Zusammenfassung

 
Überblick

Die Einkommensteuer-Vorauszahlungsschuld entsteht jeweils mit Beginn des Kalendervierteljahrs, in dem die Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer zu entrichten sind, oder, wenn die Steuerpflicht erst im Laufe des Kalendervierteljahrs begründet werden, mit Begründung der Steuerpflicht. Die Vorauszahlungen bemessen sich grundsätzlich nach der Einkommensteuer, die sich bei der letzten Veranlagung ergeben hat. Das Finanzamt kann bis zum Ablauf des auf den Veranlagungszeitraum folgenden 15. Kalendermonats die Vorauszahlungen an die Einkommensteuer anpassen, die sich für den Veranlagungszeitraum voraussichtlich ergeben wird (§ 37 Abs. 1 Satz 2; Abs. 3 Satz 2 und 3 EStG).

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

§ 37 EStG regelt die Einkommensteuer-Vorauszahlung, § 370 AO die Steuerhinterziehung.

1 Ausgangssituation

Der objektive Tatbestand der Steuerverkürzung ist im Hinblick auf Einkommensteuervorauszahlungen nicht erst in den Streitjahren erfüllt, in denen zu niedrige Einkommensteuervorauszahlungen aufgrund falscher Angaben geleistet werden, sondern bereits in dem Zeitpunkt, in dem Einkommensteuervorauszahlungen aufgrund falscher Angaben zu niedrig festgesetzt werden.[1]

Ein Steuerpflichtiger ist nicht verpflichtet, von sich aus während des laufenden Vorauszahlungszeitraums eine Erhöhung der Vorauszahlungen anzuregen.[2]

Wurden Einkommensteuer-Vorauszahlungen jedoch auf Antrag des Steuerpflichtigen vom Finanzamt herabgesetzt und war bei Antragstellung bekannt oder wird nachträglich – vom Steuerpflichtigen, vom Steuerberater oder von beiden – erkannt, dass die dem Finanzamt gegenüber angegebenen Umsatz- oder Gewinnerwartungen (bei weitem) übertroffen wurden, stellt sich die Frage steuerstrafrechtlicher Konsequenzen, falls eine entsprechende Mitteilung an das Finanzamt nicht erfolgt.

Aus der Sicht des Finanzamts ergibt sich diese Frage dann, wenn auf Grund der Jahressteuererklärung erhebliche Abschlusszahlungen anstehen und zuvor die Vorauszahlungen auf Antrag gemindert wurden. Im Finanzamt wird die Steuererklärung regelmäßig als Selbstanzeige angesehen, und zwar zumeist wegen Steuerhinterziehung (Vorsatztat), kaum wegen leichtfertiger Steuerverkürzung. Die Qualifizierung als Selbstanzeige hat die Festsetzung von Hinterziehungszinsen zur Folge. Darüber hinaus sind Selbstanzeigen der Bußgeld- und Strafsachenstelle (BuStra-Stelle) zuzuleiten.[3]

Selbstanzeigen führen dort gem. herrschender Verwaltungspraxis zur Einleitung von Steuerstrafverfahren, da die Wirksamkeit einer Selbstanzeige im eingeleiteten Strafverfahren überprüft wird. Die Abschlusszahlung steht damit in solchen Fällen unter strafrechtlichem Druck, denn sollte nach Ablauf der steuerlichen Zahlungsfrist eine Fristsetzung zur Nachzahlung erforderlich werden, ist bei Nichtzahlung eine strafrechtliche Ahndung die Folge.

Soweit Fälle von Abschlusszahlungen nach vorausgehenden Anträgen auf Herabsetzung der Vorauszahlungen den BuStra-Stellen zugeleitet werden, sind allerdings beim Eingang des Vorgangs in der BuStra-Stelle i. d. R. die Steuerbescheide mit der entsprechenden steuerlichen Zahlungsfrist bereits bekannt gegeben.

Mit der Berechnung und Verjährung von Hinterziehungszinsen auf hinterzogene Vorauszahlungen hat sich das FG Baden-Württemberg befasst.[4]

[2] OFD Münster, Verfügung v. 4.7.1994, S 0324 – St 31 – 34, BB 1994 S. 1690; Bilsdorfer/Weyand, INF 1995 S. 612; Brandis, DStR 1990 S. 510.
[3] Nr. 130 (1) der Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren – Steuer – (AStBV) 2018 v. 1.12.2018 BSBl 2018 I S. 1235.
[4] FG Baden-Württemberg, Urteil v. 9.2.2018 , 13 K 3586/16, EFG 2018 S. 1430, 1436 [Rev. eingelegt, Az. beim BFH: VIII R 18/18] mit Anm. Hör; hierzu Odenthal/Hansen, PStR 2018 S. 263 ff.

2 Fallkonstellationen

 
Praxis-Beispiel

Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlung aufgrund falscher Annahme

Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer-Vorauszahlungen für X für das Jahr 2017 auf der Basis der vorliegenden Einkommensteuererklärung 2015, in der ein Gewinn von 125.000 EUR ausgewiesen war, auf 11.000 EUR vierteljährlich fest.

Anfang 2017 gab X anlässlich eines Termins bei seinem Steuerberater an, dass der Gewinn 2017 ähnlich schlecht ausfallen werde wie 2016.

Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanz für 2017 waren zwar noch nicht erstellt, es lagen aber betriebswirtschaftliche Auswertungen vor, die die Angaben des Mandanten zunächst bestätigten.

Der Berater beantragte deshalb am 8.2.2017, die Vorauszahlungen auf der Basis eines Gewinns von 25.000 EUR festzulegen.

Anfang 2018 stellten Steuerberater und Mandant anlässlich der Besprechung der 2016er Bilanz fest, dass der Gewinn für 2017 voraussichtlich 60.000 EUR betragen werde und somit beim Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlungen von einer falschen Annahme ausgegangen wurde.

X – beraten durch seinen Steuerberater – hat keine unrichtigen Angaben i. S. v. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO (Steuerhinterziehung durch positives Tun) gemacht. Zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Her...

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