Keine vorzeitige Kündigung des befristeten Arbeitsvertrags

Ein städtischer Arbeitgeber hatte den zeitlich befristeten Arbeitsvertrag mit einem Mitarbeiter vorzeitig gekündigt – offiziell, weil sich der Zweck der Befristung erledigt habe. Diesem Argument ist das Arbeitsgericht nun nicht gefolgt, zumal wohl auch parteipolitische Gründe eine Rolle spielten.

Er sollte ein Konzept für die digitale Infrastruktur der Unternehmen der Stadt Hanau neu erstellen sowie ein E-Government-Konzept und digitale Angebote gegenüber den Einwohnern weiterentwickeln. Nachdem der Mitarbeiter der Stabsstelle zur digitalen Entwicklung laut Arbeitgeber seine Aufgaben erfüllt hatte, erhielt er die außerordentliche Kündigung des befristeten Vertrags – vier Jahre vor dessen vorgesehenen Ende. Schließlich sei der Zweck des befristeten Arbeitsverhältnisses erreicht, argumentierte der Arbeitgeber, eine Beteiligungsgesellschaft der Stadt. Das Arbeitsgericht Offenbach ist nun jedoch weder diesem noch den anderen Argumenten des Arbeitgebers gefolgt und kassierte die Kündigung.

Zeitlich befristeter Arbeitsvertrag wegen Zweckerfüllung gekündigt?

Bereits ein Jahr nach dessen Abschluss kündigte die Beteiligungs-Holding Hanau GmbH den Arbeitsvertrag mit dem Stabsstellen-Mitarbeiter. Weil das Arbeitsverhältnis nach den vertraglichen Bestimmungen alleine für den Mitarbeiter eine ordentliche Kündigung vorsah, kündigte die Beteiligungsgesellschaft im Juni 2017 außerordentlich - mit „sozialer Auslauffrist“ zum Ende Juli 2017.

Der Mitarbeiter hatte noch kurz vor der Kündigung die Beschlussvorlage „Digitale Offensive 2025 – e Government Strategie der Stadt Hanau“ in die Stadtverordnetenversammlung eingebracht und gegenüber dem Haupt- und Finanzausschuss der Stadt Hanau vorgestellt. Damit habe sich der Zweck des bis zum Ende August 2021 befristeten Arbeitsverhältnisses erledigt, meinte der Arbeitgeber als Grund für die Kündigung.

Neuer Stadtrat: Erfolgte Kündigung wegen des Parteibuchs?

Im Rechtsstreit argumentierte die Beteiligungsholding zudem, dass die Auflösung der Stelle auf Weisung der Stadt Hanau erfolge und dass andere Mitarbeiter mit der Umsetzung des Digitalkonzepts betraut worden wären. Daher sei die Fortführung des Arbeitsverhältnisses bis zum im Vertrag angegebenen Zeitraum nicht zumutbar.

Ferner – und diese Argumentation scheint aufgrund anderweitiger Medienberichte dem tatsächlichen Grund der Kündigung näher zu kommen – sei dem Mitarbeiter als ehemaligen Fraktions- und Parteivorsitzenden der FDP bekannt gewesen, dass eine Stabsstelle nur solange einer Partei zugewiesen würde, wie diese nicht hauptamtlich im Magistrat vertreten sei. Diese Situation habe sich mit der Wahl eines FDP-Mitglieds zum hauptamtlichen Stadtrat im Juni 2017 geändert. Insoweit sei - nach Meinung der Stadt beziehungsweise des Arbeitgebers – die Geschäftsgrundlage des Arbeitsverhältnisses entfallen. Weil also ein FDP-Mann nachrückte, sollte der andere wohl seinen Posten räumen. So sollten anscheinend die politischen Machtverhältnisse wieder zurechtgerückt werden.

Arbeitsgericht: Zeitliche Befristung, keine Zweckbindung

Das Arbeitsgericht folgte diesen Argumenten jedoch nicht und konnte keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung aus betriebsbedingten Gründen erkennen. Der Arbeitsvertrag enthalte nur eine zeitliche Befristung. Eine Befristung aufgrund eines bestimmten Zwecks vermochten die Richter den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen nicht zu entnehmen. Daher könne sich der Arbeitgeber nicht insoweit auf das Ende des Arbeitsverhältnisses berufen, dass ein bestimmter Zweck erreicht wurde.

Mitarbeiter kann nichts für geänderte politische Landschaft

Zudem sei im Arbeitsvertrag eine kalendermäßige Befristung mit einem ordentlichen Kündigungsrecht alleine zugunsten des Mitarbeiters eingeräumt. Dies zeige, dass die Beteiligungsholding auch das Risiko übernehmen wollte, dass die Beschäftigungsmöglichkeit eventuell bereits vor Ende der Befristung abläuft.

Auch sei schon bekannt gewesen, dass es bereits Mitte 2019 zu einem Wechsel in der politischen Repräsentation der Stadt kommen könne – ohne dass hierzu Vorsorge in den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen getroffen worden sei. Es liege auch nicht im Verantwortungsbereich des klagenden Mitarbeiters, wenn sich die politische Repräsentation ändere.

Kündigung unwirksam, Weiterbeschäftigungsanspruch des Mitarbeiters

Im Ergebnis muss die Beteiligungs-Holding also den Mitarbeiter weiterhin mit den Aufgaben „Erstellung einer Ist-Aufnahme aller Kernprozesse der Unternehmung Stadt und des Digitalisierungsgrades, Neukonzeptionierung der digitalen Infrastruktur der Unternehmung Stadt Hanau, Weiterentwicklung von eGovernment Konzepten und digitalen Angeboten an Bürgerinnen und Bürger“ beschäftigen.

Alternativ bleibt nur die Hoffnung auf die nächste Instanz, das Hessische LAG, soweit die Berufung gewünscht und eingelegt wird.

 

Hinweis: Arbeitsgericht Offenbach, Urteil vom 21.2.2018

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