3.3.1 Bindungswirkung für Folgebescheide

Nach § 182 Abs. 1 Satz 1 AO sind Feststellungsbescheide, auch wenn sie noch nicht unanfechtbar geworden sind, für Folgebescheide bindend, soweit die in den Feststellungsbescheiden getroffenen Feststellungen für diese Folgebescheide von Bedeutung sind. Es handelt sich insoweit um einen Grundlagenbescheid nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO. Es ist nicht erforderlich, dass der Feststellungsbescheid rechtmäßig ist, d. h., die Bindungswirkung besteht auch dann, wenn feststeht, dass der Grundlagenbescheid (Grundsteuerwertbescheid) rechtswidrig ist. Hieraus folgt, dass der Grundsteuerwertbescheid mit dessen wirksamer Bekanntgabe Bindungswirkung für den Grundsteuermessbescheid nach § 184 Abs. 1 AO entfaltet; der Grundsteuermessbescheid ist dabei einerseits Folgebescheid zum Einheitswertbescheid, gleichzeitig aber wiederum Grundlagenbescheid für den Grundsteuerbescheid.

 
Achtung

Rechtsnachfolge

Grundsätzlich wirkt ein Verwaltungsakt nur für und gegen diejenige Person, an die er gerichtet ist. Für den Feststellungsbescheid über einen Grundsteuerwert enthält § 182 Abs. 2 Satz 1 AO jedoch eine Ausnahme: Der an den Rechtsvorgänger gerichtete Feststellungsbescheid über den Grundsteuerwert wirkt hinsichtlich der Feststellung über den Wert und die Art der wirtschaftlichen Einheit auch gegenüber dem Rechtsnachfolger, auf den der Gegenstand der Feststellung – der inländische Grundbesitz – nach dem Feststellungszeitpunkt mit steuerlicher Wirkung übergeht. Daher können mit einem Einspruch oder einer Anfechtungsklage gegen die Zurechnungsfortschreibung und die Neuveranlagung des Grundsteuermessbetrags betreffenden Bescheide keine Einwendungen gegen die Feststellung des Grundsteuerwerts gegenüber dem früheren Grundstückseigentümer erhoben werden.[1] Allerdings ist die Bekanntgabe an den Rechtsnachfolger erforderlich, wenn Rechtsnachfolge bereits eingetreten ist, bevor der (ursprüngliche) Feststellungsbescheid ergangen (bekannt gegeben worden) ist.[2]

3.3.2 Anfechtung von Feststellungen des Grundsteuerwerts

Bei der Anfechtung von Verwaltungsakten ist zu beachten, dass Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid nur durch Anfechtung dieses Bescheids, nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheids, angegriffen werden können.[1]

Hat demnach das Lagefinanzamt z. B. mit bestandskräftigem Fortschreibungsbescheid ein Grundstück dem Erwerber zugerechnet, ist zugleich bindend festgestellt, dass das Grundstück für den Grundsteuermessbescheid (Folgebescheid) dem Erwerber und nicht mehr dem Veräußerer zuzurechnen ist. Die im Bescheid über die Zurechnungsfortschreibung getroffene Feststellung, wem ein Grundstück ab einem bestimmten Zeitpunkt zuzurechnen ist, kann nur durch Anfechtung dieses Grundlagenbescheids, nicht durch Anfechtung des Folgebescheids angegriffen werden, denn die verbindliche, eine etwaige Rechtsverletzung auslösende Entscheidung wird bereits im Feststellungsbescheid (Bescheid über die Zurechnung des Grundsteuerwerts als Grundlagenbescheid) und nicht erst im Folgebescheid getroffen.[2]

Einwendungen gegen den festgestellten Wert des Grundstücks, z. B. weil sich ein konkreter Sachverhalt nicht korrekt bei der Bewertung niedergeschlagen hat (falsche Flächenangaben berücksichtigt, falsches Baujahr zugrunde gelegt, Grundsteuerbefreiung trotz Vorliegen der Voraussetzungen nicht gewährt), sind binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Grundsteuerwertbescheids bei dem Finanzamt, das den Grundsteuerwertbescheid erlassen hat, durch einen Einspruch geltend zu machen. Derartige Einwendungen können nicht im Einspruchsverfahren gegen den Grundsteuermessbescheid (Folgebescheid zur Feststellung des Grundsteuerwerts bzw. Grundlagenbescheid für den Grundsteuerbescheid) und schon gar nicht gegen den Grundsteuerbescheid erhoben werden.[3]

Ein Einspruch gegen einen Folgebescheid, mit dem nur Einwendungen gegen den Grundlagenbescheid geltend gemacht werden, ist daher unbegründet, aber nicht unzulässig.[4]

 
Hinweis

Grundsteuervergünstigungen

Wird hingegen eine Grundsteuervergünstigung trotz Vorliegen der Voraussetzungen nicht gewährt, sind Einwendungen hiergegen im Einspruchsverfahren gegen den Grundsteuermessbescheid (Folgebescheid zur Feststellung des Grundsteuerwerts bzw. Grundlagenbescheid für den Grundsteuerbescheid) zu erheben. Ein Einspruch gegen den Grundsteuerwertbescheid wäre in diesem Fall unbegründet.

 
Wichtig

Bekanntgabemangel des Grundlagenbescheids kann allerdings gerügt werden

Gegen einen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO erstmals erlassenen oder geänderten Folgebescheid darf allerdings eingewendet werden, der (geänderte) Grundlagenbescheid sei nicht wirksam bekannt gegeben und somit auch nicht wirksam geworden. Denn durch diese Einwendungen wird geltend gemacht, dass das Finanzamt den Folgebescheid erlassen oder geändert hat, ohne dass die Voraussetzungen des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO vorgelegen haben. Damit wird ein Mangel des Folgebescheids unmittelbar geltend gemacht.[5]

Zu be...

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