Unternehmer, die die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 UStG erfüllen, sind automatisch Kleinunternehmer; sie können aber auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung gem. § 19 Abs. 2 UStG[1] verzichten; d. h., sie besteuern dann ihre Umsätze wie alle der Regelbesteuerung unterliegenden Unternehmer. In diesen Fällen sind sie berechtigt, die von ihnen geschuldete Umsatzsteuer in ihren Rechnungen gesondert auszuweisen. Sie erhalten dann auch den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG, soweit sie keine Ausschlussumsätze nach § 15 Abs. 1aAbs. 2 UStG erbringen. Die entstandene Umsatzsteuer ist bei ihrem Finanzamt anzumelden und der nach Abzug der Vorsteuerbeträge verbleibende Betrag ist abzuführen.

Der Antrag auf die Besteuerung nach den allgemeinen Grundsätzen ist an keine bestimmte Frist oder Form gebunden. Der Unternehmer kann den Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung nicht nur für das laufende Kalenderjahr und die Folgejahre, sondern auch für vergangene Kalenderjahre erklären.

 
Wichtig

Mehrfache Änderung bei den Fristen zum rückwirkenden Verzicht

Für bis 31.12.2023 endende Besteuerungszeiträume konnte der Verzicht auf die Kleinunternehmerbesteuerung bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung[2] erklärt werden. Durch das Wachstumschancengesetz ist für die Besteuerungszeiträume, die nach dem 31.12.2023 enden, geregelt, dass der Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung bis zum Ablauf des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahrs erklärt werden kann.[3] Ab dem 1.1.2025 wird diese Frist gekürzt, sodass der Kleinunternehmer nur noch bis zum letzten Tag des Monats Februar des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahrs den Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung gegenüber dem Finanzamt erklären kann. Dies entspricht insoweit der regulären Frist der Abgabe von Jahressteuererklärungen von durch Berufsträger vertretenen Unternehmern.

Bis 31.12.2023 konnte der Antrag bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung auch wieder zurückgezogen werden. In diesen Fällen können evtl. mit Umsatzsteuerausweis erstellte Rechnungen in Anwendung der Regelung des § 14c Abs. 2 UStG berichtigt werden.[4] Ab 2024 kann rückwirkend der Verzicht nur m. W. v. Beginn des folgenden Kalenderjahrs widerrufen werden; es ist aber in jedem Fall die Bindungsfrist von 5 Kalenderjahren zu beachten.

 
Wichtig

Abgabe der Jahressteuererklärung als Antrag auf Regelbesteuerung

Der Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung kann auch durch konkludentes (schlüssiges) Verhalten erklärt werden, in dem eine Jahressteuererklärung oder Voranmeldung mit Berechnung der Steuer nach den allgemeinen Vorschriften abgegeben wird. Berechnet ein Kleinunternehmer in einer Umsatzsteuer-Jahreserklärung die Steuer nach den allgemeinen Vorschriften, ist darin grundsätzlich ein Verzicht auf die Besteuerung als Kleinunternehmer zu sehen. In Zweifelsfällen muss das Finanzamt den Kleinunternehmer fragen, welcher Besteuerungsform er seine Umsätze unterwerfen will. Verbleiben Zweifel, kann eine Option zur Regelbesteuerung nicht angenommen werden.[5]

Verzichtet ein Kleinunternehmer auf die Anwendung des § 19 UStG, bezieht sich die Verzichtserklärung auf das gesamte Unternehmen. Mit einer nur für einen Unternehmensteil erstellten Umsatzsteuererklärung kann nicht rechtswirksam auf die Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG verzichtet werden.[6]

Wenn der Unternehmer nach § 19 Abs. 2 UStG[7] die Regelbesteuerung gewählt hat, ist er 5 Jahre an diese Erklärung gebunden. Erst nach Ablauf von 5 Jahren seit erstmaliger Besteuerung kann der Unternehmer wieder zur Besteuerung nach § 19 Abs. 1 UStG zurückkehren.

 
Praxis-Tipp

Überschreitung der Umsatzgrenze gilt nicht als Antrag auf die Regelbesteuerung

Die Überschreitung der Umsatzgrenzen gilt nicht als Erklärung zur Besteuerung nach den allgemeinen Grundsätzen. Wenn nur in einem Jahr die Umsatzgrenze nach § 19 Abs. 1 UStG überschritten wurde, kann danach ohne 5-jährige Bindungsfrist wieder zur Kleinunternehmerbesteuerung zurückgekehrt werden.

 
Praxis-Beispiel

Rückkehr zur Kleinunternehmerbesteuerung nach Überschreiten der Gesamtumsatzgrenze

Der Unternehmer hat im Kalenderjahr 2023 einen Gesamtumsatz i. H. v. 23.000 EUR erzielt. Eine Erklärung zur Regelbesteuerung hat er in den vergangenen Jahren nicht abgegeben. Im Kalenderjahr 2024 muss der Unternehmer seine Umsätze nach den allgemeinen Grundsätzen besteuern. Soweit er im Kalenderjahr 2024 die Umsatzgrenze von 25.000 EUR[8] nicht überschreitet, kann er für 2025 wieder die Kleinunternehmerbesteuerung in Anspruch nehmen.

Der Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung wirkt auch für nachfolgende Besteuerungszeiträume, bis er vom Unternehmer widerrufen wird. Das Überschreiten der Umsatzgrenze ist weder ein Widerruf des Verzichts, noch erledigt es die Verzichtserklärung in sonstiger Weise.[9]

 
Praxis-Beispiel

Keine neue 5-Jahresfrist nach Überschreite...

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