Sie verwenden eine veraltete Browser-Version. Dies kann unter Umständen zu Einschränkungen in der Funktion sowie Darstellung führen. Daher empfehlen wir Ihnen, einen aktuellen Browser wie z.B. Microsoft Edge zu verwenden.
Personal
Steuern
Finance
Immobilien
Controlling
Themen
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Haufe.de
Shop
Service & Support
Newsletter
Kontakt & Feedback
Login

Personal Steuern Finance Immobilien Controlling Öffentlicher Dienst Recht Arbeitsschutz Sozialwesen
Immobilien
Controlling
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Themen

BFH Urteil vom 17.05.1974 - III R 50/73

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen

Leitsatz (amtlich)

Halbfertige Arbeiten aus einem Werkvertrag sind mit dem Teilwert zu bewerten. Dieser kann unter dem Reproduktionswert liegen, wenn nach den Erkenntnissen vom Bewertungsstichtag mit einem Verlust aus dem Werkvertrag gerechnet werden muß. Eine Saldierung des nicht realisierten Verlusts mit nicht realisierten Gewinnen aus anderen schwebenden Verträgen ist entgegen der Anweisung in Abschn. 35 Abs. 2 VStR nicht vorzunehmen.

Normenkette

BewG i.d.F. vor Inkrafttreten des BewG 1965 § 12; BewG i.d.F. vor Inkrafttreten des BewG 1965 § 66; BewG 1965 § 10; BewG 1965 § 109

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH. Der Gegenstand ihres Unternehmens ist die Ausführung von Flurbereinigungsaufgaben, soweit diese nicht als Hoheitsaufgaben den Behörden vorbehalten sind, und die Planung, Beratung, Überwachung, Durchführung und Unterhaltung von Vorhaben und Maßnahmen des landwirtschaftlichen Wasserbaues, der Bodenkultur, des Landschafts- und Bodenschutzes und der Neuanlage und des Ausbaues ländlicher Wirtschaftswege. Streitig sind die Wertansätze für die halbfertigen Arbeiten, soweit der Aufwand an den einzelnen Stichtagen bereits höher liegt als der dem Fertigungsstand entsprechende Teil der vereinbarten Vergütungen. Diese Wertansätze hatte die Klägerin in ihrer Handelsbilanz wie folgt ermittelt: Sie errechnete für jeden Auftrag die aufgewendeten Gesamtkosten bis zum Stichtag ohne einen Gewinnzuschlag und stellte den Anteil an der vereinbarten Vergütung entsprechend dem Fertigungsgrad am Stichtag fest. Den jeweils niedrigeren dieser beiden Beträge setzte sie als Wert der halbfertigen Arbeiten an. Der Beklagte und Revisionskläger (FA) setzte im Anschluß an eine Betriebsprüfung bei den Einheitswertfeststellungen des Betriebsvermögens der Klägerin auf die Stichtage vom 1. Januar 1963 bis 1. Januar 1967 durch den zusammengefaßten Bescheid vom 2. September 1968, die halbfertigen Arbeiten dagegen mit den tatsächlich bis zum Bilanzstichtag angefallenen Herstellungskosten an. Der Einspruch blieb erfolglos. Dagegen gab das FG der Klage statt.

Das FA beantragt mit der Revision, unter Aufhebung des FG-Urteils die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Es wird Verletzung der §§ 109 und 10 BewG 1965, §§ 66 und 12 des BewG in der vor dem BewG 1965 geltenden Fassung (im folgenden: BewG a. F.) gerügt. Die Revision wird im wesentlichen wie folgt begründet: Die halbfertigen Arbeiten seien mit den Herstellungskosten zu bewerten, die den Wiederbeschaffungskosten entsprächen. Es sei nicht zulässig, einen Bewertungsabschlag vorzunehmen. Denn auch ein Erwerber könne die halbfertigen Arbeiten nicht mit einem geringeren Aufwand erbringen. Ein Marktpreis für sie bestehe nicht. Es handle sich um spezielle Planungsaufträge, für die die vom FG erwähnten, für Bauunternehmer geltenden Grundsätze nicht angewandt werden könnten. Die Verluste könnten nur im Rahmen der Bewertung der diesen Leistungen zugrunde liegenden schwebenden Geschäfte berücksichtigt werden. Der BFH habe im Urteil vom 29. Juli 1965 IV 164/63 U (BFHE 83, 413, BStBl III 1965, 648) eindeutig differenziert zwischen der Bewertung von Warenvorräten und der Bewertung von Rechten und Pflichten aus Verträgen, die diese Vorräte beträfen. Das müsse auch für die differenzierte Bewertung der teilfertigen Planungsarbeiten und damit zusammenhängenden schwebenden Verträge gelten. Angesetzt werden dürften aber diese Verluste nach Abschn. 35 Abs. 2 der VStR nur, soweit sie Gewinne aus anderen schwebenden Geschäften überstiegen. Das sei unbestritten hier nicht der Fall. Es würde gegen den Grundsatz der Einzelbewertung verstoßen, wenn man bei der Bewertung schwebender Geschäfte nur die Verlustgeschäfte, nicht aber die Gewinngeschäfte berücksichtige.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Der Senat hat in den beiden Urteilen vom 8. März 1968 III 85/65 (BFHE 92, 339, BStBl II 1968, 575) und vom 15. März 1968 III R 161/66 (BFHE 92, 347, BStBl II 1968, 578) zur Bewertung halbfertiger Bauarbeiten auf fremdem Grund und Boden Stellung genommen. Er hat dabei unterschieden, ob die verwendeten Baumaterialien noch im Eigentum des Bauunternehmers standen oder nicht. Ständen die halbfertigen Bauten noch im Eigentum des Bauunternehmers, so seien sie, wie der Senat in diesen Urteilen ausgeführt hat, nach § 66 Abs. 1 BewG a. F. bzw. § 109 Abs. 1 BewG 1965 (im folgenden werden nur noch die Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1965 mit der Bezeichnung BewG angegeben) mit dem Teilwert im Sinne des § 10 BewG zu bewerten. Habe der Bauunternehmer das Eigentum an den halbfertigen Arbeiten verloren, so stehe ihm eine Forderung gegen den Bauherren zu, die ihren Rechtsgrund in dem Werkvertrag habe. Der Unternehmer sei nach § 631 Abs. 1 BGB zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Der Besteller habe also einen Anspruch auf die Herstellung des Werkes, der Unternehmer einen Anspruch auf die vereinbarte Vergütung. Beide Ansprüche entständen bereits mit dem Abschluß des Werkvertrages. Die Forderung des Unternehmers sei in der Regel zwar auf Zahlung von Geld gerichtet, sie sei aber nicht wie andere Kapitalforderungen auch im Betriebsvermögen nach § 12 BewG zu bewerten, sondern als besonders geartete Forderung mit dem Teilwert nach § 10 BewG. Der Teilwert dieser Forderung sei nicht höher zu bemessen als der Teilwert solcher halbfertiger Bauten, an denen dem Unternehmer das Eigentum verblieben sei. Er umfasse die bis zum Bewertungsstichtag angefallenen Herstellungskosten zuzüglich der Gemeinkosten und der Vertriebskosten, nicht aber den anteiligen Gewinn. Der Senat hält an dieser Auffassung fest.

2. Das FG hat die Grundsätze dieser beiden Entscheidungen mit Recht auch auf den Streitfall angewandt. Denn sie gelten entgegen der Auffassung des FA nicht nur für halbfertige Bauarbeiten im Baugewerbe, sondern für alle halbfertigen Arbeiten eines Unternehmers auf Grund eines Werkvertrages. Solange ein Werkvertrag noch nicht von beiden Seiten erfüllt ist, handelt es sich, wie das FA mit Recht hervorhebt, um einen sog. schwebenden Vertrag. Die aus einem solchen Vertrag entspringenden beiderseitigen Ansprüche und Verpflichtungen werden nach ständiger Rechtsprechung sowohl im Ertragsteuerrecht als auch im Bewertungsrecht solange nicht angesetzt, als sie sich gleichwertig gegenüberstehen. Ist aber dieses Gleichgewicht gestört, so müssen sie berücksichtigt werden. Dieser Fall kann eintreten, wenn einer der beiden Vertragspartner eine Vorleistung erbringt. Als eine solche Vorleistung des Unternehmers sind auch die halbfertigen Arbeiten anzusehen. Sie müssen deshalb im Betriebsvermögen des Unternehmers angesetzt werden, und zwar nach den Ausführungen oben zu 1. ohne Rücksicht darauf, ob sie noch in seinem Eigentum stehen oder nicht, mit dem Teilwert. Der Teilwert entspricht nach den Darlegungen oben zu 1. in der Regel den bis zum Bewertungsstichtag angefallenen Herstellungskosten zuzüglich der Gemeinkosten und der Vertriebskosten. Dieser Wert ist der sog. Reproduktionswert der halbfertigen Arbeiten, der nach der Rechtsprechung des Senats bei Erzeugnisbeständen den Teilwert darstellt (vgl. Urteil vom 20. Juli 1973 III R 100-101/72, BFHE 110, 203 BStBl II 1973, 794). Er bildet jedoch nach den Ausführungen in den Urteilen III 85/65 und III R 161/66 nur die Obergrenze für den Teilwert. Der Teilwert kann aus besonderen Gründen auch unter dem Reproduktionswert liegen. Das hat der Senat in dem Urteil vom 2. März 1973 III R 88/69 (BFHE 109, 63, BStBl II 1973, 475) für das bewegliche Anlagevermögen bei Stillegung eines Steinkohlenbergwerks anerkannt. Es gilt aber auch in den Fällen, in denen nach den Erkenntnissen vom Stichtag mit einem Verlust aus dem Werkvertrag gerechnet werden muß. Dann kann der Teilwert unter den Reproduktionswert sinken. Das ist von der Rechtsprechung seit je her anerkannt (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 26. Januar 1956 IV 566/54 U, BFHE 62, 305, BStBl III 1956, 113; und die dort zitierte Entscheidung des RFH vom 4. November 1925 VI A 491/25, RFHE 17, 332; und für das Bewertungsrecht die im Urteil III R 88/69 unter 4. angegebenen RFH-Entscheidungen). Auch das vom FA zitierte BFH-Urteil IV 164/63 U geht von dieser Rechtsprechung aus. Es beschränkt allerdings die Abschreibung auf den Teilwert bei Waren mit einem Marktpreis auf diesen Marktpreis. Auch die VStR in Abschn. 35 Abs. 1 beruhen auf dieser Rechtsprechung. Wenn sie es aus Vereinfachungsgründen zulassen, "die in der Steuerbilanz für den nichtrealisierten Verlust ausgewiesene Rückstellung" in die Vermögensaufstellung zu übernehmen, so muß darauf hingewiesen werden, daß es sich bei einem derartigen Passivposten um eine Rückstellung handelt, die bewertungsrechtlich nicht zu einem Abzug führt. Es ist vielmehr ein Wertberichtigungsposten zu dem Ansatz der halbfertigen Arbeiten mit dem Reproduktionswert auf der Besitzseite. Es bestehen keine Bedenken dagegen, sondern es entspricht sogar der ständigen Verwaltungsübung, einen solchen Wertberichtigungsposten unmittelbar bei der Bewertung der Forderung usw. zu berücksichtigen (vgl. Abschn. 28 Abs. 5 VStR).

3. Der Grundsatz der Einzelbewertung, der nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch im Bewertungsrecht gilt (vgl. das grundlegende Urteil vom 12. Juli 1968 III 181/64, BFHE 93, 323, BStBl II 1968, 794), erfordert es, daß der Anspruch aus jedem einzelnen schwebenden Vertrag für sich bewertet wird. Der nach den obigen Grundsätzen unter Berücksichtigung des nicht realisierten Verlusts ermittelte Wert ist entgegen der Auffassung des FA der Teilwert eines solchen einzelnen Anspruchs. Er kann nicht mit nicht realisierten Gewinnen aus anderen schwebenden Verträgen saldiert werden. Das würde gegen den Grundsatz der Einzelbewertung verstoßen. Die Anweisung in Abschn.35 Abs. 2 VStR entbehrt deshalb der Rechtsgrundlage.

Fundstellen

  • Haufe-Index 70925
  • BStBl II 1974, 508
  • BFHE 1974, 411

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?

Jetzt kostenlos 4 Wochen testen

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Produktempfehlung
haufe-product

    Meistgelesene Beiträge
    • Checkliste Jahresabschluss 2025 / 12.1.1 Prüfungsauftrag
      2
    • Steuer Check-up 2025 / 2.12.3 Grunderwerbsteuer auch bei Treuhandverhältnissen
      2
    • AO-Handbuch, Anhang zur amtlichen Handausgabe 2024
      1
    • Bertram/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz Kommentar, HGB ... / 2.2 Angaben zu den Posten des Konzernabschlusses
      1
    • Bertram/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz Kommentar, HGB ... / 4 Ausweis von Unterschiedsbeträgen aus der Erstkonsolidierung (Abs. 3)
      1
    • Eigenbelege: Der richtige Umgang mit Eigenbelegen und Er ... / 5 Ersatzbeleg/Notbeleg für nicht mehr vorhandene Belege
      1
    • Erwerbergruppe mit gleichgerichteten Interessen
      1
    • Geschenke / 5 Wertbestimmung
      1
    • Mietvertrag bei Angehörigen nach Grundstücksverkauf
      1
    • Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG § 12 Abs. 2 Nr. 7d [Zirku ... / 1.3 Kein Wahlrecht zwischen Steuerbefreiung und Steuerpflicht
      1
    • Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG § 22d Steuernummer und zu ... / 2 Steuernummer und USt-IdNr.
      1
    • Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG § 6a Innergemeinschaftlic ... / 4.8 Versagung der Steuerbefreiung bei Beteiligung an einer Steuerhinterziehung
      1
    Weitere Inhalte finden Sie u.a. in folgendem Produkt Haufe Finance Office Premium
    Top-Themen
    Downloads
    Zum Haufe Shop
    Produktempfehlung


    Zum Thema Finance
    Gut gerüstet für das Financial Reporting: IFRS visuell
    IFRS visuell
    Bild: Haufe Shop

    Orientierung durch klar strukturierte Darstellung: Der bewährte Band bietet einen leicht verständlichen Zugang zu den zunehmend komplexer werdenden Standards und ermöglicht eine vertiefende Einarbeitung in die IASB-Rechnungslegung.


    Bewertungsgesetz
    Bewertungsgesetz

    §§ 1 - 16 Erster Teil: Allgemeine Bewertungsvorschriften § 1 Geltungsbereich  (1) Die allgemeinen Bewertungsvorschriften (§§ 2 bis 16) gelten für alle öffentlich-rechtlichen Abgaben, die durch Bundesrecht geregelt sind, soweit sie durch Bundesfinanzbehörden ...

    4 Wochen testen


    Newsletter Finance
    Newsletter Steuern und Buchhaltung

    Aktuelle Informationen aus den Bereichen Steuern und Buchhaltung frei Haus - abonnieren Sie unseren Newsletter:

    • Für Praktiker im Rechnungswesen
    • Buchhaltung und Lohnbuchhaltung
    • Alles rund um betriebliche Steuern
    Pflichtfeld: Bitte geben Sie eine gültige E-Mail Adresse ein.
    Bitte bestätigen Sie noch, dass Sie unsere AGB und Datenschutzbestimmungen akzeptieren.
    Haufe Fachmagazine
    Themensuche
    A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
    Zum Finance Archiv
    Haufe Group
    Haufe People Operations Haufe Fachwissen Haufe Onlinetraining Haufe HR-Software Haufe Digitale Personalakte Lexware rudolf.ai - Haufe meets AI
    Weiterführende Links
    RSS Newsletter FAQ Mediadaten Presse Editorial Code of Conduct Redaktionsrichtlinie zum KI-Einsatz Netiquette Sitemap Buchautor:in werden bei Haufe
    Kontakt
    Kontakt & Feedback AGB Cookie-Einstellungen Compliance Datenschutz Impressum
    Haufe Rechnungswesen Shop
    Rechnungswesen Produkte Buchführung Software und Bücher Bilanzierung & Jahresabschluss Lösungen Produkte zu Kostenrechnung Produkte zur IFRS-Rechnungslegung Haufe Shop Buchwelt

      Weitere Produkte zum Thema:

      × Profitieren Sie von personalisierten Inhalten, Angeboten und Services!

      Unser Ziel ist es, Ihnen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Website anzubieten. Um Ihnen relevante und nützliche Inhalte, Angebote und Services präsentieren zu können, benötigen wir Ihre Einwilligung zur Nutzung Ihrer Daten. Wir nutzen den Service eines Drittanbieters, um Ihre Aktivitäten auf unserer Website zu analysieren.

      Mit Ihrer Einwilligung profitieren Sie von einem personalisierten Website-Erlebnis und Zugang zu spannenden Inhalten, die Sie informieren, inspirieren und bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

      Wir respektieren Ihre Privatsphäre und schützen Ihre Daten. Sie können sich jederzeit darüber informieren, welche Daten wir erheben und wie wir sie verwenden. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Passen Sie Ihre Präferenzen dafür in den Cookie-Einstellungen an.

      Mehr Informationen Nein, Danke Akzeptieren