daß § 16 Abs. 2 BewG durch das Vermögensteuerreformgesetz 1974 aufgehoben wurde, weil seine Interpretation durch das BVerfG nach Meinung des Gesetzgebers zu nicht tragbaren Ergebnissen führt (vgl. Gürsching/Stenger, a. a. O., § 16 BewG Anm. 27, Rössler/Troll/Langner, a. a. O., § 16 BewG Anm. 6).

Die Entscheidung des FG war nach vorstehenden Ausführungen aufzuheben. Die Sache ist spruchreif, weil aufgrund der getroffenen Feststellungen die begehrten Rechtsfolgen gezogen werden können. Die Klage war abzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72687

BStBl II 1978, 257

BFHE 1978, 234

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