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BFH Beschluss vom 10.12.1986 - I B 121/86

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Leitsatz (amtlich)

1. § 69 Abs.3 i.V.m. Abs.2 FGO gestattet es den FG, die Vollziehung eines Steuerbescheides mit der Maßgabe aufzuheben, daß in der Vergangenheit entstandene Säumniszuschläge entfallen.

2. Für die Bestimmung des Zeitpunktes, von dem an die Wirkungen der Vollziehung aufzuheben sind, kommt es darauf an, ab wann ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides erkennbar vorlagen.

 

Orientierungssatz

1. Säumniszuschläge sind ein Druckmittel eigener Art, das den Steuerpflichtigen zur rechtzeitigen Zahlung der Steuern anhalten soll (vgl. BFH-Rechtsprechung). Säumniszuschläge können daher nicht als Gegenleistung für die Nichterfüllung des Steueranspruchs und die damit verbundene Kapitalüberlassung angesehen werden.

2. Der Steuerpflichtige erhält im Verfahren nach § 69 Abs. 3 FGO immer etwas anderes als im Hauptverfahren. Das Verfahren nach § 69 Abs. 3 FGO ist ein in seiner Wirkung eigenständiges Verfahren, das jede Form der Vollziehung hemmen will. Damit wird jedoch die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweggenommen.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 2-3; AO 1977 § 240

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten in einem Klageverfahren vor dem Niedersächsischen Finanzgericht --FG-- darüber, ob der von den Klägern, Antragstellern und Beschwerdeführern (Antragsteller) aus einer Betriebsaufgabe erzielte Gewinn mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs.2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu besteuern ist und ob bei der Gewinnermittlung der Freibetrag nach § 16 Abs.4 EStG angesetzt werden kann. Über die Klage ist noch nicht entschieden.

Der Beklagte, Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) hatte im außergerichtlichen Vorverfahren die Vollziehung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 1979 bis einen Monat nach Zustellung der Einspruchsentscheidung ausgesetzt. Da die Einspruchsentscheidung am 5.Februar 1985 zugestellt wurde, lief die Aussetzung der Vollziehung am 5.März 1985 aus. Die Antragsteller erhoben am 22.Februar 1985 Klage und beantragten gleichzeitig beim FG die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides. Das FG wies den Antrag aus Gründen des Art.3 § 7 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit (VGFGEntlG) mit Beschluß vom 3.Juli 1985 als unzulässig ab.

Auf den alsdann von den Antragstellern beim FA gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung setzte dieses am 9.September 1985 die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 1979 in Höhe von 44 913 DM mit Wirkung ab dem 21.August 1985 aus. Am 10.Oktober 1985 forderte es von den Antragstellern Säumniszuschläge in Höhe von 2 714 DM für die Zeit ab dem 6.März 1985 bis zum 21.August 1985 an. Deshalb reichten die Antragsteller am 17.Oktober 1985 einen erneuten Antrag beim FG ein, der allerdings diesmal auf Aufhebung der Vollziehung gerichtet war. Diesen Antrag lehnte das FG durch Beschluß vom 8.Juli 1986 als unbegründet ab. Es ließ die Beschwerde zu.

Der Beschluß wurde den Antragstellern am 21.Juli 1986 zugestellt. Sie legten am 28.Juli 1986 Beschwerde ein.

Die Antragsteller beantragen, unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 1979 vom 14.Januar 1982 für den Zeitraum vom 7.März 1985 bis zum 20.August 1985 aufzuheben.

Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Änderung der Vorentscheidung und zur Aufhebung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 1979 entsprechend dem Antrag der Antragsteller.

1. Nach § 69 Abs.3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung eines Steuerbescheides unter den Voraussetzungen des § 69 Abs.2 Sätze 2 bis 6 FGO entsprechen. Danach soll die Vollziehung ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheides bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs.2 Satz 2 FGO sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Steuerbescheides neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10.Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182; seitdem ständige BFH-Rechtsprechung). Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheitsleistung, anordnen (§ 69 Abs.3 Satz 4 FGO).

2. Seit dem BFH-Beschluß vom 23.Juni 1977 V B 41/73 (BFHE 122, 258, BStBl II 1977, 645) entspricht es ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, die Aussetzung der Vollziehung als rechtsgestaltenden Verwaltungsakt zu verstehen, dessen Wirkung sich nur auf die Zukunft erstreckt. Soweit der angefochtene Verwaltungsakt vor der Gewährung einer Aussetzung der Vollziehung bereits vollzogen ist, bleiben die schon eingetretenen Rechtsfolgen bestehen. Als Vollzug eines Steuerbescheides in diesem Sinne wird jeder Gebrauch seiner Wirkungen, also auch der Anfall von Säumniszuschlägen nach Maßgabe des § 240 Abs.1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) angesehen. Dies beruht auf der Überlegung, daß Steuerbescheide ex lege vollziehbar sind. Auch die Verwirkung von Säumniszuschlägen ist primär keine Vollziehung des Steuerbescheides kraft Gesetzes, sondern die Folge der nicht fristgerechten Beachtung des Leistungsgebotes. Unter diesem Gesichtspunkt macht § 69 Abs.3 FGO keinen Unterschied zwischen der Entstehung von Säumniszuschlägen, die unter den Voraussetzungen der §§ 38, 218 Abs.1 Satz 1 Halbsatz 2, § 240 AO 1977 kraft Gesetzes anfallen, und anderen Formen der Vollziehung, die einen Verwaltungsakt voraussetzen. In allen genannten Fällen ist die Aufhebung der Vollziehung rechtlich möglich. Die Entscheidung des Gerichts gemäß § 69 Abs.3 Satz 4 FGO ist allerdings keine Ermessensentscheidung. Vielmehr gelten für sie die gleichen Voraussetzungen wie für die Aussetzung der Vollziehung gemäß § 69 Abs.3 Satz 1 FGO. Deshalb kommt es für die Bestimmung des Zeitpunktes, ab welchem die Wirkungen der Vollziehung eines Steuerbescheides aufzuheben sind, wesentlich darauf an, ab wann ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides erkennbar vorlagen.

3. Die demgegenüber vom FG vertretene Auffassung, nach der die Aufhebung der Vollziehung eines Steuerbescheides die ursprünglich rechtmäßigen Vollzugsakte unberührt lassen soll, findet im Gesetz keine Stütze.

a) § 69 Abs.3 Sätze 1 und 4 FGO unterscheidet ausdrücklich zwischen der "Aussetzung der Vollziehung" und der "Aufhebung der Vollziehung". Diese Unterscheidung wäre ohne Sinn, wenn sich nicht die "Aufhebung der Vollziehung" auf solche Vollzugsakte bezöge, die zeitlich der Aussetzung der Vollziehung vorangehen und in diesem Sinne ursprünglich rechtmäßig waren. Zwar entstehen Säumniszuschläge kraft Gesetzes, während andere Vollzugsakte Verwaltungsakte sind. Jedoch ist die Entstehung von Säumniszuschlägen auch die primäre Vollzugsfolge eines Steuerbescheides. Wie im einzelnen noch auszuführen sein wird, ist kein Anhaltspunkt dafür zu erkennen, daß der Gesetzgeber bei der Regelung des § 69 Abs.3 Satz 4 FGO nicht vor allen anderen die sich aus § 240 Abs.1 Satz 1 AO 1977 ergebende Vollzugsfolge im Auge gehabt haben sollte.

b) § 69 Abs.3 FGO ist dem § 80 Abs.5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nachgebildet. Auch in § 80 Abs.5 VwGO wird ausdrücklich zwischen der "Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung" und der "Aufhebung der Vollziehung" unterschieden. Zwar versteht die ganz herrschende Meinung in der verwaltungsrechtlichen Rechtsprechung (vgl. Oberverwaltungsgericht --OVG-- Münster, Urteil vom 22.August 1977 XV A 1180/76, Die Öffentliche Verwaltung --DÖV-- 1978, 417; Beschluß vom 22.August 1980 4 B 1035/80, DÖV 1981, 429; Urteil vom 16.Juni 1983 4 A 2719/81, DÖV 1983, 1024) und im verwaltungsrechtlichen Schrifttum (vgl. Redeker/von Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, 8.Aufl., § 80 Rdnr.3; Kopp, Verwaltungsgerichtsordnung, 7.Aufl., § 80 Rdnr.33; Eyermann/Fröhler, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 8.Aufl., § 80 Rdnr.6) den Begriff "Aussetzung der Vollziehung" weiter als in § 69 Abs.3 FGO. Jedoch ändert dies nichts daran, daß in der verwaltungsrechtlichen Praxis dem Beschluß nach § 80 Abs.5 Satz 1 VwGO ebenfalls Rückwirkung beigemessen wird, sofern dies im Beschluß nicht ausdrücklich beschränkt oder ausgeschlossen wird. Die Rückwirkung läßt nach der zitierten Auffassung Vollzugsakte, die zeitlich vorher rechtmäßig ergingen, nachträglich rechtswidrig werden.

c) Für die Auffassung, daß der Aufhebung der Vollziehung Wirkung für die Vergangenheit beizumessen ist, sprechen nicht zuletzt die tatsächlichen Umstände, die im Zusammenhang mit einem Antrag auf Aussetzung (Aufhebung) der Vollziehung regelmäßig anzutreffen sind und die der Gesetzgeber nicht übersehen haben kann. Anträge auf Aussetzung (Aufhebung) der Vollziehung werden in der Regel zusammen mit einem Rechtsbehelf (Einspruch, Klage) gestellt. Der Rechtsbehelf wird in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle erst gegen Ende der Rechtsbehelfsfrist eingereicht. Regelmäßig sind dann jedoch die Finanzbehörden gar nicht in der Lage, noch innerhalb der Rechtsbehelfsfrist die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheides abschließend zu prüfen und die Aussetzung der Vollziehung vor Eintritt der Fälligkeit zu verfügen. Es gehört deshalb zum abgabenrechtlichen Alltag der Finanzbehörden, daß sie die Aussetzung der Vollziehung zumindest mit Wirkung auf den Tag der Antragstellung verfügen. Ähnlich ist die Situation bei den FG, die schon aus Gründen des Art.3 § 7 VGFGEntlG fast immer erst nach Eintritt der Fälligkeit angerufen werden können. In diesen Fällen ist es nicht zu beanstanden, wenn die Verwirkung von Säumniszuschlägen mit Wirkung auf den Tag der Fälligkeit aufgehoben wird. Es ist kein Grund dafür erkennbar, weshalb den Steuerpflichtigen ein Rechtsnachteil aus der zeitlich verspäteten Entscheidung über den Antrag auf Aussetzung (Aufhebung) der Vollziehung treffen soll. Ebensowenig ist die Annahme gerechtfertigt, daß über die in der Vergangenheit entstandenen Säumniszuschläge in dem für den Steuerpflichtigen ungünstigeren Erlaßverfahren (§ 227 AO 1977) und über die in der Zukunft möglicherweise entstehenden Säumniszuschläge im Verfahren nach § 69 FGO entschieden werden soll. Da es in beiden Fällen um die Aussetzung (Aufhebung) der Vollziehung wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides geht, spricht der Anlaß für eine einheitliche Entscheidung in einem Verfahren.

d) Die Verwirkung der Säumniszuschläge ist nicht zuletzt auch deshalb aufzuheben, weil der Gesetzgeber in einigen in § 69 Abs.2 FGO ausdrücklich geregelten Fällen offenbar von einer solchen Wirkung ausgegangen ist. So sieht § 69 Abs.2 Satz 3 FGO die Möglichkeit vor, die Aussetzung der Vollziehung im Sinne einer aufschiebenden Bedingung von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen. Wird die Sicherheit entsprechend der Verfügung geleistet, so tritt die Aussetzung der Vollziehung --soweit etwas anderes nicht verfügt wurde-- ab dem Zeitpunkt ein, in dem die Verfügung Rechtswirksamkeit erlangte. Für den Regelfall bedeutet dies, daß die Sicherheitsleistung zuvor entstandene Säumniszuschläge in Wegfall geraten läßt. Ähnlich verhält es sich mit der Aussetzung (Aufhebung) der Vollziehung eines Folgebescheides nach Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides. Dem Gebot des § 69 Abs.2 Satz 4 FGO ist nur dann sinnvoll entsprochen, wenn die Vollziehung des Folgebescheides ab dem Tag ausgesetzt (aufgehoben) wird, ab dem auch die Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides verfügt wurde. Da die Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides immer der Aussetzung (Aufhebung) der Vollziehung des Folgebescheides zeitlich vorangehen muß, bedeutet dies für die Mehrzahl der Fälle, daß die durch den Folgebescheid verwirkten Säumniszuschläge aufgehoben werden müssen.

3. Der Auffassung des erkennenden Senats steht auch nicht die in § 240 AO 1977 getroffene Regelung entgegen. Nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. Beschluß des Großen Senats vom 8.Dezember 1975 GrS 1/75, BFHE 117, 352, BStBl II 1976, 262; Urteil vom 22.April 1975 VII R 54/72, BFHE 116, 87, BStBl II 1975, 727) sind die Säumniszuschläge ein Druckmittel eigener Art, das den Steuerpflichtigen zur rechtzeitigen Zahlung der Steuern anhalten soll. Daraus folgt, daß die Säumniszuschläge nicht als Gegenleistung für die Nichterfüllung des Steueranspruchs und die damit verbundene Kapitalüberlassung angesehen werden können. Diese Funktion kommt vielmehr den Aussetzungszinsen i.S. des § 237 AO 1977 zu. Die Ausübung von Druck i.S. des § 240 AO 1977 ist aber nur dann gerechtfertigt, wenn die Vollziehung eines Steuerbescheides ansteht, der entweder nicht angefochten wurde oder bezüglich dessen trotz Anfechtung keine ernstlichen Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen. Wird dagegen ein Steuerbescheid angefochten und werden --wenn auch ggf. nachträglich-- ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit von Anfang an festgestellt, so entfallen die Voraussetzungen für eine Druckausübung "rückwirkend". Vom Grundgedanken des § 240 AO 1977 besteht in einem solchen Fall für die Erhebung von Säumniszuschlägen kein Anlaß. Die in § 240 Abs.1 Satz 4 AO 1977 getroffene Regelung betrifft deshalb nur die Fälle, in denen der Steuerbescheid ohne vorherige Anfechtung geändert oder in denen zumindest für eine gewisse Zeit keine ernstlichen Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen (Beispiel: Schätzung der Besteuerungsgrundlagen und Abgabe der Steuererklärung im Rechtsbehelfsverfahren).

4. Der erkennende Senat pflichtet auch der weiteren Auffassung des FG nicht bei, daß die Antragsteller im Verfahren nach § 69 Abs.3 FGO nicht mehr als im Hauptverfahren erhalten dürften. Diese Auffassung beruht auf einem Irrtum über den Inhalt des Verfahrens nach § 69 Abs.3 FGO. Die nach § 69 Abs.3 FGO verfügte Aussetzung der Vollziehung bewirkt, daß für die Zeit ab Wirksamkeit der Verfügung bis zur Entscheidung in der Hauptsache Säumniszuschläge nicht anfallen können. Die Entscheidung in der Hauptsache führt gemäß § 100 Abs.2 Satz 1 FGO zu einer anderweitigen Steuerfestsetzung. Die anderweitige Steuerfestsetzung besagt jedoch über die zuvor entstandenen Säumniszuschläge nichts (vgl. § 240 Abs.1 Satz 4 AO 1977). Schon aus diesem Vergleich der Rechtswirkungen beider Entscheidungen folgt, daß der Steuerpflichtige im Verfahren nach § 69 Abs.3 FGO immer etwas anderes als im Hauptverfahren erhält. Das Verfahren nach § 69 Abs.3 FGO ist ein in seiner Wirkung eigenständiges Verfahren, das jede Form der Vollziehung des Steuerbescheides hemmen will. Damit wird jedoch die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweggenommen. Wäre die Auffassung des FG richtig, dann dürfte die Vollziehung eines Steuerbescheides nach § 69 Abs.3 FGO nie ausgesetzt werden, weil der Steuerpflichtige immer "mehr" als im Hauptverfahren erhielte. Dem steht jedoch das in § 69 Abs.3 FGO enthaltene Gebot entgegen.

5. Der Auffassung des erkennenden Senats steht auch die in §§ 237, 238 AO 1977 getroffene Regelung nicht entgegen. Dazu kann dahinstehen, ob Aussetzungszinsen nicht auch im Falle einer (rückwirkenden) Aufhebung der Säumniszuschläge gefordert werden können. Selbst wenn man diese Rechtsfolge vor allem mit Rücksicht auf den Wortlaut des § 237 Abs.2 AO 1977 verneint, so wäre unter gesetzessystematischen Gesichtspunkten allenfalls die Regelung des § 237 AO 1977 lückenhaft. Die Lückenhaftigkeit der Vorschrift könnte jedoch keinen Einfluß auf die Auslegung des § 69 Abs.3 FGO haben, zumal letztere Vorschrift schon seit dem 1.Januar 1966 gilt (§ 184 Abs.1 FGO).

 

Fundstellen

BStBl II 1987, 389

BFHE 149, 6

BFHE 1987, 6

BB 1987, 817

BB 1987, 817-817 (ST)

DB 1987, 923-924 (ST)

HFR 1987, 410-411 (ST)

DStZ/E 1987, 157-157 (S)

ZKF 1987, 183-184 (ST)

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