Leitsatz

Stellt eine Person über fingierte (nicht ausgeführte) Leistungen Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis aus, schuldet er die unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer zur Strafe (§ 14 Abs. 3 UStG). Der unberechtigte Steuerausweis führt beim Rechnungsaussteller bzw. -empfänger zu unberechtigten steuerlichen Vorteilen (Vorsteuerabzug, Investitionszulage) oder anderen Vorteilen (Versicherungs- und Kreditbetrug).

Beispiele:

  • A stellt dem B über nicht erbrachte Beratungsleistungen Umsatzsteuer in Rechnung, damit B insoweit unberechtigt Investitionszulage erhält. A verlangt die Rechnung zurück, bevor B die Rechnung zum Vorsteuerabzug verwenden konnte.
  • Zur Verschleierung der schlechten Ertragslage seines Betriebs stellt C Leasingunternehmen über nicht erbrachte Lieferungen Umsatzsteuer in Rechnung. C meldet die Umsatzsteuer beim Finanzamt an und bezahlt sie. Die Leasingfirmen bezahlen die Beträge an C und erhalten insoweit den Vorsteuerabzug. Aufgrund einer späteren Selbstanzeige des C wird der unberechtigte Vorsteuerabzug bekannt.

Beide Rechnungsaussteller schulden die unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer zur Strafe nach § 14 Abs. 3 UStG. Insoweit läßt das Gesetz eine Rechnungsberichtigung (ohne Umsatzsteuerausweis), die zum Erlöschen der Strafsteuer beim Finanzamt führen würde, nicht zu. Als Ausnahme ist jedoch eine Rechnungsberichtigung aus Billigkeitsgründen zulässig, wenn (wie im ersten Beispiel) der Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug gar nicht erhielt – verursacht durch Maßnahmen des Rechnungsausstellers , z. B. durch Rechnungsrückforderung, durch Anzeige bei seinem eigenen Finanzamt oder dem des Rechnungsadressaten jeweils vor Vorsteuer-Geltendmachung durch den Rechnungsempfänger ( → Rechnungen/Gutschriften ).

Hat der Rechnungsempfänger den → Vorsteuerabzug jedoch schon erhalten – wie im zweiten Beispiel – ist eine Rechnungsberichtigung nach deutschem Recht nur zulässig, wenn der Rechnungsaussteller den Umsatzsteuerausweis irrtümlich (in gutem Glauben) vornahm – was bei derart fingierten Betrugsfällen nicht der Fall sein dürfte.

Danach wäre die Rechnungsberichtigung im ersten Beispiel zulässig, im zweiten nicht. Dies hält der BFH für ungerechtfertigt, da es jeweils im Ergebnis nicht zu einem Schaden am Gesamtsteueraufkommen kam. Im ersten Beispiel erfolgte von B kein Vorsteuerabzug; im zweiten stand dem gewährten Vorsteuerabzug die vom Rechnungsaussteller abgeführte Umsatzsteuer entgegen. Der EuGH soll daher folgende Fragen klären:

  • Ist für die Rechnungsberichtigung zwingend der gute Glaube des Rechnungsausstellers erforderlich?
  • Wann handelt ggf. der Rechnungsaussteller in gutem Glauben? Zum Beispiel auch bei alleiniger Inrechnungstellung für außersteuerliche Zwecke (Versicherungs-/Kreditbetrug)?
 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 15.10.1998, V R 38/97, V R 61/97

Anmerkung

Anmerkung: Der EuGH soll auch klären, ob die zulässige Rechnungsberichtigung bereits im Festsetzungsverfahren oder erst in einem gesonderten Billigkeitsverfahren möglich ist. Laut FG München (Urteil v. 5. 3. 1998, 14 K 919/97, Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH, Az. V B 72/98, EFG 1998 S. 1107) kann die Strafsteuer auch teilweise erlassen werden. Nicht erlassen werden könne der dem Staat entstandene Zinsnachteil aus dem korrespondierenden Vorsteuerabzug sowie der dem Rechnungsaussteller zugeflossene Vorteil (Provision).

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