Der Wechsel vom "alten" ins "neue" Recht ist in § 56 InvStG geregelt. Zum einen werden die laufenden Erträge bis zum Jahresende 2017 noch nach der bis dahin geltenden Rechtslage versteuert. Es erfolgt eine "Zwangsthesaurierung" mit Ansatz der ausschüttungsgleichen Erträge, wenn die Erträge nicht bis Ende 2017 ausgeschüttet werden. Fonds mit einem vom Kalenderjahr abweichendem Geschäftsjahr bilden ein Rumpfgeschäftsjahr.

Zum anderen werden auch die Wertsteigerungen nach der bis 2017 geltenden Rechtslage erfasst. Für den Übergang zum neuen Recht gelten alle Investmentfondsanteile zum 31.12.2017 als veräußert und zum 1.1.2018 als erworben. Hierbei sind 3 Fallgruppen zu unterscheiden:

  • Privatvermögen: Kauf der Anteile vor dem 1.1.2009 (bestandsgeschützte Alt-Anteile): Der fiktive Veräußerungsgewinn auf den 31.12.2017 ist steuerfrei (Bestandsschutz bei Einführung der Abgeltungsteuer). Ab dem 1.1.2018 unterliegen aber sämtliche Erträge i.  S.  d. § 16 InvStG – und damit auch die Wertänderungen ab diesem Zeitpunkt – der Einkommensteuer. Allerdings wird diese Steuerpflicht entschärft: Bei bestandsgeschützten Alt-Anteilen erhält jeder Anleger für Veräußerungsgewinne ab 2018 einen persönlichen Freibetrag von 100.000 EUR. Dieser wird aber nicht beim Steuerabzug sondern erst im Veranlagungsverfahren gewährt.[1] Keine bestandsgeschützten Alt-Anteile sind Anteile an sog. Millionärsfonds bzw. an sog. steueroptimierten Geldmarktfonds.[2]

     
    Praxis-Beispiel

    Bestandsgeschützte Anteile

    A erwarb im Jahr 2006 Anteile am ausschüttenden XY-Aktieninvestmentfonds zu einem Kaufpreis von 35.000 EUR. Zum 31.12 2017 betrug der Rücknahmepreis der Anteile 60.000 EUR. Im November 2022 veräußerte A die Anteile zum Preis von 70.000 EUR. Die Ausschüttungen wurden zutreffend besteuert; ausschüttungsgleiche Erträge waren in den Jahren bis 2017 nicht anzusetzen.

    Der fiktive Veräußerungsgewinn auf den 31.12.2017 beträgt 25.000 EUR. Dieser ist steuerfrei (Bestandsschutz). Der nach § 19 InvStG berechnete Veräußerungsgewinn beläuft sich auf 10.000 EUR, welcher der Teilfreistellung von 30 % unterliegt. Damit ergibt sich ein steuerpflichtiger Gesamtgewinn von 7.000 EUR. In der Einkommensteuerveranlagung kann A insoweit seinen Freibetrag in Anspruch nehmen, sofern dieser nicht bereits durch den Verkauf anderer bestandsgeschützer Alt-Anteile aufgebraucht ist.

    Für die Eintragung dieser Gewinne sind in der Anlage KAP (für Investmentanteile, die bei Inlandsbanken verwahrt werden) bzw. in der Anlage KAP-INV (Für Investmentanteile bei Auslandsverwahrung) gesonderte Zeilen vorgesehen.

  • Privatvermögen: Kauf der Anteile nach dem 31.12.2008 (Alt-Anteile): Der fiktive Veräußerungsgewinn ermittelt sich nach der bis 2017 geltenden Rechtslage[3] und wird erst bei der tatsächlichen Veräußerung bzw. Rückgabe der Anteile beim Anleger versteuert. Dieser Gewinn wird von der inländischen Bank des Anlegers ermittelt und bis zur tatsächlichen Veräußerung vorgehalten. Im Falle der Veräußerung setzt sich der zu versteuernde Veräußerungsgewinn dann jeweils aus einem Teilbetrag "altes Recht" und "neues Recht" zusammen.

     
    Praxis-Beispiel

    Alt-Anteile

    A erwarb im Jahr 2010 Anteile am ausschüttenden XY-Aktieninvestmentfonds zu einem Kaufpreis von 40.000 EUR. Zum 31.12 2017 betrug der Rücknahmepreis der Anteile 60.000 EUR. Im November 2022 veräußerte A die Anteile zum Preis von 70.000 EUR. Die Ausschüttungen wurden zutreffend besteuert; ausschüttungsgleiche Erträge waren bis 2017 ebenso wie eine Vorabpauschale ab 2018 nicht anzusetzen.

    Der fiktive Veräußerungsgewinn auf den 31.12.2017 beträgt 20.000 EUR.[4] Der nach § 19 InvStG berechnete Veräußerungsgewinn beläuft sich auf 10.000 EUR, welcher der Teilfreistellung von 30 % unterliegt. Damit ergibt sich ein steuerpflichtiger Gesamtgewinn von 27.000 EUR, der im Veräußerungszeitpunkt steuerpflichtig ist und dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegt.

  • Betriebsvermögen (Erwerbszeitpunkt unerheblich): Der fiktive Veräußerungsgewinn ermittelt sich nach der bis 2017 geltenden Rechtslage[5] und wird erst bei der tatsächlichen Veräußerung bzw. Rückgabe der Anteile beim Anleger versteuert. Der fiktive Veräußerungsgewinn berechnet sich nach § 8 Abs. 1-4 InvStG 2004, d.  h. auf Ebene des Anlegers ist der besitzzeitanteilige Anleger-Aktiengewinn (§ 8b KStG für Kapitalgesellschaften, § 3 Nr. 40 EStG für Personenunternehmen) und Immobiliengewinn (DBA-Einkünfte) zu ermitteln. Gleichzeitig sind im Rahmen der Veräußerungsgewinnbesteuerung die bisher gebildeten Ausgleichsposten aufzulösen. Bei den fiktiven Veräußerungsgewinnen für betriebliche Anleger ist zu beachten, dass der Verkauf von Investmentanteilen nicht kapitalertragsteuerpflichtig ist und für die fiktiven Veräußerungsgewinne zum 31.12.2017 spätestens bis zum 31.12.2022 eine elektronische Feststellungserklärung ans Finanzamt abzugeben ist. Für Alt-Anteile, die vor dem 1.1.2023 und vor der Abgabe der Feststellungserklärung veräußert wurden, ist keine Erklärung abzugeben und keine Feststellung vorzunehmen.[6] Wie ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge