NOYB geht gegen das neue Bezahlmodell von Meta vor

Meta, der Mutterkonzern von Facebook, WhatsApp und Instagram, sieht einer erneuten Beschwerde der Datenschutzorganisation NOYB des österreicheschen Datenschutzaktivisten Max Schrems entgegen.

Das neue Bezahlmodell stellt Meta-Kunden vor die Wahl, entweder das Tracking für personalisierte Werbung zu akzeptieren oder mindestens 9,99 EUR im Monat zu zahlen, um nicht getrackt zu werden. Mit dem „Pay or Okay“-Bezahlmodell hat Meta auf das drohende Verbot personalisierter Werbung durch die europäischen Datenschutzbehörden reagiert. NOYB sieht „Pay or Okay“ dagegen als „Datenschutzsteuer“, mit der man sich das Recht auf Datenschutz erkaufen muss.

EU-Datenschützer wollten Meta personalisierte Werbung verbieten

Der Europäische Datenschutzausschuss (EDPB, European Data Protection Board), das zentrale Gremium aller europäischen Datenschutzbehörden, hatte die für Meta zuständige irische Datenschutzbehörde DPC (Data Protection Commission) im Oktober 2023 angewiesen, Maßnahmen zu ergreifen, um ein Verbot für personalisierte Werbung durchzusetzen. Werbung also, die auf der Überwachung des Nutzerverhaltens und der Erstellung von Nutzerprofilen beruht. Die DPC hat das Anliegen geprüft und am 10.11.2023 entschieden, Meta personalisierte Werbung EU-weit zu verbieten. Meta wurde eine Frist von einer Woche gewährt, das Verbot umzusetzen.

Dem Entscheid ging eine lange Reihe von Klagen und Verboten voraus, die darauf abzielten, Meta zu einer Änderung seiner personalisierten Werbung zu zwingen, da diese gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verstieß. Der wesentliche Vorwurf war dabei immer, dass Meta die Nutzer seiner Dienste trackt und aus den erfassten Daten Nutzerprofile erstellt, ohne zuvor deren explizite Einwilligung einzuholen.

Zuletzt versuchte Meta, sein Geschäftsmodell durch die Änderung seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zu retten. Dies führte dazu, dass Norwegens Datenschutzbehörde Datatilsynet im Juli letzten Jahres die Geduld verlor: Sie verbot Meta in Norwegen personalisierte Werbung ohne Nutzereinwilligung und belegte den Konzern mit einer Strafe von 90.000 EUR am Tag. Im November 2023 hat das EDPB das von Norwegen verhängte Verbot von „verhaltensbezogener Werbung“ über die DPC auf alle 30 EU- und EWR-Länder ausgedehnt. Kurz zuvor hatte Meta allerdings bereits seine Angebote auf das „Pay or Okay“-System umgestellt. 

„Pay or Okay“: Bezahlen für die Werbefreiheit

Ab November letzten Jahres können Meta-Kunden Facebook und Instagram nun komplett werbefrei nutzen. Allerdings müssen sie dafür zahlen: Wer das Abonnement über einen Internetbrowser abschließt, zahlt 9,99 EUR im Monat, beim Abschluss über ein Smartphone oder Tablet kostet es 12,99 EUR im Monat. Bis März 2024 sind in der Monatsgebühr alle Meta-Accounts enthalten. Ab dem 1.3.2024 kommen für jedes Zusatzkonto noch einmal 6 bzw. 8 EUR im Monat hinzu. Wer also Facebook und Instagram auf einem Smartphone nutzt, zahlt ab März 2024 dafür 20,99 EUR im Monat oder 251,88 EUR im Jahr.

Wer nicht bereit ist, Geld für Facebook und/oder Instagram zu bezahlen, kann die Meta-Dienste weiterhin kostenlos nutzen, zahlt allerdings dann mit seinen Daten. Die kostenfreie Nutzung ist nämlich an die ausdrückliche Zustimmung für personalisierte Werbung und aller damit verbundenen Tracking-Verfahren geknüpft.

Das von Meta verwendete „Pay or Okay“-System (Zahlen oder Zustimmen) ist an sich nicht neu. Bei vielen Online-Zeitschriften ist es schon lange üblich, dass sich Werbeeinblendungen gegen Bezahlung abschalten lassen. Das Neue beim Bezahlsystem von Meta ist, dass damit der Datenschutz gezielt ausgehebelt wird.

NOYB: Recht auf Datenschutz muss erkauft werden

Die Reaktion von NOYB auf Metas neues Bezahlmodell erfolgte prompt: Bereits Ende November reichte NOYB dagegen Beschwerde bei der österreichischen Datenschutzbehörde (DSB) ein.

NOYB – Europäisches Zentrum für digitale Rechte (NOYB steht für „none of your business“, „geht dich nichts an“) ist eine österreichische nichtstaatliche Datenschutzorganisation. Sie wurde 2017 gegründet und finanziert sich durch Spenden und Fördermitglieder. Zu den Gründungsmitgliedern gehört auch der Jurist und Datenschutzaktivist Max Schrems, der maßgeblich dafür gesorgt hat, die beiden zwischen der EU und den USA bestehenden Datenschutzabkommen „Safe Harbour“ und „Privacy Shield“ vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu Fall zu bringen („Schrems I“ und „Schrems II“). NOYB beschäftigt sich mit Datenschutzverletzungen von privaten Unternehmen und reicht bei den zuständigen Behörden Beschwerden und Klagen ein.
 

Die österreichische DSB soll in einem Dringlichkeitsverfahren die „illegale Verarbeitung von persönlichen Daten“ stoppen und ein Bußgeld gegen Meta verhängen. Nach geltendem EU-Recht sei die Einwilligung zum Online-Tracking und personalisierter Werbung nur gültig, wenn sie freiwillig erteilt würde. Metas neues Bezahlsystem garantiere aber genau das Gegenteil. Wenn jemand es wage, sein Grundrecht auf Datenschutz wahrzunehmen, verlange Meta eine unangemessen hohe „Datenschutzgebühr“ dafür. „Pay or Okay“ sei kein Wahlrecht und habe nichts mit Freiwilligkeit tun. Wissenschaftliche Untersuchungen hätten ergeben, dass 99,9 Prozent aller Nutzer dem Tracking zustimmen, wenn sie alternativ selbst mit einer deutlich geringeren Nutzungsgebühr als der von Meta konfrontiert würden. Objektive Umfragen legten hingegen nahe, dass nur 3 bis 10 Prozent der Nutzer möchten, dass ihre persönlichen Daten für gezielte Werbung verwendet werden.

NOYB: Datenschutz nur für Wohlhabende

NOYB warnt auch davor, dass Metas Bezahlmodell einen Dominoeffekt haben könnte. Würden andere App-Anbieter folgen, würde Datenschutz schnell unbezahlbar werden. Es dürfe nicht sein, dass Grundrechte nur gegen Bezahlung gelten.

Max Schrems sagt dazu: „Grundrechte gelten normalerweise für alle. Wie viele Menschen würden noch von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen, wenn sie 250 EUR dafür bezahlen müssten? Es gab Zeiten, da waren Grundrechte den Reichen vorbehalten. Es scheint, als wolle Meta uns mehr als hundert Jahre zurückversetzen. Mehr als 20 Prozent der EU-Bevölkerung sind bereits von Armut bedroht. Ein „Pay or Okay“-System viele Menschen vor die Wahl stellen, die Miete bezahlen zu können oder das Recht auf Datenschutz zu wahren.“

Zusätzliche NOYB-Beschwerde gegen das Widerrufsverfahren

Noch bleibt abzuwarten, wie die österreichische DSB auf die NOYB-Beschwerde reagiert und wie sie das „Play or Okay“-Bezahlmodell von Meta einordnet. Da NOYB ein Dringlichkeitsverfahren eingefordert hat, ist davon auszugehen, dass die DSB ihre Entscheidung zeitnah trifft.

Am 11.1.2024 hat NOYB bei der DSB noch eine weitere Beschwerde gegen Meta eingereicht. Sie betrifft das Widerrufsverfahren. Wer dem Tracking zugestimmt hat und Facebook und/oder Instagram kostenlos nutzt, kann die Zustimmung nicht – wie gesetzlich gefordert – auf gleichem Wege einfach widerrufen, sondern muss dafür ein kostenpflichtiges Abonnement abschließen und dabei sogar noch Zahlungsinformationen angeben.

Weiterführedne Links:

NOYB-Beschwerde vom 28.11.2023 gegen das Bezahlmodell von Meta (PDF)

NOYB-Beschwerde vom 11.01.2024 gegen das Widerrufsverfahren der Einwilligung zum Tracking (PDF)