Sachverhalt

Bei dem Vorabentscheidungsersuchen des FG Berlin-Brandenburg[1], ging es um die Organschaft und zwar um die Frage einer möglichen finanziellen Eingliederung von Personengesellschaften, bei der neben dem Organträger nicht nur Personen Gesellschafter sind, die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind.

Das FG hielt es für ernstlich zweifelhaft, dass die finanzielle Eingliederung einer Personengesellschaft (GmbH & Co. KG), an der auch Personen (hier: natürliche Personen) beteiligt sind, die nicht nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert sind, grundsätzlich ausscheidet. Das FG lehnte diesbezüglich die engere Auffassung des V. Senats im BFH-Urteil vom 2.12.2015[2] ab.

Die Klägerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin einer GmbH & Co. KG (KG) als streitige Organgesellschaft. Gesellschafter der KG waren im Streitjahr eine Komplementär-GmbH (A) sowie als Kommanditisten eine GbR (B), 3 natürliche Personen sowie eine GmbH (C) als möglicher Organträger. Laut Gesellschaftsvertrag besaß jeder Gesellschafter, unabhängig von der Höhe der Pflichteinlagen, jeweils eine Stimme. Hiervon abweichend besaß die C 6 Stimmen. Beschlüsse der Gesellschaft wurden grundsätzlich mit einfacher Mehrheit gefasst. Hiervon ausgenommen waren Beschlüsse über den Ausschluss und die Aufnahme von Gesellschaftern sowie über eine Änderung des Gesellschaftsvertrages. A und C handelten im Streitjahr durch denselben Geschäftsführer. Darüber hinaus bestanden umfangreiche Leistungsbeziehungen zwischen der KG und C. Die wirtschaftliche und die organisatorische Eingliederung wurden als unstrittig beurteilt.

Die KG war im Streitzeitraum weder eine juristische Person i. S. d. der Organschaftsregelung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG, noch eine einer juristischen Person gleichzustellende Personengesellschaft nach Sichtweise des BFH im o. g. Urteil vom 2.12.2015. Die finanzielle Eingliederung erfordert, dass der Organträger seinen Willen durch Mehrheitsbeschlüsse in der Organgesellschaft durchsetzen kann. Das FG hielt dies im Streitfall für gegeben, da der Organträger die Stimmenmehrheit für Beschlussfassungen besessen habe (6 von 11 Stimmen) und damit seinen Willen habe durchsetzen können. Dass vereinzelte Beschlussfassungen über Fragen des Gesellschafterbestands sowie über Änderungen des Gesellschaftervertrages dem Einstimmigkeitsprinzip unterlagen, sei insoweit unerheblich. Entscheidend für die Beherrschungsmöglichkeit i.S. einer finanziellen Eingliederung sei allein, ob eine solche bei Entstehung der Steuer nach der aktuellen Fassung des Gesellschaftsvertrages und dem aktuellen Gesellschafterbestand gegeben ist, sodass es auf besondere Mehrheitsverhältnisse hinsichtlich dieser Fragen nicht ankommen könne.

Aus den Entscheidungsgründen des EuGH in der Rs. Larentia + Minerva[3] war nach Auffassung des FG zu folgern, dass eine Einschränkung der tatbestandlichen Vorgaben des Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL durch die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung in nationales Recht nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 2 MwStSystRL oder insoweit zulässig ist, wie der EuGH den Mitgliedstaaten eine Präzisierungsbefugnis eingeräumt hat (wie es bei der Voraussetzung der engen Verbundenheit durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen der Fall ist).[4]. Hinsichtlich des personellen Anwendungsbereichs ("Personen") hat der EuGH nach Auffassung des FG den Mitgliedstaaten eine solche Präzisierungsbefugnis indes nicht eingeräumt. Hieraus war nach Auffassung des FG zu folgern, dass eine Einschränkung des personellen Anwendungsbereichs des Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL außer in den Fällen des Art. 11 Abs. 2 MwStSystRL schlechthin nicht möglich sei.

Das FG meinte auch, der vom V. Senat des BFH angenommene Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit im Fall von Personengesellschaften liege nicht vor. Hierbei sei zum einen zu berücksichtigen, dass der unionsrechtliche Grundsatz der Rechtssicherheit nicht die Verwaltung bei der Anwendung von Rechtsnormen schützen dürfte, sondern vielmehr den durch die Norm belasteten Steuerpflichtigen. Der Grundsatz der Rechtssicherheit verlange nach ständiger Rechtsprechung des EuGH, dass die dem Einzelnen durch das Unionsrecht verliehenen Rechte hinreichend präzise, klar und vorhersehbar umgesetzt werden, damit die Betroffenen ihre Rechte und Pflichten genau kennen, sich darauf einstellen können und sie ggf. vor nationalen Gerichten geltend machen können. Ob die Voraussetzungen der finanziellen Eingliederung bei Personengesellschaften vorliegen, sei dem Steuerpflichtigen indes bekannt. Es bestehe für ihn keine Rechtsunsicherheit, da er die Stimmrechtsverhältnisse - auch wenn diese mündlich vereinbart wurden - kenne. Ob für die Verwaltung bei der Nachprüfung des umsatzsteuerrechtlich erheblichen Sachverhalts Ermittlungsprobleme bestehen, dürfte den Grundsatz der Rechtssicherheit demgegenüber nicht tangieren.

Die gebotene Rechtssic...

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