Verbandsklage künftig auch bei Verstößen gegen DSGVO möglich

Eine neue EU-Richtlinie sieht vor, dass Verbraucherverbände künftig kollektiv Ansprüche, auch bei Datenschutzverstößen, geltend machen können. Erst im Januar war der Versuch des Datenschutzaktivisten Max Schrems vor dem EuGH gescheitert, eine Sammelklage gegen Facebook im Namen von rund 25.000 Nutzern einzureichen. Die DSGVO und die geplante EU-Verbraucherverbandsklage ändern die Lage.

Nicht nur geplante Einführung von Verbandsklagen auf europäischer Ebene sollen die Verbraucherrechte in der EU sollen künftig besser geschützt werden. Dazu hat kürzlich die zuständige EU-Justizkommissarin Vera Jourová den Entwurf einer Richtlinie zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher vorgelegt. Schon die DSGVO hat die Verbandsklagemöglichkeiten verbessert.

EU-Verbraucherverbandsklage: Wer soll klagen dürfen

Nicht jeder Verband soll im Wege der geplanten kollektiven Klagemöglichkeit klagen dürfen. Der klagende Verband muss, ähnlich der geplanten deutschen Musterfeststellungsklage:

  • nach den Regeln des Mitgliedstaats ordnungsgemäß errichtet sein
  • in einem öffentlichen Register geführt werden.
  • den Nachweis erbringen, dass er ein Interesse an der Gewährleistung der Einhaltung des EU-Rechts hat
  • und darf keine Gewinnerzielungsabsicht hegen.

Schadensersatzansprüche bei Datenschutzverstößen

Bereits nach der aktuellen Rechtslage könnten seit dem 25.5.2018 Ansprüche, die aus der Verletzung datenschutzrechtlicher Pflichten entstehen, im Rahmen von Verbandsklagen nach dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) oder dem Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) geltend gemacht werden. Doch gibt es hier einige Restriktionen, und vor allem war es in diesen Verfahren bislang nicht vorgesehen, Schadensersatzansprüche durchzusetzen.

  • In der neuen EU-Richtlinie werden die Klagemöglichkeiten nun jedoch in dieser Hinsicht erweitert.
  • So sieht der Art. 6 der geplanten Richtlinie explizit vor, dass Schadensersatzansprüche im Rahmen einer sogenannten Abhilfemaßnahme zum Gegenstand der geplanten Verbandsklage gemacht werden können.
  • In Art. 2 wird zudem ausdrücklich auch die DSGVO in den Anwendungsbereich der Richtlinie einbezogen. 

Anspruchsgrundlage in der DSGVO

Als Anspruchsgrundlage für Schadensersatzansprüche kann bei den Verbandsklagen neben anderen Rechtsnormen auch der Artikel 82 DSGVO herangezogen werden. Hier ist u.a. festgelegt,

  • dass sowohl materielle als auch immaterielle Schäden ersetzt werden müssen
  • und dass diese Ansprüche sowohl gegen die Verantwortlichen als auch Auftragsverarbeiter geltend gemacht werden können.

Weiterführend dazu Zofia Vig im ZPO-Blog.

Einfachere Durchsetzung von Ansprüchen aus DSGVO-Verletzungen

Die klageberechtigten Verbraucherverbände werden nach Auffassung von Rechtsexperten künftig zusätzlich auch noch durch eine vereinfachte Beweisführung begünstigt.

  • Die Anspruchsteller müssen nur noch die Möglichkeit des kausalen Verlaufs der Schädigung nachweisen.
  • Konkret bedeutet dies, dass die Verbände lediglich darlegen und beweisen müssen, dass die Anspruchsgegner an der Datenverarbeitung beteiligt waren,
  • dass ein Schaden entstanden ist
  • und dass die konkrete Datenverarbeitung grundsätzlich geeignet war, den Schaden zu verursachen. 

Ausnahmeregelungen greifen nicht

Die EU-Regelung ermöglicht es in Art. 6 Abs. 2 den Mitgliedsstaaten zwar, in einem gewissen Umfang die Abhilfemaßnahmen und damit die Schadensersatzzahlungen einzuschränken. Diese Regelungen dürften im Bereich des Datenschutzrechts jedoch keine Bedeutung haben, da alle relevanten Voraussetzungen, die in der Richtlinie vorgesehen sind, bei den üblichen Datenschutzverstößen erfüllt sein dürften.

Ausblick

Mit der Möglichkeit, auch bei Datenschutzverstößen materielle Schadensersatzansprüche im Rahmen einer Verbandsklage durchzusetzen, sowie den Erleichterungen bei der Beweisführung könnten zukünftig weitere Risiken für Unternehmen entstehen, während gleichzeitig die Verbraucherrechte deutlich gestärkt werden.

Betroffen dürften jedoch vor allem Internetkonzerne und Großunternehmen sein, bei denen sich selbst bei geringen individuellen Schadensersatzforderungen von wenigen Euro im Einzelfall durch die hohe Zahl der Betroffenen schnell erhebliche Summen ergeben können.

Abwehr von Missbrauch des neuen Instruments der Verbandsklage

Um Missbrauch des neuen Instruments der Verbandsklage vorzubeugen, gibt es allerdings strenge Regeln. So ist der Kreis der klageberechtigten Verbände stark eingeschränkt. Klagen sind etwa ausschließlich durch Verbraucherorganisationen zulässig, die strenge Zulassungskriterien erfüllen und sich von den Behörden überwachen lassen müssen. 

Zudem hat der Gesetzgeber bei der Umsetzung der Richtlinie auch noch die Möglichkeit, eine Mandatierung vorzusehen, sodass die Verbände die Schadensersatzansprüche nur für solche Verbraucher durchsetzen können, die ihnen zuvor ein Mandat erteilt haben. 

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Hintergrund:

Eigentlich wollte der Datenschützer Max Schrems im Namen tausender Facebook-Nutzer wegen zahlreicher Datenschutzverstöße gegen Facebook klagen. Doch mit diesem Plan war der Österreicher prozessrechtlich zu früh dran und ist deshalb im Januar noch am EuGH gescheitert (EuGH Urteil vom 25.01.2018 - C- 498/16).