Schmerzensgeld von 70.000 EUR bei nicht erkanntem Darmkrebs

Weil ein Internist trotz starken rektalen Blutungen eine Darmspiegelung nicht durchführte und die Patientin neun Monate später an Darmkrebs verstarb, wurde den Erben ein Schmerzensgeld in Höhe von 70.000 EUR zugesprochen. Die unterlassene Koloskopie stelle einen gravierenden Behandlungsfehler dar, daher hafte der Arzt nach den Regeln der Beweislastumkehr, urteilte das OLG.

Eine Patientin hatte gegen ihren behandelnden Internisten Klage erhoben, da dieser bei ihr eine Darmkrebserkrankung übersehen hatte. Trotz teils heftiger Analblutungen diagnostizierte er lediglich Hämorrhoiden und eine Analfissur, eine Darmspiegelung führte er nicht durch.

Trotz heftiger Blutungen eine Darmspiegelung verordnet

Erst als die Frau neun Monate später wegen eines anderen Leidens stationär ins Krankenhaus musste, wurde der Darmkrebs entdeckt. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Tumor bereits gestreut und es hatten sich Metastasen in der Leber entwickelt. Zwischenzeitlich ist die Frau verstorben, die Erben führten jedoch den Rechtsstreit weiter und bekamen nun Recht. Das OLG Braunschweig bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung und sprachen den Klägern ein Schmerzensgeld in Höhe von 70.000 EUR und Schadenersatz zu.

Unterlassene Darmspiegelung war grober Behandlungsfehler:  Beweislastumkehr

Nach Ansicht des 9. Zivilsenats sei dem Arzt aufgrund der unterlassenen Koloskopie ein grober Behandlungsfehler unterlaufen. Dieser Fehler verstoße in gravierender Weise gegen die Regeln der ärztlichen Kunst, so das OLG in seinen Ausführungen. Zugunsten der Patientin greife daher die Beweislastumkehr, somit habe der Arzt beweisen müssen, dass die um neun Monate verspätete Diagnose für den weiteren Krankheitsverlauf nicht ursächlich geworden sei. Dies sei ihm jedoch nicht gelungen.

Kein Mitverschulden: Patientin durfte der Diagnose des Arztes vertrauen

Darüber hinaus sei der Erblasserin kein Mitverschulden, welches den Anspruch mindern könnte, vorzuwerfen. Auch wenn die Blutungen weiterhin bestanden haben, habe sie deshalb nicht nochmal zum Arzt gehen müssen, führten die Richter weiter aus. Da sie von dem Internisten abschließend behandelt und für ihre rektalen Blutungen eine Diagnose erhalten habe, welche gerade nicht auf Krebs lautete, durfte sie eine Zeit lang darauf vertrauen.

(OLG Braunschweig, Urteil v. 28.02.2019, 9 U 129/15).

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