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BGH Urteil vom 16.03.1988 - IVa ZR 163/87

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufnahme

 

Normenkette

ZPO §§ 239, 241, 243

 

Tatbestand

Der Kläger und der Beklagte zu 2 sind Brüder, die frühere Beklagte zu 1 war eine Schwester ihres Vaters. Der Vater der früheren Beklagten zu 1 (Großvater der beiden Brüder) hinterließ unter anderem ein 2.35.50 ha großes Grundstück nebst Wohnhaus am Schliersee. Dieses gelangte nach mehreren Erbfolgen an die (ursprünglichen) Parteien des Rechtsstreits, und zwar so, daß die beiden Brüder daran wirtschaftlich zu je einem Viertel und ihre Tante zur Hälfte beteiligt waren. Zwischen den Geschwistern kam es zu erheblichen Spannungen. Durch Erbvertrag vom 3. Juli 1979 zwischen den (ursprünglichen) Parteien vermachte die frühere Beklagte zu 1 ihren beiden Neffen ihre Anteile an den ungeteilten Nachlässen nach ihrem Vater und nach ihrem unverheirateten Bruder Franz. Diesen Erbvertrag fochten die Beklagten zu 1 und 2 an. Der Kläger hält beide Anfechtungen für unwirksam und den Erbvertrag mit dem Vermächtnis (auch) zu seinen Gunsten für nach wie vor wirksam. Seiner Klage gegen den Beklagten zu 2 auf Feststellung der Unwirksamkeit der von diesem erklärten Anfechtung hat das Landgericht durch rechtskräftiges Teilurteil stattgegeben. Dagegen haben Landgericht und Oberlandesgericht die gegen die frühere Beklagte zu 1 gerichtete Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit ihrer Anfechtung abgewiesen, weil die Beklagte zu 1 den Erbvertrag mit Erfolg angefochten habe. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers. Die Beklagte zu 1 ist während des Revisionsverfahrens verstorben; für sie hatte sich ein beim Revisionsgericht zugelassener Rechtsanwalt bis dahin noch nicht bestellt.

Als angebliche Erben der verstorbenen Beklagten zu 1 haben sich der Diplomphysiker Werner Otto B. und das minderjährige Kind Franz D., gesetzlich vertreten durch seine Eltern, gemeldet und gemäß §§ 239 Abs. 1, 250 ZPO die Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens erklärt. Der Kläger hat die behauptete Erbfolge mit Nichtwissen bestritten. Er hält diese Aufnahme auch deshalb für unwirksam, weil nach der früheren Beklagten zu 1 Testamentsvollstreckung bestehe und weil der Rechtsstreit deshalb nicht gegen die Erben, sondern gegen den Testamentsvollstrecker fortzusetzen sei.

Der Kläger hat gemäß §§ 243, 241 ZPO erklärt, das Verfahren solle auch gegen den Testamentsvollstrecker fortgesetzt werden. Der Testamentsvollstrecker tritt dem entgegen, weil er nur für einen Teil des Nachlasses zum Testamentsvollstrecker bestellt sei. Hilfsweise beantragt er, ihn aus dem Rechtsstreit zu entlassen.

 

Entscheidungsgründe

Zutreffend gehen alle Beteiligten davon aus, daß der Rechtsstreit durch den Tod der früheren Beklagten zu 1 gemäß § 239 Abs. 1 ZPO unterbrochen worden ist. Diese Rechtsfolge war nicht durch § 246 Abs. 1 ZPO ausgeschlossen, weil die Beklagte zu 1 vor dem Revisionsgericht nicht im Sinne dieser Vorschrift vertreten war (BGHZ 2, 227, 229 und ständig). Das unterbrochene Verfahren ist aber inzwischen rechtswirksam aufgenommen worden.

1.

Die formal einwandfreie und ordnungsmäßig zugestellte Aufnahmeerklärung durch die Erben ist wirksam. Die vom Kläger mit Nichtwissen bestrittene Erbfolge nach der früheren Beklagten zu 1 ist durch den vorgelegten Erbschein in Verbindung mit dem Testament vom 17. Juni 1985 unbedenklich nachgewiesen.

Die Bedenken des Klägers, das aufnehmende Kind sei durch seine Eltern im Hinblick auf §§ 1638, 1909 BGB nicht wirksam vertreten, sind nicht begründet. Eine Anordnung nach § 1638 Abs. 1 BGB, durch die die frühere Beklagte zu 1 die Eltern des Kindes von der Vermögenssorge wegen des ihm zugewendeten Erbteils völlig ausschlösse, liegt nicht vor. Die bloße Anordnung einer Testamentsvollstreckung, wie sie hier gegeben ist, reicht für eine solche Annahme nicht aus. Auch die vom Kläger verlangte Prozeßvollmacht für die Erben liegt vor.

Aber auch die §§ 243, 241 ZPO stehen der Aufnahme des Verfahrens durch die Erben nicht im Wege.

Das Verhältnis von §§ 243, 241 ZPO einerseits und § 239 ZPO andererseits im Falle der Testamentsvollstreckung ist weder in der Rechtsprechung noch im Schrifttum hinreichend geklärt. BGB-RGRK-Kregel, 12. Aufl. § 2213 Rdn. 2 läßt die Aufnahme durch den Erben und den Testamentsvollstrecker nebeneinander zu. Demgegenüber kann sich der Kläger auf Baumbach/Hartmann, ZPO 46. Aufl. § 243 Anm. 1 A und Zöller/Stephan, ZPO 15. Aufl. § 243 Rdn. 1 berufen, die eine Aufnahme nur gemäß § 241 ZPO, also nur durch und gegen den Testamentsvollstrecker und nicht auch gemäß § 239 ZPO zulassen. Auch Stein/Jonas/Schumann, ZPO 20. Aufl. § 243 Rdn. 1 und AK - ZPO/Ankermann Rdn. 1 scheinen der Auffassung zu sein, § 243 ZPO schließe die Aufnahme nach § 239 ZPO durch den Erben aus. Das ist für Aktivprozesse im Grundsatz richtig, weil für sie gemäß § 2212 BGB im allgemeinen nur der Testamentsvollstrecker Prozeßführungsbefugnis hat und dadurch die Erben von der Aufnahme des Verfahrens ausschließt. Das kann jedoch nicht unbesehen auf Passivprozesse übertragen werden.

Wie im Aufnahmeverfahren zutreffend hervorgehoben worden ist, geht es dem Kläger mit seiner Feststellungsklage nur formal um die Verteidigung des Erbvertrages, der Sache nach aber um das dort (auch) zu seinen Gunsten ausgesetzte Vermächtnis. Ein derartiges Verfahren stellt sich aus der Sicht des Nachlasses als Passivprozeß im Sinne von § 2213 BGB dar. Prozesse dieser Art können gemäß § 2213 BGB sowohl gegen die Erben als auch gegen den Testamentsvollstrecker als auch gegen beide geführt werden, und zwar jedenfalls mit einem Zahlungsantrag gegen die Erben und einem Duldungsantrag gegen den Testamentsvollstrecker oder mit einem Feststellungsantrag gegen beide. Das zeigt, daß die Prozeßführungsbefugnis der Erben für Passivprozesse durch eine Testamentsvollstreckung nicht eingeschränkt ist. Es besteht daher kein Grund, sie an der Aufnahme des Verfahrens zu hindern. Die Frage nach der Wirksamkeit des Erbvertrages und der dort ausgesetzten Vermächtnisse berührt die Interessen der Erben mindestens so stark wie diejenigen des Testamentsvollstreckers. Ihnen die selbständige Verteidigung des zu ihren Gunsten ergangenen Berufungsurteils von vornherein abzuschneiden, wäre nicht zu rechtfertigen. Die Erben rücken daher, da die Rechtsstellung einer Partei im Zivilprozeß vererblich ist, kraft Gesetzes anstelle des Erblassers in das Prozeßrechtsverhältnis ein (vgl. z. B. MünchKomm/Leipold § 1922 Rdn. 81).

2.

Auf der anderen Seite kann dem Kläger ebensowenig verwehrt werden, den Testamentsvollstrecker auch gegen seinen Willen in das laufende Verfahren hineinzuziehen.

Ist im Falle der Unterbrechung des Verfahrens durch den Tod einer Partei ein zur Führung des Rechtsstreits berechtigter Testamentsvollstrecker vorhanden, dann sind gemäß § 243 ZPO bei der Aufnahme des Verfahrens die Vorschriften des § 241 ZPO anzuwenden. Das bedeutet, daß in Fällen dieser Art zum Zweck der Aufnahme des Verfahrens der Testamentsvollstrecker seine Bestellung oder der Gegner seine Absicht, das Verfahren gegen den Testamentsvollstrecker fortzusetzen, dem Gericht anzeigen kann und das Gericht die Anzeige von Amts wegen zustellt.

Die Auffassung des Testamentsvollstreckers, er sei nicht prozeßführungsbefugt, weil er nicht für den ganzen Nachlaß, sondern nur für einen Teil davon zuständig sei, teilt der erkennende Senat nicht.

Der Kläger berühmt sich eines Vermächtnisanspruchs gegen den Nachlaß auf Übertragung von Anteilen der früheren Beklagten zu 1 an den Nachlässen ihres Vaters und ihres Bruders Franz. Würde der Kläger mit seinem Feststellungsantrag gegen die Erben der Beklagten zu 1 obsiegen, dann hülfe ihm das im Hinblick auf die angeordnete Testamentsvollstreckung noch wenig. Da - auch nach der Auffassung des Testamentsvollstreckers - jedenfalls diese beiden Erbteile seiner Verwaltung unterliegen, wäre dazu auch eine entsprechende Feststellung gegenüber dem Testamentsvollstrecker nötig (vgl. § 748 Abs. 2 ZPO). Dafür fehlt dem in Anspruch genommenen Testamentsvollstrecker, auch wenn ihm nur die Verwaltung einzelner Nachlaßgegenstände zustehen sollte, die Prozeßführungsbefugnis (§ 2213 Abs. 3 BGB) ebensowenig wie für eine entsprechende Duldungsklage. Die frühere Beklagte zu 1 hat es dem Testamentsvollstrecker sogar ausdrücklich zur Aufgabe gemacht, den vorliegenden Rechtsstreit bis zur Rechtskraft zu fördern.

3.

Ein Grund, den in Anspruch genommenen Testamentsvollstrecker aus dem Rechtsstreit zu entlassen, ist nicht gegeben. Der dahingehende Antrag des Testamentsvollstreckers ist daher zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1456302

NJW 1988, 1390

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