BMF, 13.05.1994, IV C 2 - S 7056 a - 94/94/IV C 3 - S 7102 - 12/94

Der Bundesfinanzhof hat mit Beschluß vom 29.8.1991 (V B 113/91, BStBl 1992 II S. 267) unter Hinweis auf das EuGH-Urteil vom 27.6.1989 (Rs 50/88) entschieden, daßArt. 5 Abs. 6 der 6. EG-Richtlinie die Besteuerung der Entnahme eines Betriebsgegenstandes zu privaten Zwecken (Entnahmeeigenverbrauch) ausschließt, wenn dieser Gegenstand nicht zu einem vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, und daß sich ein Steuerpflichtiger gegenüber § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a UStG auf dieses Besteuerungsverbot berufen kann.

Mit Beschluß vom 17.12.1992 (V B 22/92, BStBl 1994 II S. 370) hat der Bundesfinanzhof an dieser Auffassung festgehalten. Er hat ausgeführt: Im entschiedenen Fall fehle es an der grundsätzlichen Klärbarkeit des Merkmals "oder seine Bestandteile" im Sinne desArt. 5 Abs. 6 der 6. EG-Richtlinie im Rahmen einer Vorabentscheidung durch EuGH, weil nach dem vom Finanzgericht festgestellten Sachverhalt die "Bestandteile" des Gegenstandes keine Rolle spielten. Darüber hinaus könne § 1 Abs. 1 Nr. 2 und 3 UStG nicht als "Sonderregelung" im Sinne desArt. 32 der 6. EG-Richtlinie angesehen werden. Diese Vorschriften des UStG seien vielmehr an den entsprechenden allgemeinen Regelungen der 6. EG-Richtlinie zu messen.

Nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur Umsatzbesteuerung des Entnahmeeigenverbrauchs § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a UStG) sowie der entsprechenden unentgeltlichen Lieferungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b und Nr. 3 UStG folgendes:

1. Bei der Entnahme eines Gegenstandes (z.B. eines Kraftfahrzeuges) aus seinem Unternehmen kann sich der Unternehmer aufArt. 5 Abs. 6 der 6. EG-Richtlinie berufen, wenn ein Vorsteuerabzug weder für den Gegenstand selbst noch für seine - ggf. später darin eingegangenen - Bestandteile möglich war. In einem solchen Fall unterliegt die Entnahme abweichend von § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a UStG nicht der Umsatzsteuer.

2. War der Unternehmer zwar für den Gegenstand selbst nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, wohl aber für die später darin eingegangenen Bestandteile, unterliegt die Entnahme des Gegenstandes nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a UStG mit der Bemessungsgrundlage des § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer.

Aus Vereinfachungsgründen kann die Umsatzbesteuerung des Entnahmeeigenverbrauchs unterbleiben, wenn die Aufwendungen (ohne Umsatzsteuer) für Verbesserungen, Reparaturen und Wartungsarbeiten (einschließlich Pflege) an dem entnommenen Gegenstand 20 % seiner ursprünglichen Anschaffungskosten nicht übersteigen. Übersteigen diese Aufwendungen 20 % der ursprünglichen Anschaffungskosten, kann in der Regel ohne nähere Prüfung unterstellt werden, daß Bestandteile in den Gegenstand eingegangen sind.

Beispiel:

Ein Unternehmer erwirbt am 1.7.01 auf privater Hand einen gebrauchten Pkw für 10.000 DM und ordnet ihn zulässigerweise seinem Unternehmen zu. Am 1.3.02 läßt er eine Inspektion (einschließlich einer Wagenwäsche) ausführen sowie die Kupplung und Bremsbeläge erneuern (Entgelt: 2.000 DM). Am 1.8.02 kauft er neue Scheibenwischerblätter und bringt sie selbst an dem Pkw an (Entgelt: 30 DM). Am 1.3.03 entnimmt der Unternehmer den Pkw in sein Privatvermögen (Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG: 6.000 DM).

Das aufgewendete Entgelt für Verbesserungen, Reparaturen und Wartungsarbeiten (einschließlich Pflege) beträgt insgesamt

2.030 DM, also mehr als 20 % der ursprünglichen Anschaffungskosten des Pkw. Die Entnahme des Pkw unterliegt daher mit der Bemessungsgrundlage von 6.000 DM der Umsatzsteuer.

Hätte das aufgewendete Entgelt für die Verbesserungen, Reparaturen und Wartungsarbeiten (einschließlich Pflege) weniger als

20 % der ursprünglichen Anschaffungskosten betragen, könnte die Besteuerung des Entnahmeeigenverbrauchs aus Vereinfachungsgründen unterbleiben.

3. Die vorstehenden Regelungen gelten auch für entsprechende unentgeltliche Lieferungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b und Nr. 3 UStG.

4. Nach den vorstehenden Grundsätzen ist bei allen nicht bestandskräftigen Steuerfestsetzungen zu verfahren. Soweit die Umsatzsteuer-Richtlinien (insbesondereAbschn. 7 Abs. 3 UStR) abweichende Regelungen enthalten, sind sie überholt. Das BMF-Schreiben vom 20.2.1992 (IV A 1 - S 7056 a - 43/92/IV A 2 - S 7102 - 1/92, BStBl 1992 I S. 220) ist nicht mehr anzuwenden.

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchstabe a

 

Fundstellen

BStBl I, 1994, 298

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