BMF, 11.12.2007, IV A 4 - S 0062/07/0003

Bezug: TOP 9, 17 und 18 der Sitzung AO IV/2007

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Anwendungserlass zur Abgabenordnung vom 15.7.1998 (BStBl 1998 I S. 630), der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 8.11.2007 (BStBl 2007 I S. 778) geändert worden ist, mit sofortiger Wirkung wie folgt geändert:

1. Nach Nummer 8.9 der Regelung zu § 30 werden folgende Nummern 8.10 und 8.11 angefügt:

„8.10. § 30 Abs. 4 Nr. 5 gestattet die Offenbarung der Verhältnisse eines anderen zur Verfolgung von

im Besteuerungsverfahren durch die Finanzbehörden gegenüber Gerichten oder Strafverfolgungsbehörden. Das zwingende öffentliche Interesse an der Offenbarung folgt daraus, dass sich die strafrechtlich relevanten Handlungen gegen die Gesetzmäßigkeit des Steuerverfahrens als Ganzes – Steuererhebung und Steuerverstrickung – richten.

8.11. Liegen den Finanzbehörden Erkenntnisse zu Insolvenzstraftaten im Sinne der §§ 283 bis 283c StGB oder zu Insolvenzverschleppungsstraftaten (§ 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG, § 401 Abs. 1 Nr. 2 AktG, §§ 130b, 177a HGB) vor, die sie im Besteuerungsverfahren erlangt haben, so ist eine Offenbarung dieser Erkenntnisse an die Strafverfolgungsbehörden nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO zulässig.”

2. Die Regelung zu § 89 wird wie folgt gefasst:

„Zu § 89 – Beratung, Auskunft

 

1. Beratung des Steuerpflichtigen

1.1 In § 89 Abs. 1 Satz 1 sind Erklärungen und Anträge gemeint, die sich bei dem gegebenen Sachverhalt aufdrängen. Im Übrigen ist es Sache des Steuerpflichtigen, sich über die Antragsmöglichkeiten zu unterrichten, ggf. durch Rückfrage beim FA (§ 89 Abs. 1 Satz 2). Die Finanzämter wären überfordert, wenn sie darauf zu achten hätten, ob der Steuerpflichtige jede sich ihm bietende Möglichkeit, Steuern zu sparen, ausgenutzt hat (BFH-Urteil vom 22.1.1960, VI 175/59 U, BStBl 1960 III S. 178).

1.2 Kann bei einem eindeutigen Verstoß der Finanzbehörden gegen die Fürsorgepflicht nach § 89 Abs. 1 Satz 1 dem Steuerpflichtigen nicht durch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110) oder durch Änderung des bestandskräftigen Steuerbescheides nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 geholfen werden, so kann es geboten sein, die zu Unrecht festgesetzte Steuer wegen sachlicher Unbilligkeit (§ 227) zu erlassen.

 

2. Auskünfte nach § 89 Abs. 1 Satz 2

In § 89 Abs. 1 Satz 2 sind Auskünfte über das Verfahren (z.B. Fristberechnung, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Aussetzung der Vollziehung) gemeint. Die Erteilung von Auskünften materieller Art ist den Finanzbehörden gestattet; hierauf besteht jedoch kein Anspruch.

 

3. Verbindliche Auskünfte nach § 89 Abs. 2

 

3.1 Allgemeines

Die Finanzämter und das Bundeszentralamt für Steuern können unter den Voraussetzungen des § 89 Abs. 2 Satz 1 und der StAuskV auf Antrag verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht.

 

3.2 Antragsteller

3.2.1 Antragsteller einer verbindlichen Auskunft im Sinne des § 89 Abs. 2 (und zugleich Gebührenschuldner im Sinne des § 89 Abs. 3 bis 5) ist derjenige, in dessen Namen der Antrag gestellt wird. Zur Antragstellung durch Personenmehrheiten vgl. § 1 Abs. 2 StAuskV. Antragsteller und Steuerpflichtiger müssen nicht identisch sein.

3.2.2 Antragsteller und Steuerpflichtiger sind in der Regel identisch, wenn der Steuerpflichtige, dessen künftige Besteuerung Gegenstand der verbindlichen Auskunft sein soll, bei Antragstellung bereits existiert. Eine dritte Person hat in diesen Fällen im Regelfall kein eigenes berechtigtes Interesse an einer Auskunftserteilung hinsichtlich der Besteuerung eines anderen, bereits existierenden Steuerpflichtigen.

3.2.3 Existiert der Steuerpflichtige bei Antragstellung noch nicht, kann bei berechtigtem Interesse auch ein Dritter Antragsteller sein (§ 1 Abs. 3 StAuskV). Berechtigte/r Antragsteller einer verbindlichen Auskunft über die künftige Besteuerung einer noch nicht existierenden Kapitalgesellschaft kann die Person/können die Personen gemeinsam sein, die diese Kapitalgesellschaft gründen und dann (gemeinsam) zu mindestens 50 % an der Gesellschaft beteiligt sein will/wollen. Entsprechendes gilt für Auskunftsanträge einer Vorgründungsgesellschaft. Die einem Dritten wegen seines berechtigten Interesses erteilte verbindliche Auskunft entfaltet gegenüber dem künftigen Steuerpflichtigen auch dann Bindungswirkung, wenn die tatsächlichen Beteiligungsverhältnisse bei Verwirklichung des Sachverhalts von den bei Antragstellung geplanten Beteiligungsverhältnissen abweichen, soweit die Beteiligungsverhältnisse für die steuerrechtliche Beurteilung ohne Bedeutung sind.

3.2.4 § 1 Abs. 3 StAuskV geht der Regelung in § 1 Abs. 2 StAuskV als l...

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