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BFH Urteil vom 25.11.1965 - V 173/63 U

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrecht/Abgabenordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Haftung nach § 116 Abs. 1 AO setzt die übereignung der wesentlichen Grundlagen eines Unternehmens oder eines gesondert geführten Betriebs voraus. Welches die wesentlichen Grundlagen sind, richtet sich nach den tatsächlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der übereignung.

 

Normenkette

AO § 116 Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Bf., der eine Kraftfahrzeug- Reparaturwerkstätte und Tankstelle unterhält und Kfz.-Großhändler ist, für Steuerschulden des früheren Inhabers des Kraftfahrzeug- Unternehmens, des Kaufmanns W., gemäß § 116 Abs. 1 AO haftet.

Der Kaufmann W. hatte neben der Kraftfahrzeug-Werkstätte und Tankstelle die Vertretung eines Kfz.-Herstellers X - AG) für den Bezirk A. über die Grundstücke des W. und deren Zubehör wurde am 23. Juli 1959 das Zwangsversteigerungsverfahren angeordnet. Am 24. Juli 1959 kündigte die X - AG den mit W. geschlossenen Großhändlervertrag. Am 28. Juli 1959 schloß der Bf. mit der X - AG einen selbständigen neuen Vertrag mit dem Recht der X - Vertretung für den oben angegebenen Bezirk. Am 29. Juli 1959 verpachtete der Zwangsverwalter die Kraftfahrzeug- Reparaturwerkstätte und Tankstelle samt den Einrichtungsgegenständen an den Bf.

Am 30. Oktober 1959 fand die Zwangsversteigerung der dem W. gehörigen Grundstücke mit Wohnhaus, Werkstätte, Nebengebäude, Maschinen und Außenanlagen - von einigen Zubehörstücken abgesehen - statt. Der Zuschlag wurde dem Bf. erteilt.

Das Finanzamt nahm den Bf. mit Haftungsbescheid vom 3. August 1960 für rückständige Umsatzsteuer April bis Juli 1959 sowie für nicht abgeführte Lohn- und Kirchenlohnsteuer Mai bis Juli 1959 mit der Begründung in Anspruch, er habe das Grundstück einschließlich Zubehör erworben und hafte deshalb nach § 116 AO in Verbindung mit § 419 BGB für die Steuerschulden des früheren Unternehmers W.

Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Mit der Rb. rügt der Bf. unrichtige Anwendung des § 116 AO. Er macht unter Bezugnahme auf sein bisheriges Vorbringen geltend: Die durch Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren erworbenen Gegenstände stellten nicht die wesentlichen Grundlagen des Unternehmens dar. Die einzige wesentliche Grundlage der vom Bf. betriebenen X-Werkstätte und X-Verkaufsstelle sei der zwischen ihm und der X - AG abgeschlossene Großhändlervertrag vom 28. Juli 1959. Da er das Verkaufsrecht für X - Fahrzeuge nicht von seinem Vorgänger erworben habe und auch nicht in dessen Vertrag, den dieser mit der X - AG hatte, eingetreten sei, sei das bisherige Unternehmen des W. nicht auf ihn übergegangen; daher müsse eine Haftung nach § 116 Abs. 1 AO ausscheiden.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet.

Wird ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im ganzen übereignet, so haftet der Erwerber neben dem früheren Unternehmer für Steuer, bei denen die Steuerpflicht sich auf den Betrieb des Unternehmens gründet, und für Steuerabzugsbeträge, die an das Finanzamt abzuführen waren (§ 116 Abs. 1 AO).

Die übereignung eines Unternehmens im ganzen ist nach ständiger Rechtsprechung schon dann zu bejahen, wenn die übereigneten Gegenstände die wesentlichen Grundlagen eines Unternehmens waren und geeignet sind, die wesentlichen Grundlagen für den Betrieb des Erwerbers zu bilden.

Die Entscheidung der Frage, welche Gegenstände die wesentlichen Grundlagen eines Unternehmens sind, liegt in erster Linie auf tatsächlichem Gebiet und richtet sich nach den tatsächlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der übereignung.

Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so haftet der Bf. nach § 116 Abs. 1 AO nur, wenn die von ihm erworbenen Gegenstände im Zeitpunkt der übereignung - das ist der 30. Oktober 1959, der Tag, an dem durch Erteilung des Zuschlags das Eigentum an den Gegenständen gemäß § 90 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung auf den Bf. übergegangen ist - die wesentlichen Grundlagen des bisherigen Unternehmens gewesen sind.

Das Finanzgericht hat die Bedeutung des Zeitpunkt der übereignung zwar nicht besonders hervorgehoben. Es ist aber bei seiner Entscheidung zutreffend von den tatsächlichen Verhältnissen ausgegangen, wie sie im Zeitpunkt der übereignung vorgelegen haben.

Nach den Feststellungen des Finanzgerichts sind durch den am 30. Oktober 1959 erteilten Zuschlag das Geschäftsgrundstück mit den Gebäuden, den Außenanlagen und betrieblichen Einrichtungen in das Eigentum des Bf. übergegangen. Diese Feststellung deckt sich auch mit dem Inhalt der Akten, insbesondere mit dem bei den Akten befindlichen Zuschlagsbeschluß. Das Finanzgericht konnte ohne Rechtsirrtum zu dem Ergebnis kommen, daß alle Grundlagen, die für den Betrieb des Unternehmers W. am Tage der übereignung wesentlich waren, auf den Bf. übergegangen sind. Denn außer unwesentlichen Zubehörstücken sind die gesamten Gegenstände des Unternehmens des W., so wie es am Tag der Zuschlagserteilung noch bestand, also ohne den Kraftfahrzeug-Handel, dem Bf. übereignet worden.

Die durch den Zuschlag zu Eigentum erworbenen Gegenstände waren auch geeignet, beim Bf. die wesentlichen Grundlagen seines Betriebs zu bilden. Der Bf. hat auch den Kraftfahrzeug- Reparaturbetrieb und die Tankstelle in derselben Form weitergeführt, in der er ihn vom 29. Juli bis 30. Oktober 1959 bereits pachtweise betrieben hat.

Soweit der Bf. auf die Bedeutung seiner mit der X - AG geschlossenen Großhändlervertrags hinweist und diesen als die einzige wesentliche Grundlage seines (jetzigen) Betriebs ansieht, verkennt er, daß für die Frage, ob das Geschäft des früheren Unternehmers im ganzen übereignet worden ist, nur die tatsächlichen Verhältnisse gegenüberzustellen sind, wie sie sich vor der übereignung beim früheren Unternehmer und nach der übereignung beim Erwerber darstellen. Das Unternehmen des W. bestand aber am 30. Oktober 1959 nur noch in der Verpachtung des Kraftfahrzeug-Reparaturbetriebs und der Tankstelle. Der frühere Unternehmer W. befaßte sich überhaupt nicht mehr mit dem Handel von X - Fahrzeugen. Er konnte dies auch nicht, denn das Recht hierzu war ihm bereits mehr als drei Monate vorher entzogen worden. Dieses Unternehmen hat der Bf. im ganzen zu Eigentum erworben. Es ist deshalb ohne Bedeutung, wenn sich der Bf. außerhalb dieses Unternehmens von sich aus und völlig selbständig auch noch den Großhändlervertrag mit der X - AG besorgt hat, um neben der gepachteten X - Werkstätte und Tankstelle auch noch den X - Verkauf betreiben zu können. Das Finanzgericht hat insoweit zu Recht ausgeführt, daß der Großhändlervertrag vom 28. Juli 1959 der Haftung nach § 116 Abs. 1 AO nicht entgegensteht. Hat der Bf. somit alle wesentlichen Grundlagen des Unternehmens des W. zu Eigentum erworben, so ist er zu Recht wegen der Steuerrückstände des W. in Anspruch genommen worden. Die Haftung des Bf. kann aber nicht noch zusätzlich auf § 419 BGB gestützt werden, wie es das Finanzamt angenommen hat. Denn die Anwendung des § 419 BGB ist bei Erwerb in der Zwangsversteigerung immer ausgeschlossen, da § 419 BGB eine Vermögensübernahme durch Vertrag voraussetzt.

 

Fundstellen

BStBl III 1966, 333

StRK, AO:116 R 23

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