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BFH Beschluss vom 08.08.1995 - VII B 61/95 (NV)

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollbeweis für Zugang des Verwaltungsakts

 

Leitsatz (NV)

1. Für einen nach § 122 Abs. 2 AO 1977 erforderlich werdenden Nachweis des Zugangs des Verwaltungsakts und des Zugangszeitpunkts genügt weder ein Anscheinsbeweis noch eine bloße Glaubhaftmachung durch die Behörde.

2. Auch im Beschwerdeverfahren ist eine Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz möglich.

 

Normenkette

AO 1977 § 122 Abs. 2; FGO § 132

 

Tatbestand

Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt -- HZA --) setzte gegen die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin), die nach seinen Feststellungen 1991 zusammen mit S Zigaretten aus dem Ausland eingeschmuggelt hatte, durch Bescheid vom 7. September 1993 Eingangsabgaben und Hinterziehungszinsen fest. Der Bescheid wurde am 8. September 1993 an die dem HZA damals bekannte Anschrift der Antragstellerin in A gesandt. Der am 18. Februar 1994 eingegangene Einspruch der Antragstellerin vom 17. Februar 1994 wurde wegen Verspätung als unzulässig verworfen. Hiergegen hat die Antragstellerin Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist, und Prozeßkostenhilfe (PKH) für die Durchführung des Klageverfahrens beantragt.

Das Finanzgericht (FG) lehnte den Antrag mit der Begründung ab, für die Klage bestehe keine hinreichende Erfolgsaussicht. Das HZA habe glaubhaft gemacht, daß der Bescheid der Antragstellerin Anfang September 1993 zugegangen sei; er sei bestandskräftig geworden, da er nicht rechtzeitig durch Einspruch angefochten worden sei, und könne mithin im Hauptverfahren nicht inhaltlich überprüft werden. Glaubhaft sei ein entsprechender Zugang des Bescheides -- wie das FG in seinem (in Bezug genommenen) gleichzeitig ergangenen Beschluß über die Ablehnung der von der Antragstellerin beantragten Aussetzung der Vollziehung näher ausgeführt hat --, weil die (stellvertretende) Sachbearbeiterin beim HZA in einer Gesprächsnotiz vom 11. Oktober 1993 einen Telefonanruf der Antragstellerin festgehalten habe, in dem diese ausgedrückt habe, sie sei sehr betroffen "über den an sie ergangenen Steuerbescheid". Ein wirksamer Zugang des Bescheides Anfang September 1993 werde nicht dadurch in Frage gestellt, daß die Antragstellerin seit Mai 1993 mit Hauptwohnung in B gemeldet gewesen sei und daß sie den (nicht als unzustellbar an das HZA zurückgelangten) Bescheid lediglich "über Bekannte" erhalten haben möge.

Mit ihrer Beschwerde gegen diesen Beschluß bringt die Antragstellerin vor, das FG habe verkannt, daß das HZA den Nachweis über den (rechtzeitigen) Zugang des Bescheides zu führen habe. Sie wiederholt, daß die Gesprächsnotiz keinen entsprechenden Beweis erbringe. Der Anlaß für den damaligen Anruf beim HZA sei allein gewesen, daß sie -- die Antragstellerin --, damals mit Aufenthalt in B, über Dritte eine Zahlungsaufforderung des HZA erhalten habe, nicht dagegen den Bescheid, von dessen Bestehen sie erst während des Telefonats erfahren und sich darüber betroffen gezeigt habe.

Die Antragstellerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und dem PKH-Antrag zu entsprechen.

Das HZA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanz läßt sich die Versagung der beantragten PKH nicht mit der Erwägung rechtfertigen, es fehle an der Bewilligungsvoraussetzung hinreichender Erfolgsaussicht für die beabsichtigte Rechtsverfolgung (§ 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --, § 114 der Zivilprozeßordnung), weil der angegriffene Steuerbescheid der Antragstellerin schon Anfang September 1993 bekanntgegeben worden und er mangels rechtzeitiger Einlegung des Einspruchs bestandskräftig und mithin im Klageverfahren nicht überprüfbar sei. Eine entsprechende Bekanntgabe darf nicht schon deshalb angenommen werden, weil der Zugang des Bescheides bei der Antragstellerin am 11. September 1993 vom HZA "glaubhaft" gemacht worden ist.

Ein durch die Post im Inland übermittelter schriftlicher Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach seiner Aufgabe zur Post als bekanntgegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang und dessen Zeitpunkt nachzuweisen (§ 122 Abs. 2 Halbs. 1 Nr. 1, Halbs. 2 der Abgabenordnung). Ist -- wie hier -- der (rechtzeitige) Zugang bestritten, so obliegt der Behörde der volle Beweis, der nicht durch einen "Anscheinsbeweis" geführt werden kann (Senat, Urteil vom 14. März 1989 VII R 75/85, BFHE 156, 66, 71, BStBl II 1989, 534; Bundesfinanzhof, Urteil vom 15. September 1994 XI R 31/94, BFHE 175, 327, BStBl II 1995, 41). Eine bloße Glaubhaftmachung genügt dafür nicht. Von ihr ist jedoch das FG ausgegangen; es hat, wie seine Ausführungen über die (an sich gegebene) Möglichkeit, daß der Bescheid der Antragstellerin nicht schon Anfang September 1993 in A zugegangen sei, deutlich machen, nicht den Beweisbegriff falsch bezeichnet, sondern -- im Hinblick insbesondere auf die Gesprächsnotiz -- eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des Vorbringens des HZA genügen lassen. Mit dieser Begründung läßt sich die Vorentscheidung nicht halten; sie ist mithin aufzuheben.

Der Senat hält es nicht für zweckmäßig, auch über den PKH-Antrag zu entscheiden. Er macht vielmehr, um den Beteiligten nicht die finanzgerichtliche Instanz zu nehmen, von der auch im Beschwerdeverfahren (§ 128 Abs. 1, § 132 FGO) bestehenden Möglichkeit der Zurückverweisung der Sache an das FG Gebrauch (hierzu Gräber/Ruban, FGO, 3. Aufl. 1993, § 132 Anm. 10 mit Rechtsprechungsnachweisen). Dieses wird, wenn es den Nachweis des Zugangs des Bescheides im September 1993 nicht für erbracht halten sollte (zur Möglichkeit eines entsprechenden Indizienbeweises BFHE 156, 66, 72), für die Prüfung hinreichender Erfolgsaussicht der Klage der Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nachgehen müssen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420892

BFH/NV 1996, 105

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