Zivilrechtliche Forderung des Kindes gegen Sorgeberechtigten

Bei gemeinsam sorgeberechtigten Eltern kann ein Elternteil nicht gem. § 1628 BGB zur gerichtlichen Durchsetzung einer zivilrechtlichen Forderung der Kinder gegen den anderen ermächtigt werden. § 1628 BGB dient der Klärung eines Sorgerechtsstreites von erheblicher Bedeutung. Zur Durchsetzung einer Geldforderung muss ein Ergänzungspfleger bestellt werden.

Ein Vater wehrte sich dagegen, dass der von ihm geschiedenen Mutter der gemeinsamen Kinder vom Familiengericht die Befugnis erteilt wurde, zivilrechtlichen Ansprüche ihrer 3 Kinder gegen ihn durchzusetzen.

Zinsen für von den Kindern gewährtes Darlehen

Der Vater unterzeichnete kurz vor der Scheidung ein Schriftstück, in dem es heißt:

"Hiermit bestätige ich, dass ich am 15.10.2012 von meinen Kindern C. 10.000,- EUR, M. 7.000,- EUR, G. 3.000,- EUR als Betriebskredit auf mein Kanzleikonto erhalten habe. Die Summe zahle ich bis zum 15.10.2014 mit 5% Zinsen p.a. zurück."

Auf Antrag der Mutter, die den Zinsanspruch namens der Kinder gerichtlich durchsetzen wollte, hatte das Gericht ihr die alleinige Entscheidungsbefugnis über die Durchsetzung einschließlich der Befugnis, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, übertragen.

Gegen diesen Beschluss wand sich der Vater mit einer Beschwerde. Er trug nicht nur vor, dass die Übertragung dem Kindeswohl nicht entspreche. § 1628 BGB sei auch auf die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche gegen ihn nicht anwendbar. Das OLG Celle gab ihn Recht.

§ 1628 BGB dient Klärung eines Sorgerechtsstreits von erheblicher Bedeutung

Die Vorschrift ermöglicht es gemeinsam sorgeberechtigten Eltern bei Streit über eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung, die die Eltern nach § 1687 Satz 1 BGB gemeinsam zu entscheiden haben, eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen. Sie soll also absichern, dass bei gemeinsam zu entscheidenden Angelegenheiten eine dem Kindeswohl entsprechende Entscheidung herbeigeführt wird, wenn den Eltern eine Einigung nicht gelingt (vgl. Peschel-Gutzeit, in: Staudinger, BGB; Neubearb. 2015, § 1628 Rz, 11 ff.). Die Vorschrift greift daher nur, wenn beide Eltern in der fraglichen Angelegenheit gemeinsam entscheidungsbefugt sind.

Keine Vertretung durch Eltern, wenn Vormund nicht vertretungsberechtigt wäre

  • § 1628 BGB ist aber nicht einschlägig, um ein Elternteil zu ermächtigen, ein Kind bei Durchsetzung eines Anspruches gegen den anderen zu vertreten. Die Übertragung der Alleinvertretungsmacht setzt voraus, dass beide Kindeseltern für einen Rechtsstreit zwischen Kind und einem Elternteil grundsätzlich entscheidungs- und vertretungsbefugt sind.
  • Doch eine Vertretungsmacht der Eltern besteht nach § 1629 Abs. 2 BGB nicht für Rechtsgeschäfte, bei denen ein Vormund gemäß § 1795 Abs. 1 BGB von der Vertretung ausgeschlossen wäre.

Dazu gehört auch die gerichtliche Durchsetzung einer Forderung gegen den Vormund. Daher ist auch der Kindesvater gesetzlich hier von der Vertretung der Kinder ausgeschlossen.

Ausschluss eines Elternteils von der Vertretungsmacht erfordert Ergänzungspfleger

Der Ausschluss des Kindesvaters von der Vertretung des Kindes im beabsichtigten Verfahren erfasst aufgrund des gemeinsamen Sorgerechts auch die Vertretungsmacht der Kindesmutter:

  • Ist einer der Elternteilen von der Vertretung nach den §§ 1629 Abs. 2 Satz 1, 1795 Abs. 1 Nr. 3 BGB ausgeschlossen,
  • wird die gemeinschaftliche Vertretungsmacht nicht zur Alleinvertretungsmacht,
  • sondern beide Eltern sind von der Vertretung ausgeschlossen.

Daher ist gem. § 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Ergänzungspfleger zu bestellen.

Es fehlte auch kein Konflikt i.S. der § 1628 BGB

Sind aber beide Eltern von der Vertretung ausgeschlossen, so liegt schon ein von der hier vom Gericht gewählten Ermächtigungsnorm § 1628 BGB vorausgesetzter Konflikt zwischen zwei gleichermaßen entscheidungsbefugten Elternteilen nicht vor, denn hier waren beide entscheidungsbefugt, hatten also auch keinen rechtlichen Konflikt.

Interessenkonflikt erfordert der Bestellung eines Ergänzungspflegers

Auch wegen des bestehenden Interessenkonfliktes (des möglicherweise zu verklagenden Vaters) bedarf es für die Durchsetzung einer Forderung gegen einen sorgeberechtigten Elternteil in jedem Falle der Bestellung eines Ergänzungspflegers, der sowohl über die Durchsetzung des Anspruchs zu entscheiden als auch gegebenenfalls das Kind oder die Kinder im Verfahren zu vertreten hat.

(OLG Celle, Beschluss v. 06.07.2018, 17 UF 64/18).

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