Sie verwenden eine veraltete Browser-Version. Dies kann unter Umständen zu Einschränkungen in der Funktion sowie Darstellung führen. Daher empfehlen wir Ihnen, einen aktuellen Browser wie z.B. Microsoft Edge zu verwenden.
Personal
Steuern
Finance
Immobilien
Controlling
Themen
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Haufe.de
Shop
Service & Support
Newsletter
Kontakt & Feedback
Login

Personal Steuern Finance Immobilien Controlling Öffentlicher Dienst Recht Arbeitsschutz Sozialwesen
Immobilien
Controlling
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Themen

BGH Urteil vom 27.02.2002 - IV ZR 238/00 (veröffentlicht am 27.02.2002)

Sie haben bereits ein Haufe Produkt? Hier anmelden
 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Unfallversicherung. Anspruch auf Invaliditätsleistung. Verjährung. Fälligkeit. Leistungsablehnung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Leistungsablehnung des Versicherers bewirkt nur, daß der ihm zur Prüfung seiner Leistungspflicht eingeräumte Aufschub endet, nicht aber, daß ein noch nicht entstandener Anspruch fällig wird.

 

Normenkette

VVG § 12 Abs. 1; AVB f. Unfallvers. (AUB 88) § 7 I (1)

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg

OLG Naumburg

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 31. August 2000 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Leistungen aus einer Unfallversicherung, der Allgemeine Unfallversicherungs-Bedingungen (AUB 88) zugrunde liegen. Die Beklagte hat sich auf Verjährung berufen.

Am 11. Oktober 1994 erlitt die Klägerin bei einem Verkehrsunfall erhebliche Verletzungen. Sie übersandte der Beklagten Ende Oktober 1994 einen Unfallbericht. Mit Schreiben vom 4. November 1994 lehnte die Beklagte Leistungen aus der Unfallversicherung ab, weil die Klägerin mit rückständigen Prämien im Verzug und der Versicherungsfall nach Ablauf der in der Mahnung gesetzten Frist von zwei Wochen eingetreten sei.

Die Klägerin trägt vor, der Eintritt unfallbedingter Invalidität sei am 22. August 1995 ärztlich festgestellt worden. Ende September 1995 habe sie die Invalidität gegenüber der Beklagten schriftlich geltend gemacht. Verhandlungen zwischen dem Rechtsanwalt der Klägerin und der Beklagten in der Zeit von Mitte 1996 bis März 1997 blieben ergebnislos, weil die Beklagte an der Leistungsfreiheit wegen Prämienverzugs festhielt. Im September 1997 erhielt die Klägerin von ihrem Anwalt die Mitteilung, er habe den Vorgang abgeschlossen, weil er die Ansprüche nicht für durchsetzbar halte. Am 26. August 1998 reichte die Klägerin Klage auf Zahlung von 200.000 DM Invaliditätsleistung und 6.550 DM Krankenhaustagegeld und Genesungsgeld ein.

In den Vorinstanzen hatte die Klage keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt die Klägerin den Anspruch auf die Invaliditätsleistung weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis mit Recht angenommen, daß auch der Anspruch auf die Invaliditätsleistung verjährt ist.

1. Dem Berufungsgericht kann allerdings nicht darin gefolgt werden, daß der Anspruch der Klägerin auf die Invaliditätsleistung mit Zugang des Ablehnungsschreibens der Beklagten vom 4. November 1994 fällig geworden sei und die Verjährung mit dem Schluß des Jahres 1994 begonnen habe. Die Revision weist zutreffend darauf hin, daß die Voraussetzungen für die Entstehung dieses Anspruchs im Jahr 1994 noch gar nicht eingetreten waren und der Anspruch demgemäß noch nicht fällig werden konnte.

a) Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs auf die Invaliditätsleistung ist neben dem Unfall, der den Versicherungsfall darstellt, nach § 7 I (1) AUB 88 (ebenso nach § 8 II (1) AUB 61), daß unfallbedingt Invalidität eingetreten ist, und zwar innerhalb eines Jahres nach dem Unfall, und daß dies spätestens vor Ablauf einer Frist von weiteren drei Monaten ärztlich festgestellt worden ist (BGH, Urteil vom 28. Juni 1978 – IV ZR 7/77 – VersR 1978, 1036 unter 1; BGHZ 137, 174, 176 ff.).

Diese Voraussetzungen lagen bis zum Ende des Jahres 1994 noch nicht vor. Ob der Unfall vom 11. Oktober 1994 zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit der Klägerin geführt hatte oder führen würde, war nicht abzusehen. Ebenso gab es keine ärztliche Feststellung unfallbedingter Invalidität. Diese ist nach Behauptung der Klägerin erst im August 1995 getroffen worden.

b) Nach § 198 Satz 1 BGB (in der hier noch anzuwendenden früheren Fassung) beginnt die Verjährung eines Anspruchs im Zeitpunkt seiner erstmaligen Entstehung. Hierunter ist der Zeitpunkt zu verstehen, in welchem der Anspruch erstmalig geltend gemacht und notfalls im Wege der Klage durchgesetzt werden kann (BGH, Urteil vom 17. Dezember 1999 – V ZR 448/98 – NJW-RR 2000, 647 unter II 2 c). Vorher kann die Verjährung nicht beginnen. § 12 Abs. 1 Satz 2 VVG weicht davon nur insoweit und zugunsten des Versicherungsnehmers ab, als für den Beginn der Verjährung nicht schon die Entstehung des Anspruchs, sondern erst seine Fälligkeit in dem Sinne maßgebend ist, daß nicht nur auf Feststellung, sondern auf sofortige Leistung geklagt werden kann (BGH, Urteile vom 20. Januar 1955 – II ZR 108/54 – VersR 1955, 97; vom 23. Juni 1954 – II ZR 69/54 – VersR 1954, 388 unter I 1; vom 4. November 1987 – IVa ZR 141/86 – VersR 1987, 1235 unter 3 und vom 14. April 1999 – IV ZR 197/98 – VersR 1999, 706 unter 2 a m.w.N.). Bei einem Anspruch auf Invaliditätsentschädigung ist Voraussetzung für die Leistungsklage nicht nur, daß es die in § 7 I AUB 88 geforderte fristgerechte ärztliche Invaliditätsfeststellung objektiv gibt; vielmehr muß der Versicherungsnehmer davon auch Kenntnis haben. Nach einem Unfall gibt es oft zahlreiche ärztliche Stellungnahmen und Gutachten zur Frage unfallbedingter Invalidität, von denen der Versicherungsnehmer nicht immer alle kennt. Es ist nicht gerechtfertigt, für die Fälligkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 2 VVG, von der der Beginn der Verjährung abhängt, auf eine dem Versicherungsnehmer unbekannte ärztliche Feststellung abzuheben (vgl. auch BGH, Urteil vom 19. Januar 1994 – IV ZR 117/93 – VersR 1994, 337 unter 2 b und BGHZ 73, 363, 365 ff.).

c) Allerdings gibt es zugunsten des Versicherers besondere Fälligkeitsregelungen. Nach § 11 Abs. 1 VVG ist die Fälligkeit bis zur Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistung des Versicherers nötigen Erhebungen aufgeschoben. Darüber hinausgehend enthält § 11 I bis III AUB 88 weitere Fälligkeitsregelungen zugunsten des Versicherers. Diese betreffen aber nur den Fall der positiven Entscheidung über den vom Versicherungsnehmer erhobenen Anspruch (BGH, Urteil vom 22. März 2000 – IV ZR 233/99 – VersR 2000, 753 unter 2 c). Dies gilt jedenfalls insoweit, als es um die Feststellungen zum Versicherungsfall und zum Umfang der Leistungspflicht geht. Davon abgesehen richtet sich die Fälligkeit bei Leistungsablehnung nach § 11 Abs. 1 VVG. Mit der Leistungsablehnung stellt der Versicherer klar, daß keine weiteren Feststellungen zur Entschließung über den erhobenen Anspruch erforderlich sind; dann aber besteht kein Grund, die Fälligkeit weiter hinauszuschieben (Senatsurteil vom 22. März 2000 aaO). Die Leistungsablehnung bewirkt demgemäß nur, daß der dem Versicherer zur Prüfung seiner Leistungspflicht eingeräumte Aufschub endet, nicht aber, daß ein noch gar nicht entstandener Anspruch fällig wird (vgl. zum Eintritt des Verzugs bei Erfüllungsverweigerung schon vor Fälligkeit Staudinger/Löwisch [2001] § 284 Rdn 77).

2. Der Anspruch auf die Invaliditätsleistung ist aber im Jahr 1995 fällig geworden, so daß die Verjährung mit dem Schluß dieses Jahres begonnen hat und mit Ablauf des Jahres 1997 eingetreten ist.

Die Voraussetzungen für eine Klage auf sofortige Leistung lagen 1995 vor. Nach dem Vortrag der Klägerin wußte sie, daß Ende August 1995 unfallbedingte Invalidität eingetreten und ärztlich festgestellt worden war. Einer Geltendmachung der Invalidität und einer erneuten Leistungsablehnung danach bedurfte es wegen der Leistungsablehnung vom 4. November 1994 nicht mehr. Denn die Leistungsablehnung vom 4. November 1994 hat die Fälligkeit in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem alle übrigen Voraussetzungen für das klageweise Geltendmachen des Anspruchs eingetreten waren. Die Beklagte hatte Leistungen aus der Unfallversicherung endgültig und umfassend wegen Leistungsfreiheit nach § 39 Abs. 2 VVG abgelehnt. Damit hatte sie unmißverständlich klargestellt, daß ihre Feststellungen zum Versicherungsfall beendet sind und weitere Feststellungen zu einzelnen Leistungsarten von vornherein nicht in Betracht kommen. Bei einer so gearteten Leistungsablehnung kommt es für die Fälligkeit auf Mitwirkungshandlungen des Versicherungsnehmers wie die Geltendmachung der Invalidität und das Beibringen von Unterlagen i.S. von § 11 I Abs. 1 AUB 88 nicht mehr an. Die Fälligkeit durch Leistungsablehnung wirkt einheitlich für und gegen beide Seiten und nicht nur zugunsten des Versicherungsnehmers.

Auf die von der Revision angesprochene Frist von einem Jahr nach Eintritt des Unfalls gemäß § 11 II Abs. 2 AUB 88 kommt es nicht an. Diese Frist war Mitte Oktober 1995 abgelaufen und steht dem Beginn der Verjährung mit Ablauf des Jahres 1995 damit nicht entgegen.

 

Unterschriften

Terno, Dr. Schlichting, Seiffert, Dr. Kessal-Wulf, Felsch

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 27.02.2002 durch Fritz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 713639

BGHR 2002, 492

NJW-RR 2002, 893

Nachschlagewerk BGH

DAR 2002, 264

MDR 2002, 878

NVersZ 2002, 308

NZV 2002, 227

VersR 2002, 472

ZfS 2002, 397

PVR 2002, 378

RdW 2002, 337

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?

Jetzt kostenlos 4 Wochen testen

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene Beiträge
  • Grenzabstand für Bäume, Sträucher und Hecken / 4 Wie groß sind die Grenzabstände?
    1.879
  • Abfall, Müll und Verwahrlosung im Nachbarrecht
    221
  • Grenzabstand für Bäume, Sträucher und Hecken / 8 Die Ausschlussfrist für den Beseitigungs- und Rückschnittsanspruch
    204
  • Grenzabstand für Bäume, Sträucher und Hecken / 4.6 Niedersachsen
    134
  • Grenzabstand für Bäume, Sträucher und Hecken / 4.1 Baden-Württemberg
    113
  • Grenzabstand für Bäume, Sträucher und Hecken / 4.12 Schleswig-Holstein
    104
  • Geh- und Fahrrecht
    90
  • Abfall, Müll und Verwahrlosung im Nachbarrecht / 1 Lagerung von Müll/Abfall auf dem Nachbargrundstück
    73
  • Grenzabstand für Bäume, Sträucher und Hecken / 4.8 Rheinland-Pfalz
    66
  • Wärmepumpen / 6.2 Absetzbare Kosten bei der Einkommenssteuer für Gebäudesanierung
    63
  • Grenzabstand für Bäume, Sträucher und Hecken
    53
  • Gerüche aus der Nachbarschaft / 2.7 Rauchen auf dem Balkon
    49
  • Grenzabstand für Bäume, Sträucher und Hecken / 4.5 Hessen
    44
  • Gebäudeeinsturz und herabfallende Gebäudeteile (Verkehrssicherung)
    42
  • Mietrecht (ZertVerwV) / 3.2 Kündigung aus wichtigem Grund
    38
  • Grenzabstand für Bäume, Sträucher und Hecken / 4.13 Thüringen
    36
  • Schlichtungsverfahren bei Nachbarstreitigkeiten
    36
  • Betretungsrechte im Nachbarrecht
    35
  • Grenzabstand für Bäume, Sträucher und Hecken / 5 Messen der Grenzabstände
    31
  • Verkehrssicherungspflichten des Grundstückseigentümers / 1.5 Geschützter Personenkreis
    29
Weitere Inhalte finden Sie u.a. in folgendem Produkt VerwalterPraxis Gold
Top-Themen
Downloads
Zum Haufe Shop

Produktempfehlung


Zum Thema Immobilien
Haufe Shop: Wertermittlung von Immobilien und Grundstücken
Wertermittlung von Immobilien und Grundstücken
Bild: Haufe Shop

Die Wertermittlung soll den aktuellen Verkehrswert eines bebauten oder unbebauten Grundstücks feststellen und ihn so darlegen, dass die einzelnen Schritte und das Ergebnis nachvollziehbar und nachprüfbar sind. Dieses Buch zeigt Ihnen alle notwendigen Schritte, um ein fundiertes Gutachten zu erstellen.


BGH IV ZR 40/01
BGH IV ZR 40/01

  Entscheidungsstichwort (Thema) Verjährungsbeginn von Ansprüchen aus Unfallversicherung. Invaliditätsleistungen. Unterlassene Mitwirkungshandlungen  Leitsatz (amtlich) Die Verjährung von Ansprüchen auf Invaliditätsleistungen aus einer Unfallversicherung ...

4 Wochen testen


Newsletter Immobilien
Bild: Haufe Online Redaktion
Newsletter ImmobilienVerwaltung

Aktuelle Informationen aus dem Bereich Immobilienverwaltung frei Haus - abonnieren Sie unseren Newsletter:

  • Rechtsprechung
  • Miet- und Wohnungseigentumsrecht
  • energetische Sanierung
Pflichtfeld: Bitte geben Sie eine gültige E-Mail Adresse ein.
Sie müssen den AGB zustimmen
Haufe Fachmagazine
Zum Immobilien Archiv
Themensuche A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z #
Haufe Group
L'Immo-Podcast: Alle Folgen
Haufe Onlinetraining
Haufe HR-Software
Haufe Digitale Personalakte
Haufe Akademie
rudolf.ai - Haufe meets AI
Weiterführende Links
RSS
Newsletter
FAQ
Mediadaten
Presse
Editorial Code of Conduct
Redaktionsrichtlinie zum KI-Einsatz
Netiquette
Sitemap
Buchautor:in werden bei Haufe
Kontakt

Kontakt & Feedback
AGB

Compliance
Datenschutz
Impressum
Haufe Immobilien Shop
Immobilien Lösungen
Immobilien-Verwaltung Produkte
Wohnungswirtschaft Lösungen
Private Vermietung Produkte
Alle Immobilien Produkte
 

    Weitere Produkte zum Thema:

    × Profitieren Sie von personalisierten Inhalten, Angeboten und Services!

    Unser Ziel ist es, Ihnen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Website anzubieten. Um Ihnen relevante und nützliche Inhalte, Angebote und Services präsentieren zu können, benötigen wir Ihre Einwilligung zur Nutzung Ihrer Daten. Wir nutzen den Service eines Drittanbieters, um Ihre Aktivitäten auf unserer Website zu analysieren.

    Mit Ihrer Einwilligung profitieren Sie von einem personalisierten Website-Erlebnis und Zugang zu spannenden Inhalten, die Sie informieren, inspirieren und bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

    Wir respektieren Ihre Privatsphäre und schützen Ihre Daten. Sie können sich jederzeit darüber informieren, welche Daten wir erheben und wie wir sie verwenden. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Passen Sie Ihre Präferenzen dafür in den Cookie-Einstellungen an.

    Mehr Informationen Nein, Danke Akzeptieren