Grundstückskauf: Versteckte Marder sind gefährlich

In welchem Umfang hat der Verkäufer eines Hausgrundstücks Mängel der Sache zu offenbaren bzw. auf möglicherweise vorhandenen Mängel, die er nicht positiv kennt, aber für möglich hält, hinzuweisen?

Mit dieser Frage hatte sich das OLG Koblenz in folgendem Fall auseinanderzusetzen: Mit notariellem Vertrag vom 4.4.2009 erwarb der Kläger von den Beklagten ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück. In § 4 des Vertrages hatten die Vertragsparteien vereinbart, dass jegliche Gewährleistung für Zustand und Beschaffenheit der Kaufsache ausgeschlossen ist und die Verkäufer von der Haftung für sichtbare und unsichtbare Mängel freigestellt sein sollen. Die Beklagten haben darüber hinaus erklärt, dass ihnen keine versteckten Mängel bekannt seien. Als der Käufer im Dezember 2009 die Speicherdecke entfernte, stellte er fest, dass die Dämmung großflächig durch Marderfraß zerstört und mit Marderkot versetzt war. Wie sich später herausstellte, hatten die Verkäufer während ihrer Besitzzeit bereits einen Schaden des Dachbereichs durch Marderfraß festgestellt und durch eine Teilsanierung des Daches versucht, die Schäden zu beseitigen. Streitig war zwischen den Parteien, inwieweit dieser Sachverhalt bereits Gegenstand der Verkaufsgespräche war.

Grundsätzliche Offenbarungspflicht des Verkäufers

Ebenso wie zuvor das LG stellte das OLG den Grundsatz heraus, dass der Verkäufer einer Immobilie nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich verpflichtet ist, sämtliche Umstände, die für den Kaufentschluss des Vertragspartners bedeutsam sind, vollständig und wahrheitsgemäß zu offenbaren (BGH, Urteil v. 14.6.1996, V ZR 105/95). Der erstinstanzlich eingeschaltete Sachverständige hatte insoweit festgestellt, dass die Dachisolierung bei Kauf des Hauses in einem Ausmaß durch Marderbefall zerstört war, dass zur Herstellung einer den Regeln der Technik entsprechenden Wärmedämmung das gesamte Dach hätte abgedeckt und vollkommen neu mit einer luftdichten Schicht und Dämmstoff konzipiert werden müssen. Deshalb kam es nach Auffassung des OLG für die Entscheidung auch nicht maßgeblich darauf an, ob die Verkäufer den Käufer auf die bereits durchgeführten Sanierungsarbeiten wegen Marderbefalls hingewiesen hatten. Angesichts des Ausmaßes der Schäden und der seitens der Vorbesitzer immer wieder in verschiedenen Bereichen des Daches vernommenen Geräusche ging der Senat davon aus, dass die Verkäufer zumindest mit der Möglichkeit rechneten, dass durch die von Ihnen durchgeführten Sanierungsarbeiten nicht die Gesamtheit der Schäden beseitigt sei. Auch auf diese potenzielle Schadensituation hätten die Verkäufer hinweisen müssen.

Verstoß gegen Offenbarungspflicht

Indem die Verkäufer diese Aufklärung unterlassen hätten, hätten sie billigend in Kauf genommen, dass der Käufer seinen Kaufentschluss getroffen habe, ohne einen wesentlichen, für die Kaufentscheidung maßgeblichen Umstand, nämlich die Möglichkeit des Vorhandenseins erheblicher Marderschäden im Dachbereich, berücksichtigt habe. Bereits das Verschweigen der Möglichkeit eines Mangels sei ein Verstoß gegen die vertragliche Offenbarungspflicht.

Arglist des Verkäufers

Dieses Verhalten der Verkäufer war nach Auffassung des OLG arglistig. Hierbei sei auch die mangelhafte Dachisolierung wegen des dadurch eintretenden Energieverlustes und der bestehenden latenten Gefahr von Kondensatschäden mit anschließender Schimmelbildung in der Dachkonstruktion wissentlich und damit arglistig verschwiegen worden. Die Verkäufer hätten offensichtlich keine Umstände nennen wollen, die den Kaufentschluss des Klägers hätten aufhalten können. Auch wenn die Verkäufer positiv von den Schäden keine Kenntnis gehabt hätten und ihr bedingter Vorsatz lediglich auf ein „für möglich halten“ reduziert gewesen sei, so sei ihr Verhalten vielleicht „moralisch nicht zu missbilligen“ aber dennoch rechtlich als Arglist zu werten (BGH, Urteil v. 12.4.2002, V ZR 302/00).

Schadensersatzforderung begründet

Das OLG verurteilte die Verkäufer daher zum Ersatz der gesamten Sanierungskosten in Höhe von rund 25.000 Euro.

(OLG Koblenz, Urteil v. 15.1.2013, 4 U 874/12)