1 Überblick

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist durch das 2. Corona-Steuerhilfegesetz v. 29.6.2020 in das Gesetz eingefügt worden.[1] Sie steht im Zusammenhang zu § 10d Abs. 1 S. 1 EStG und § 110 EStG und soll wegen zu erwartender Verluste aus der Corona-Pandemie bereits bei der Steuerfestsetzung für den Vz 2019 die zu erwartenden Verluste aus den Vz 2020 durch Verlustrücktrag berücksichtigen. Während § 110 EStG eine Anpassung der Vorauszahlung 2019 zulässt, greift § 111 EStG bereits bei der Festsetzung für den Vz 2019 unter Berücksichtigung des zu erwartenden Verlustrücktrags aus dem Vz 2020. Mit dem JStG 2020 v. 21.12.2020[2] ist in Abs. 1 ein neuer Satz 4 eingefügt worden, der die entsprechende Anwendung des § 233a Abs. 2a AO anordnet.

Durch das Dritte Corona-Steuerhilfegesetz v. 10.3.2021[3] ist die Vorschrift an die Änderungen des § 10d EStG (Erhöhung der Höchstbeträge für den Verlustrücktrag auf 10 Mio./20 Mio. EUR) angepasst worden. In § 111 Abs. 8 EstG sind die Termine verlängert und ein neuer Abs. 9 eingefügt worden, mit dem die Regelungen der Abs. 1 bis 7 im Rahmen der Steuerfestsetzung für den Vz 2020 und die Berücksichtigung des Verlustrücktrags für 2021 entsprechend gelten.

Mit § 111 EStG kann aufgrund des vorläufigen Verlustrücktrags aus 2020 und/oder 2021 die Liquidität des Stpfl. gesteigert, zumindest aber geschont werden.[4]

[1] BGBl I 2020, 1512; BT-Drs. 19/20058 v. 16.6.2020, BT-Drs. 19/20332 v. 24.6.2020; Korn, DStR 2020, 1345; Wengerofsky, StuB 2020, 627; Prühs, GmbH-Stpr. 2020, 236; Horlemann/Bergan, DStR 2020, 1401; Hechtner, NWB 2020, 2374.
[2] BGBl I 2020, 3096.
[3] BGBl I 2021, 330; Dellner, NWB 2021, 925.
[4] Uhländer, DB 2021, 16; Eggert, BBK 2020, 739.

2 Vorläufiger Verlustrücktrag aus 2020 bei der Steuerfestsetzung 2019, Abs. 1

 

Rz. 2

Aufgrund der Corona-Pandemie werden Stpfl. in 2020 Verluste erzielen, die in 2019 als Verlustrücktrag nach § 10d Abs. 1 S. 1 EStG berücksichtigt werden können. Auf Antrag wird bei der Steuerfestsetzung für den Vz 2019 pauschal ein Betrag i. H. v. von 30 % des Gesamtbetrags der Einkünfte des Veranlagungsjahrs 2019 als Verlustrücktrag aus 2020 abgezogen (vorläufiger Verlustrücktrag für 2020).

Voraussetzung hierfür ist, dass die Vorauszahlungen für 2020 auf "0" EUR herabgesetzt wurden, damit klar ist, dass für 2020 ein Verlust entsteht.

 

Rz. 3

Bei der Berechnung des vorläufigen Verlustrücktrags für 2020 ist der Gesamtbetrag der Einkünfte des Vorjahres um die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 EStG) zu vermindern. Alle anderen Einkünfte können berücksichtigt werden. Bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit entstehen typischerweise keine Verluste, sodass eine Berücksichtigung auch dieser Einkunftsart in späteren Jahren u. U. zu hohen Nachzahlungen führen würde.

 

Rz. 4

Der Ansatz des vorläufigen Verlustrücktrags von 30 % erfordert einen Antrag des Stpfl. Der Antrag kann noch vor dem FG bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt oder zurückgenommen werden, aber nicht mehr im Revisionsverfahren.[1] Während § 111 Abs. 2 EStG auch einen höheren Betrag als 30 % zulässt, ist ein niedrigerer Betrag als 30 % offenbar nicht vorgesehen.

 

Rz. 4a

Sollte sich der Verlustrücktrag bei der Veranlagung für 2020 nicht in der prognostizierten Höhe ergeben, ist der Steuerbescheid für 2019 zu ändern, ohne dass Nachzahlungszinsen nach § 233a AO entstehen. Durch die Ergänzung des § 111 Abs. 1 EStG um den Satz 4 wird eine Gleichbehandlung der Verzinsungsregelungen für den Abzug des vorläufigen Verlustrücktrags nach § 111 Abs. 1 EStG und für dessen Hinzurechnung nach § 111 Abs. 6 EStG erreicht (Rz. 7).[2]

3 Ansatz eines höheren Betrags als 30 %, Abs. 2

 

Rz. 5

Nach § 111 Abs. 2 EStG kann abweichend von Abs. 1 ein höherer Gesamtbetrag der Einkünfte als 30 % vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Voraussetzung ist, dass der Stpfl. den höheren Betrag nachweist. Hierzu bedarf es z. B. der Vorlage detaillierter Unterlagen wie betriebswirtschaftliche Auswertungen.[1]

[1] BT-Drs. 19/20058, 26.

4 Höchstbetrag des vorläufigen Verlustrücktrags für 2020, Abs. 3

 

Rz. 6

Der vorläufige Verlustrücktrag für 2020 kann nach den Abs. 1 und 2 bis zu den Höchstbeträgen des § 10d Abs. 1 S. 1 EStG bis zu 10 Mio. EUR, und bei Ehegatten, die nach §§ 26 und 26b EStG veranlagt werden, bis zu 20 Mio. EUR in Anspruch genommen werden.

5 Nachzahlung bei Inanspruchnahme des vorläufigen Verlustrücktrags, Abs. 4

 

Rz. 7

Soweit die Vorauszahlungen für 2019 aufgrund eines voraussichtlich erwarteten Verlustrücktrags für 2020 herabgesetzt wurden, kann sich im Rahmen der Steuerfestsetzung für 2019 daraus eine Nachzahlung ergeben. Die Nachzahlung wird auf Antrag des Stpfl. zinslos gestundet. Über die Höhe der Stundungsraten gelten die allg. Grundsätze des § 222 AO.

6 Abgabe einer Einkommensteuererklärung, Abs. 5

 

Rz. 8

Wenn Stpfl. von § 111 Abs. 1 oder 2 EStG Gebrauch machen, müssen sie für den Vz 2020 eine ESt-Erklärung abgeben.

7 Veranlagung für 2020, Abs. 6

 

Rz. 9

Im Rahmen der Veranlagung für den Vz 2020 wird der vorläufige Verlustrücktrag für 2020 überprüft, wobei sich in der Regel für den Verlustrücktrag ein anderer Betrag ergeben wird als der im Rahmen des vorläufigen Verlustrücktrags bisher angesetzte. Hierzu wird der Gesamtbe...

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