Sie verwenden eine veraltete Browser-Version. Dies kann unter Umständen zu Einschränkungen in der Funktion sowie Darstellung führen. Daher empfehlen wir Ihnen, einen aktuellen Browser wie z.B. Microsoft Edge zu verwenden.
Personal
Steuern
Finance
Immobilien
Controlling
Themen
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Haufe.de
Shop
Service & Support
Newsletter
Kontakt & Feedback
Login

Personal Steuern Finance Immobilien Controlling Öffentlicher Dienst Recht Arbeitsschutz Sozialwesen
Immobilien
Controlling
Öffentlicher Dienst
Recht
Arbeitsschutz
Sozialwesen
Sustainability
Themen

BGH Beschluss vom 10.05.2023 - 4 StR 515/22

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen

Verfahrensgang

LG Essen (Entscheidung vom 06.09.2022; Aktenzeichen 26 KLs 22/22)

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 6. September 2022

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des versuchten schweren Raubes in Tateinheit mit Diebstahl und mit Freiheitsberaubung schuldig ist, und

b) im Strafausspruch aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

Rz. 1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten erpresserischen Menschenraubs in Tateinheit mit versuchtem schweren Raub und mit Diebstahl zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg und ist im Übrigen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Rz. 2

1. Die Formalrüge ist nicht ausgeführt und deshalb unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

Rz. 3

2. Der Schuldspruch hält der auf die Sachrüge gebotenen rechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.

Rz. 4

a) Nach den Feststellungen verschafften sich der Angeklagte und ein Begleiter unter einem Vorwand Zutritt zu dem Wohnhaus der Geschädigten. Während der Angeklagte mit der Geschädigten sprach, entwendete der Begleiter im Einverständnis mit dem Angeklagten Schmuck aus einem anderen Zimmer des Hauses. Als die Geschädigte bemerkte, dass die Angaben des Angeklagten, aufgrund deren sie die Männer ins Haus gelassen hatte, unwahr waren, fesselte der Angeklagte sie an einen Stuhl, um sie dazu zu bringen, ihm aus Sorge um ihr Wohl das Versteck des Tresorschlüssels zu nennen, mit welchem er den Tresor öffnen und das darin befindliche Bargeld entwenden wollte. Die Geschädigte erklärte sich unter dem Eindruck der Fesselung bereit, dem Angeklagten den Tresorschlüssel zu geben. Nachdem der Angeklagte hierauf die Fesseln gelöst hatte, zeigte sie ihm den Aufbewahrungsort des Schlüssels, wobei der körperlich überlegene Angeklagte sie begleitete, damit sie nicht fliehen konnte. Der Tresor ließ sich mit dem Schlüssel aber nicht öffnen und der Angeklagte sah keine Möglichkeit mehr, an das Bargeld zu gelangen. Er sperrte die Geschädigte in ein Badezimmer ihres Hauses ein und verließ mit seinem Begleiter unter Mitnahme des Schmucks das Haus.

Rz. 5

b) Die Verurteilung des Angeklagten wegen versuchten erpresserischen Menschenraubes wird von den Feststellungen nicht getragen. In einem Zwei-Personen-Verhältnis setzt der Tatbestand des § 239a Abs. 1 StGB voraus, dass der Täter die physische Herrschaftsgewalt über das Tatopfer gewonnen und dadurch eine stabile Bemächtigungslage geschaffen hat, welche er für eine Erpressung ausnutzt oder ausnutzen will. Dabei muss der stabilisierten Bemächtigungslage mit Blick auf die erstrebte Erpressung eine eigenständige Bedeutung zukommen, indem sich aus ihr eine Drucksituation für das Tatopfer ergibt, die über die in jeder mit Gewalt oder Drohungen verbundenen Nötigungshandlung liegende Beherrschungssituation hinausgeht. An dem erforderlichen funktionalen Zusammenhang fehlt es, wenn sich der Täter des Opfers durch Nötigungsmittel bemächtigt, die zugleich unmittelbar der beabsichtigten Erpressung dienen, wenn also Bemächtigungs- und Nötigungsmittel zusammenfallen (BGH, Beschluss vom 9. September 2015 - 4 StR 184/15, NStZ-RR 2015, 336, 337).

Rz. 6

Nach diesem Maßstab hatte der Angeklagte einen Tatentschluss zwar in Bezug auf den vom Landgericht angenommenen schweren Raub (§ 249, § 250 Abs. 1 Nr. 1 b) StGB), nicht aber auch hinsichtlich eines versuchten erpresserischen Menschenraubs gefasst, denn nach den Feststellungen sollte die Fesselung - ebenso wie die im Begleiten der Geschädigten liegende konkludente Androhung weiterer körperlicher Gewalt - der Ermöglichung der Wegnahme, mithin als Nötigungsmittel des Raubes, dienen.

Rz. 7

c) Indem der Angeklagte die Geschädigte in das Badezimmer einsperrte, verwirklichte er des Weiteren den Tatbestand der Freiheitsberaubung (§ 239 Abs. 1 StGB), der zu dem versuchten Raub und dem - mittäterschaftlich - verwirklichten Diebstahl ebenfalls im Verhältnis der Tateinheit steht.

Rz. 8

d) Der Senat ändert den Schuldspruch demgemäß entsprechend § 354 Abs. 1 StPO wie aus der Beschlussformel ersichtlich. Die Vorschrift des § 265 StPO steht nicht entgegen, denn der - zum äußeren Tatgeschehen geständige - Angeklagte hätte sich nicht anders als geschehen verteidigen können. Auch das Verschlechterungsverbot des § 358 StPO hindert die Ergänzung des Schuldspruchs um das tateinheitlich verwirklichte Delikt nach § 239 Abs. 1 StGB nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2022 - 1 StR 371/22 Rn. 5 mwN).

Rz. 9

3. Infolge der Schuldspruchänderung kann auch der Strafausspruch keinen Bestand haben, für den das Landgericht den Strafrahmen des § 239a Abs. 2 StGB zugrunde gelegt hat. Die zugehörigen Feststellungen werden von dem Rechtsfehler hingegen nicht betroffen und können daher bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Im Umfang der Aufhebung bedarf die Sache neuer Verhandlung und Entscheidung.

Rz. 10

4. Weitere Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung nicht ergeben.

Quentin

Bartel

Rommel

Maatsch

Messing

Fundstellen

  • Haufe-Index 15734802
  • NStZ 2023, 677
  • NStZ-RR 2023, 5
  • Jura 2023, 1481

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?

Jetzt kostenlos 4 Wochen testen

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene Beiträge
  • Jahresabrechnung / 1.4 Wann ist die Jahresabrechnung vorzulegen?
    7
  • § 22 Fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB) / I. Tathandlung: Körperliche Misshandlung und/oder Gesundheitsbeschädigung
    2
  • AGS 7/2016, Keine Mutwilligkeit, wenn Rechtswahrnehmung ... / 2 Aus den Gründen
    2
  • AGS 7/2017, Verfahrenswert eines Freistellungsanspruchs ... / 2 Aus den Gründen
    2
  • FF 01/2013, Illoyale Vermögensminderung und Zugewinnausg ... / Aus den Gründen:
    2
  • FoVo 06/2024, Die Rechte des miterbenden Schuldners in der Insolvenz
    2
  • zfs 03/2009, Problemfelder zum Punktesystem aus Sicht de ... / 2. Bindung an die rechtskräftige Entscheidung
    2
  • § 12 Erbengemeinschaft / 8. Prozesskostenhilferecht
    1
  • § 12 Produkthaftpflichtversicherung / (4) Sonstige Voraussetzungen
    1
  • § 12 Produkthaftpflichtversicherung / VIII. Zeitliche Begrenzung (Ziff. 7)
    1
  • § 16 Der Pflichtteil im Steuerrecht / 7. Besteuerung des Pflichtteils
    1
  • § 2 Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) / 2. Auf das Ausscheiden des Gesellschafters anwendbare Vorschriften
    1
  • § 2 Pflichten aus dem Anwaltsvertrag / bb) Rechtswahlklauseln
    1
  • § 2 Urheberrecht / 5. Schutz des Sendeunternehmens
    1
  • § 22 Handelsregister und Erbfolge / 1. Rechtsübergang in Erbengemeinschaft
    1
  • § 25 Mitbestimmungs- und Arbeitsrecht / 3. Grundsätze für Sozialplanabfindungen
    1
  • § 3 Testamentsgestaltung / ee) Behinderungen
    1
  • § 3 Trennung der Eheleute / 2. Verbindlichkeiten nach der Trennung und Scheidung
    1
  • § 41 Gebühren des Anwalts in Strafsachen
    1
  • § 5 Einstweiliger Rechtsschutz nach dem FamFG / II. Zuständigkeit
    1
Weitere Inhalte finden Sie u.a. in folgendem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium
Top-Themen
Downloads
Zum Haufe Shop
Produktempfehlung


Zum Thema Recht
Haufe Shop: Datenschutz- und IT-Recht
Datenschutz- und IT-Recht
Bild: Haufe Shop

Ob in Kanzleien, Unternehmen oder der öffentlichen Verwaltung – rechtliche Fragen im digitalen Umfeld sind überall. Wer mit Daten arbeitet, benötigt daher ein solides Verständnis für das Rechtsgebiet. Das Buch bietet einen praxisnahen und zugleich effizienten Einstieg anhand von 36 Beispielfällen.


BGH 6 StR 132/23
BGH 6 StR 132/23

  Verfahrensgang LG Rostock (Entscheidung vom 28.10.2022; Aktenzeichen 13 Ks 60/22 (1))   Tenor 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 28. Oktober 2022 a) dahin geändert, dass er im Fall II.1b) (2) ...

4 Wochen testen


Newsletter Recht
Newsletter Recht - Wirtschaftsrecht

Aktuelle Informationen aus dem Bereich Wirtschaftsrecht frei Haus - abonnieren Sie unseren Newsletter:

  • Handels- und Gesellschaftsrecht
  • Gewerblicher Rechtsschutz
  • Vertriebsrecht
Pflichtfeld: Bitte geben Sie eine gültige E-Mail Adresse ein.
Bitte bestätigen Sie noch, dass Sie unsere AGB und Datenschutzbestimmungen akzeptieren.
Haufe Fachmagazine
Themensuche
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
Zum Recht Archiv
Haufe Group
Haufe People Operations Haufe Fachwissen Haufe HR-Software Haufe Digitale Personalakte Advolux Haufe Onlinetraining rudolf.ai - Haufe meets AI
Weiterführende Links
RSS Newsletter FAQ Mediadaten Presse Editorial Code of Conduct Redaktionsrichtlinie zum KI-Einsatz Netiquette Sitemap Buchautor:in werden bei Haufe
Kontakt
Kontakt & Feedback AGB Cookie-Einstellungen Compliance Datenschutz Impressum
Haufe Shop Recht
Anwaltssoftware Anwaltliches Fachwissen Software Gesellschafts- & Wirtschaftsrecht Lösungen Alle Recht Produkte

    Weitere Produkte zum Thema:

    × Profitieren Sie von personalisierten Inhalten, Angeboten und Services!

    Unser Ziel ist es, Ihnen eine auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Website anzubieten. Um Ihnen relevante und nützliche Inhalte, Angebote und Services präsentieren zu können, benötigen wir Ihre Einwilligung zur Nutzung Ihrer Daten. Wir nutzen den Service eines Drittanbieters, um Ihre Aktivitäten auf unserer Website zu analysieren.

    Mit Ihrer Einwilligung profitieren Sie von einem personalisierten Website-Erlebnis und Zugang zu spannenden Inhalten, die Sie informieren, inspirieren und bei Ihrer täglichen Arbeit unterstützen.

    Wir respektieren Ihre Privatsphäre und schützen Ihre Daten. Sie können sich jederzeit darüber informieren, welche Daten wir erheben und wie wir sie verwenden. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Passen Sie Ihre Präferenzen dafür in den Cookie-Einstellungen an.

    Mehr Informationen Nein, Danke Akzeptieren