Hat der Steuerpflichtige die erforderlichen Angaben in seiner Einkommensteuererklärung gemacht und liegen die Beitragsdaten des Anbieters vor, führt das Finanzamt von Amts wegen eine Günstigerprüfung durch. Der Sonderausgabenabzug wirkt sich nur dann aus, wenn er bei der Einkommensteuerfestsetzung einen höheren Steuervorteil bewirkt, als die hierfür gewährte Altersvorsorgezulage. Es wird in der Günstigerprüfung somit die Wirkung des Sonderausgabenabzugs (Beiträge + Anspruch auf Zulage) mit dem Anspruch auf Zulage verglichen. Der für unter 25 Jahre alte Zulageberechtigte einmalig gewährte Berufseinsteiger-Bonus von 200 EUR[1] bleibt bei der Ermittlung des Zulageanspruchs aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Regelung außer Ansatz.[2] Die sich durch den Abzug der Altersvorsorgebeiträge ergebende Steuerermäßigung ist also immer mit der Altersvorsorgezulage zu vergleichen, die sich ohne den Erhöhungsbetrag von 200 EUR ergibt. Das Finanzamt prüft von Amts wegen, was die für den Steuerpflichtigen günstigere Variante ist. Allerdings bezieht sich die Günstigerprüfung nur auf die Einkommensteuer. Der Solidaritätszuschlag oder eine eventuell zu zahlende Kirchensteuer werden nicht berücksichtigt. In Einzelfällen könnte sich ein positiver Effekt aus dem Ansatz des Sonderausgabenabzugs nach § 10a EStG nur unter Einbeziehung des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer ergeben. Eine Günstigerprüfung wird in diesen Fällen trotzdem nicht durchgeführt. Es bleibt bei der Zulagengewährung.

Ergibt sich im Rahmen der Günstigerprüfung, dass der Sonderausgabenabzug für den Steuerpflichtigen günstiger ist, wird der vom Finanzamt ermittelte Anspruch auf Zulage der Einkommensteuerschuld wieder hinzugerechnet – auch insoweit ohne Berücksichtigung des Erhöhungsbetrags nach § 84 Sätze 2 und 3 EStG (Berufseinsteiger-Bonus). Die unter Ansatz des Sonderausgabenabzugs ermittelte tarifliche Einkommensteuer erhöht sich um den Anspruch auf Zulage. Im Ergebnis wird dadurch die Zulage wieder zurückgefordert. Ein zusätzlicher Steuervorteil ergibt sich somit nur in Höhe des über die Zulage hinausgehenden Vorteils. Dieser wird dem Steuerpflichtigen gutgeschrieben. Es erfolgt insoweit keine Auszahlung auf den Vertrag, der zusätzliche Steuervorteil ist daher kein Bestandteil des Altersvorsorgevermögens.

 
Praxis-Beispiel

Günstigerprüfung bei der Einkommensteuer

Der ledige Arbeitnehmer A hatte im Kalenderjahr 2022 ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt i. H. v. 30.000 EUR. Auf seinen Altersvorsorgevertrag hat er in 2023 insgesamt 1.025 EUR einbezahlt. Das Finanzamt hat aufgrund der eingereichten Einkommensteuererklärung 2023 ein zu versteuerndes Einkommen ohne den zusätzlichen Sonderausgabenabzug von 50.000 EUR ermittelt. Es ergibt sich folgende Günstigerprüfung:

Zulageanspruch

Für das Beitragsjahr 2023 berechnet sich folgender Mindesteigenbeitrag:

 

4 % von 30.000 EUR =

maximal

anzusetzen

1.200 EUR

2.100 EUR

1.200 EUR
./. Grundzulage ./. 175 EUR
Mindesteigenbeitrag 1.025 EUR

Die Einzahlungen des Arbeitnehmers erreichen im Kalenderjahr 2023 exakt den für den vollen Zulageanspruch erforderlichen Mindesteigenbeitrag.

Sonderausgabenabzug

Der zusätzliche Sonderausgabenabzug berechnet sich mit 1.200 EUR (= Sparleistung von 1.025 EUR zzgl. 175 EUR Anspruch auf Grundzulage). Das zu versteuernde Einkommen nach Abzug der zusätzlichen Sonderausgaben beträgt demnach 48.800 EUR (zu versteuerndes Einkommen bisher 50.000 EUR ./. 1.200 EUR).

 
tarifliche Einkommensteuer 2023 (Grundtarif) für 50.000 EUR 11.343 EUR
tarifliche Einkommensteuer 2023 (Grundtarif) für 48.800 EUR 10.901 EUR
Steuerermäßigung durch zusätzliche Sonderausgaben 442 EUR

Nach der Günstigerprüfung ergibt sich eine Steuer­ermäßigung, die den Zulageanspruch übersteigt. In der Einkommensteuerveranlagung wird allerdings nicht die gesamte Steuerermäßigung, sondern nur der Teil gutgeschrieben, der nach Verrechnung mit dem Zulageanspruch verbleibt. Der Arbeitnehmer erhält also eine zusätzliche Steuerermäßigung von 267 EUR (442 EUR ./. Zulageanspruch von 175 EUR). Technisch erfolgt dies in der Weise, dass das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid die neu berechnete tarifliche Einkommensteuer (10.901 EUR) um den Anspruch auf die Grundzulage von 175 EUR erhöht. Die ursprüngliche ohne einen Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG ermittelte tarifliche Einkommensteuer von 11.343 EUR vermindert sich dadurch auf 11.076 EUR (= 10.901 EUR + 175 EUR). Dadurch ergibt sich eine über die Altersvorsorgezulage hinausgehende zusätzliche "Erstattung" von 267 EUR.

 
Wichtig

Zulageanspruch als maßgebende Größe für die Günstigerprüfung

Für die Anrechnung der Altersvorsorgezulage im Rahmen der Günstigerprüfung ist abweichend vom Zufluss­prinzip des § 11 EStG nicht auf die tatsächlich gezahlte Zulage abzustellen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist die dem Steuerpflichtigen für das jeweilige Kalenderjahr rechtlich zustehende Zulage für die Günstigerprüfung anzusetzen. Der Erhöhungsbetrag von 200 EUR (Berufseinsteiger-Bonus) bleibt bei der Ermittlung ...

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