Unternehmer, die die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 UStG erfüllen, sind automatisch Kleinunternehmer; sie können aber auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung gem. § 19 Abs. 2 UStG verzichten; d. h., sie besteuern dann ihre Umsätze wie alle der Regelbesteuerung unterliegenden Unternehmer. In diesen Fällen sind sie berechtigt, die von ihnen geschuldete Umsatzsteuer in ihren Rechnungen gesondert auszuweisen. Sie erhalten dann auch den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG, soweit sie keine Ausschlussumsätze nach § 15 Abs. 1aAbs. 2 UStG erbringen. Die entstandene Umsatzsteuer ist bei ihrem Finanzamt anzumelden und der nach Abzug der Vorsteuerbeträge verbleibende Betrag ist abzuführen.

Der Antrag auf die Besteuerung nach den allgemeinen Grundsätzen ist an keine bestimmte Frist oder Form gebunden. Der Unternehmer kann die Erklärung nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung jederzeit bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung bei seinem Finanzamt abgeben. Ebenso kann der Antrag bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung wieder zurückgezogen werden. In diesen Fällen können evtl. mit Umsatzsteuerausweis erstellte Rechnungen in Anwendung der Regelung des § 14c Abs. 2 UStG berichtigt werden.[1] Die Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung tritt ein, wenn die erstmalige Steuerfestsetzung für das Kalenderjahr formell bestandskräftig ist (i. d. R. nach Ablauf von einem Monat nach Erlass des Bescheides/Abgabe der Jahressteuererklärung, soweit kein Rechtsbehelf gegen die Festsetzung eingelegt worden ist), dies gilt auch in den Fällen, in denen der Bescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist.[2]

 
Wichtig

Abgabe der Jahressteuererklärung als Antrag auf Regelbesteuerung

Berechnet ein Kleinunternehmer in einer Umsatzsteuer-Jahreserklärung die Steuer nach den allgemeinen Vorschriften, ist darin grundsätzlich ein Verzicht auf die Besteuerung als Kleinunternehmer zu sehen. In Zweifelsfällen muss das Finanzamt den Kleinunternehmer fragen, welcher Besteuerungsform er seine Umsätze unterwerfen will. Verbleiben Zweifel, kann eine Option zur Regelbesteuerung nicht angenommen werden.[3]

Verzichtet ein Kleinunternehmer auf die Anwendung des § 19 UStG, bezieht sich die Verzichtserklärung auf das gesamte Unternehmen. Mit einer nur für einen Unternehmensteil erstellten Umsatzsteuererklärung kann nicht rechtswirksam auf die Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG verzichtet werden.[4]

Wenn der Unternehmer nach § 19 Abs. 2 UStG die Regelbesteuerung gewählt hat, ist er 5 Jahre an diese Erklärung gebunden. Erst nach Ablauf von 5 Jahren seit erstmaliger Besteuerung kann der Unternehmer wieder zur Besteuerung nach § 19 Abs. 1 UStG zurückkehren.

 
Praxis-Tipp

Überschreitung der Umsatzgrenze gilt nicht als Antrag auf die Regelbesteuerung

Die Überschreitung der Umsatzgrenzen gilt nicht als Erklärung zur Besteuerung nach den allgemeinen Grundsätzen. Wenn nur in einem Jahr die Umsatzgrenze nach § 19 Abs. 1 UStG überschritten wurde, kann danach ohne 5-jährige Bindungsfrist wieder zur Kleinunternehmerbesteuerung zurückgekehrt werden.

 
Praxis-Beispiel

Rückkehr zur Kleinunternehmerbesteuerung nach Überschreiten der Gesamtumsatzgrenze

Der Unternehmer hat im Kalenderjahr 2022 einen Gesamtumsatz i. H. v. 23.000 EUR erzielt. Eine Erklärung zur Regelbesteuerung hat er in den vergangenen Jahren nicht abgegeben. Im Kalenderjahr 2023 muss der Unternehmer seine Umsätze nach den allgemeinen Grundsätzen besteuern. Soweit er im Kalenderjahr 2023 die Umsatzgrenze von 22.000 EUR nicht überschreitet, kann er für 2024 wieder die Kleinunternehmerbesteuerung in Anspruch nehmen.

Der Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung wirkt auch für nachfolgende Besteuerungszeiträume, bis er vom Unternehmer widerrufen wird. Das Überschreiten der Umsatzgrenze ist weder ein Widerruf des Verzichts, noch erledigt es die Verzichtserklärung in sonstiger Weise.[5]

 
Praxis-Beispiel

Keine neue 5-Jahresfrist nach Überschreiten der Umsatzgrenze

Unternehmer U, dessen Gesamtumsatz seit Jahren unterhalb der Gesamtumsatzgrenze lag, hatte 2015 auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung verzichtet und wahlweise die Regelbesteuerung angewendet. In 2019 und 2020 überschritt U mit seinen Umsätzen die Gesamtumsatzgrenze. Obwohl er ab 2021 die Gesamtumsatzgrenze von 22.000 EUR nicht mehr überschritt, berechnete er seinen Kunden weiterhin Umsatzsteuer und meldete für 2022 und 2023 die Umsatzsteuer bei seinem Finanzamt an, ohne eine besondere Erklärung abzugeben. Für 2024 möchte U den Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung widerrufen.

U hatte 2015 wirksam auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung verzichtet. Das Überschreiten der Gesamtumsatzgrenze stellt keinen Widerruf des Verzichts dar, sodass der in 2015 ausgesprochene Verzicht auch weiterhin für die Jahre 2022 und 2023 gilt. U kann ab 2024 in die Kleinunternehmerbesteuerung wechseln, da die Berechnung der Umsatzsteuer 2022 und 2023 nicht als erneuter Verzicht auf die Kleinunternehmerbesteuerung...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge