Der Gewerbesteuer-Messbetrag ist für jeden Gewerbebetrieb gesondert zu bestimmen. Hat ein Steuerpflichtiger mehrere Gewerbebetriebe bzw. hält neben einem Einzelunternehmen auch eine Beteiligung an einer Personengesellschaft, sind die einzelnen Gewerbesteuer-Messbeträge getrennt zu ermitteln, mit dem Faktor 3,8 bzw. 4 zu vervielfältigen und auf die zu zahlende Gewerbesteuer zu begrenzen.

Weist ein Einzelunternehmen oder eine Beteiligung einkommensteuerlich einen Verlust, wegen Hinzurechnungen jedoch einen positiven Gewerbeertrag aus, werden der Gewerbesteuer-Messbetrag und die Gewerbesteuer, die daraus resultieren, nicht berücksichtigt. Die verbleibenden Beträge sind zur Berechnung des Anrechnungsvolumens zusammenzufassen.[1]

 
Praxis-Beispiel

Berechnung der Gewerbe- und Einkommensteuer

Ein lediger Einzelhändler hat im Jahr 2019 einen Gewinn vor Steuern von 102.770 EUR erzielt. Da keine Kürzungen und Hinzurechnungen anfallen, ist der Gewerbeertrag vor Abzug des Freibetrags ebenso hoch. Der Gewerbesteuer-Hebesatz beträgt 400 %.

 
Berechnung der Gewerbesteuer  
Gewinn 102.770 EUR
./. Freibetrag ./.24.500 EUR
./. Abrundung gem. § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG ./. 70 EUR
Gewerbeertrag 78.200 EUR
× Steuermesszahl (3,5 %) ×0,035
Gewerbesteuer-Messbetrag 2.737 EUR
× Gewerbesteuer-Hebesatz (400 %) ×4,00
Gewerbesteuer 10.948 EUR
 
Berechnung der Einkommensteuer  
Einkünfte aus Gewerbebetrieb (= Summe der Einkünfte) 102.770 EUR
./. sonstige Abzüge (Sonderausgaben etc.) ./.10.000 EUR
zu versteuerndes Einkommen 92.770 EUR
Einkommensteuer (ledig, keine Kirchensteuer[2]) 30.197 EUR
./. 3,8-facher GewSt-Messbetrag (3,8 × 2.737 EUR) ./.10.401 EUR
festzusetzende Einkommensteuer 19.796 EUR
Davon 5,5 % Solidaritätszuschlag 1.089 EUR

Die Gesamtsteuerbelastung beläuft sich im Veranlagungszeitraum 2019 auf 31.833 EUR; im Veranlagungszeitraum 2020 ist die Gewerbesteuer in voller Höhe anzusetzen.[3]

Beziehen zusammenveranlagte Eheleute bzw. Lebenspartner jeweils Einkünfte aus Gewerbebetrieb, ist wie folgt vorzugehen:[4]

  • Zunächst wird die Summe der gewerblichen Einkünfte für jeden Ehegatten bzw. Partner getrennt ermittelt.
  • Erzielt jeder Ehegatte bzw. Partner positive Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sind die Anrechnungsvolumina zusammenzufassen.
  • Erzielt ein Ehegatte bzw. Partner positive, der andere negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sind die Gewerbesteuer-Messbeträge desjenigen mit negativen Einkünften nicht zu berücksichtigen.
 
Hinweis

Vollständige Entlastung von der Gewerbesteuer

Eine vollständige Entlastung von der Gewerbesteuer wird bei einem Hebesatz von 400 % und einem Spitzensteuersatz von 45 % erreicht. Eine über die Gewerbesteuer-Belastung hinausgehende Einkommensteuer-Ermäßigung ist ausgeschlossen, da diese auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer beschränkt ist. Die Umqualifizierung nicht der Gewerbesteuer unterliegender Einkünfte in Einkünfte aus Gewerbebetrieb kann dennoch interessant sein, weil auf diesem Weg die Belastung mit dem Solidaritätszuschlag gemindert werden kann, denn die angerechnete Gewerbesteuer mindert dessen Bemessungsgrundlage. Diese Begünstigung Gewerbetreibender hinsichtlich des Solidaritätszuschlags ist nach Auffassung des BFH verfassungsgemäß.[5]

Die Forderung der Finanzverwaltung[6], die "einzelnen" Gewerbesteuer-Messbeträge getrennt zu ermitteln, mit dem Faktor 3,8 bzw. 4 zu vervielfältigen und auf die zu zahlende Gewerbesteuer zu begrenzen, bedeutet, dass Steuerpflichtige, die mehrere selbstständige Gewerbebetriebe haben bzw. Beteiligungen halten, die Steuerermäßigung isoliert für jeden Einzelbetrieb bzw. jede einzelne Beteiligung berechnen müssen.[7]

Ein betriebs- bzw. beteiligungsübergreifender Ausgleich wird damit verwehrt. Dieser könnte z.  B. vorteilhaft sein, wenn ein Betrieb in einer Großstadt mit hohem Gewerbesteuer-Hebesatz, ein weiterer Betrieb in einer ländlichen Region mit niedrigem Gewerbesteuer-Hebesatz ansässig ist. Bei isolierter Betrachtung führen die Begrenzungen auf das 3,8- bzw. 4-Fache des Gewerbesteuer-Messbetrags und die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer dazu, dass der niedriger belastete Betrieb das Anrechnungspotenzial nicht ausschöpfen kann, das des höher belasteten Betriebs dagegen für eine vollständige Gewerbesteuer-Anrechnung nicht ausreicht.

 
Praxis-Beispiel

Gewerbesteuer-Anrechnung bei mehreren Betrieben

Ein Einzelhändler unterhält 2 selbstständige Einzelunternehmen, von denen eines in einer Großstadt mit einem Gewerbesteuer-Hebesatz von 420 %, das andere in einer Umlandgemeinde mit einem Gewerbesteuer-Hebesatz von 350 % angesiedelt ist. Nach Abzug des Freibetrags weist der ländliche Betrieb im Jahr 2019 einen Gewerbeertrag von 80.000 EUR, der städtische Betrieb einen Gewerbeertrag von 120.000 EUR aus.

 
  Betrieb Land Betrieb Stadt
Gewerbeertrag 80.000 EUR 120.000 EUR
× Steuermesszahl (3,5 %) ×0,035 ×0,035
Gewerbesteuer-Messbetrag 2.800 EUR 4.200 EUR
× Gewerbesteuer-Hebesatz (350 % bzw. 420 %) ×3,50 ×4,20
Gewerbesteuer 9.800 EUR 17.640 EUR
./. 3,8-facher Gewerbesteuer-Messbetrag 10.6...

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