Zusammenfassung

Bei der Produktionsplanung besteht ein Zielkonflikt zwischen kurzen Durchlaufzeiten, niedrigen Beständen, hoher Auslastung und hoher Termintreue.

Hohe Bestände verursachen Kapitalbindungs- und Lagerkosten, sorgen aber auch für eine hohe Versorgungssicherheit.

Hohe Rüstzeiten machen Losbildungen unvermeidlich, wodurch die Bestände und Durchlaufzeiten erhöht werden.

In diesem Beitrag werden Losgrößenverfahren zur Minimierung der Gesamtkosten, d. h. der Summe aus Lager- und Rüstkosten, vorgestellt. Eine Excel-Anwendung erleichtert die Anwendung in der Praxis.

1 Durchlaufzeiten und Losgrößen im Alltag

Analogie: E-Mail-Beantwortung

Man muss kein Produktionslogistiker sein, um sich schon einmal Gedanken über Durchlaufzeiten und eventuell auch über Losgrößen gemacht zu haben. Fast jeder Berufstätige sieht sich heute einer Flut von Anfragen und Informationen gegenüber, die per E-Mail auf seinem Rechner eingehen. Sich zu ärgern, hilft nicht viel, denn beantwortet werden müssen sie ja doch. Aber es gibt doch sehr unterschiedliche Weisen mit der E-Mail-Schwemme umzugehen. Ein bisschen ist das Typsache.

Schnelle Beantwortung vs. Verluste bei Konzentration und Effektivität

Der eine möchte gerne so schnell wie möglich antworten. Er will seinen Chef, seine Kunden oder auch seine Freunde nicht lange warten lassen. Er schreibt daher immer sofort zurück, wenn es nur "Pling" an seinem Rechner macht. Die Durchlaufzeit seiner Mails ist daher sehr gering. Allerdings merkt er auch, dass er durch die Beantwortung der Mails immer wieder aus seiner Arbeit und seinen Gedanken gerissen wird. Er muss jedes Mal neu auf den Arbeitsmodus "Mails beantworten" umschalten. Nach dem Abschicken muss er sich wieder in seine Gedankengänge bei der Arbeit, aus der er herausgerissen wurde, einfinden. Er hat dadurch hohe Rüstzeiten.

Die meisten Zeitmanagementbücher empfehlen daher eine andere Strategie. Man solle den Lautsprecher des Laptops ausschalten oder zumindest das akustische Anzeigen einer neuen Mail und bestimmte Stunden am Tag für die Beantwortung von Mails reservieren, z. B. nach dem Mittagessen, wenn man sowieso ein bisschen im Mittagstief ist, oder aber auch abends vor dem Feierabend. In jedem Fall kann man so mehrere Mails oder auch alle Mails eines Tages zu einem Los bündeln und hintereinander abarbeiten. Eine Rüstzeit, d. h. das Einstellen auf das Beantworten von Mails, fällt so nur einmal an. Das spart Zeit und Energie. Allerdings: Beantwortet man z. B. nur kurz vor Feierabend seine Mails, bekommt derjenige, der morgens eine wichtige Anfrage gestellt hat, auch erst abends eine Antwort. Die Durchlaufzeit ist hoch. Auch die Bestände unbearbeiteter Mails werden hoch sein.

Die Ziele der Reduktion der Durchlaufzeit und der Rüstzeit sind daher konträr zueinander. Eine Verringerung der Durchlaufzeit wird eine Erhöhung der Rüstzeit nach sich ziehen und umgekehrt. Hier gilt es, ein Optimum zu finden. Dieses kann je nach Präferenzen der Entscheider auch sehr unterschiedlich ausfallen.

2 Zielkonflikte bei der Produktionsplanung

Magisches Viereck der Produktions­planung

Bei der Planung der Produktion sieht sich die Fertigungsleitung eines Industrieunternehmens einem Zielkonflikt gegenüber. Gleichzeitig werden hier die Ziele

  • kurze Durchlaufzeiten,
  • hohe Auslastung der Kapazitäten,
  • niedrige Bestände sowie
  • hohe Termintreue

angestrebt. Da es unmöglich ist, alle Ziele parallel zu optimieren, bezeichnet man das Zielsystem auch als magisches Viereck[1]. Während bis in die 80er Jahre – aufgrund geringer Kapitalausstattung in der Nachkriegszeit – das Ziel der Kapazitätsauslastung den höchsten Stellenwert hatte, hat sich die Bewertung heute zu einer Priorisierung kurzer Durchlaufzeiten, niedriger Bestände und hoher Termintreue verschoben. Die Neugewichtung der Ziele erfolgte auch unter dem Eindruck japanischer Ansätze, wie z. B. bei Toyota, hin zu einer Marktorientierung der Produktion.[2]

Im Folgenden sollen die Zusammenhänge zwischen Durchlaufzeiten, Beständen und Kapazitätsauslastung erläutert werden. Im Weiteren werden dann Verfahren zur Losgrößenoptimierung erläutert.

[1] Vahrenkamp, 1994, S. 69.
[2] Vahrenkamp, 1994, S. 193.

3 Kenngrößen der Fertigung

3.1 Leistung einer Prozesskette

Die Leistung eines Prozesses wird durch seine Abfertigungsrate in Stück pro Zeit gemessen (vgl. Abb. 1). Es werden z. B. 12 Teile pro Stunde gefertigt oder 25 Teile pro Woche etc.

Abb. 1: Einfache Prozesskette

Die Abfertigungsrate ist immer kleiner als die Bearbeitungsrate, d. h. als die Anzahl der bearbeiteten Teile pro Zeiteinheit. Dabei entspricht sie genau der Bearbeitungsrate, wenn die Zugangsrate größer oder gleich der Bearbeitungsrate ist. Ist sie größer als die Bearbeitungsrate, baut sich ein Bestand vor der Ressource (Bearbeitungszentrum, Maschine, Werkbank, etc.) auf. Ist der Zufluss aber kleiner als die von der Ressource leistbare Bearbeitungsrate, wird auch die Abfertigungsrate kleiner und entspricht dann der Zuflussrate.

Leistung wird vom Engpass bestimmt

Hat man in einem Prozess verschiedene Ressourcen mit unterschiedlichen Bearbeitungszeiten, wird die Leistung des Prozesses von der langsameren der Ressourcen bestimmt...

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