Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 09.05.2018 wie folgt abgeändert:

Die Beteiligte zu 1) wird zur Geschäftsführerin der Gesellschaft mit den Aufgabenkreisen

Änderung der Gesellschafterliste

Einberufung einer Gesellschafterversammlung zur Bestellung eines Geschäftsführers bestellt.

Kosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beschwerde der Antragstellerin richtet sich gegen den Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 09.05.2019, mit dem ihr Antrag, sie zur Notgeschäftsführerin der Gesellschaft zu bestellen, zurückgewiesen worden ist (Bl. 57 d. A.).

Die betroffene Gesellschaft wurde im Jahre 1999 mit einen Stammkapital in Höhe von 25.000 EUR gegründet, wovon der Ehemann der Antragstellerin 24.500 EUR und deren Vater die weiteren 500 EUR übernommen haben. Der Ehemann der Antragstellerin wurde zudem zum alleinigen Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt.

Der Ehemann der Antragstellerin ist im März 2019 verstorben und wurde von der Antragstellerin alleine beerbt. Auch der andere Gesellschafter ist inzwischen verstorben; Erbe ist der Beteiligte zu 2). Beide Erben der verstorbenen Gesellschafter wurden bislang nicht in die Gesellschafterliste eingetragen.

Die Antragstellerin möchte zur Notgeschäftsführerin bestellt werden. Die Gesellschaft benötige aufgrund noch abzuwickelnder Aufträge einen Geschäftsführer. Dessen Bestellung durch die Erben der verstorbenen Gesellschafter sei nicht möglich, weil diese noch nicht in die Gesellschafterliste eingetragen seien, eine Änderung der Gesellschafterliste scheitere am Fehlen eines Geschäftsführers.

Das Handelsregister hat den Antrag mit Beschluss vom 09.05.2019 zurückgewiesen. Für die Bestellung eines Notgeschäftsführers bestehe keine Notwendigkeit, denn die derzeitigen Gesellschafter seien rechtlich in der Lage, im Rahmen einer Gesellschafterversammlung einen neuen Geschäftsführer zu bestellen. Der Umstand, dass ihnen die Abhaltung einer solchen Gesellschafterversammlung aufgrund interner Streitigkeiten nicht gelinge, ändere nichts daran, dass die Voraussetzungen für die Bestellung eines Notgeschäftsführers nicht vorlägen.

II. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist auch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umgang begründet.

Die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung des § 29 BGB sind gegeben, weil die Gesellschaft infolge des Todes des früheren Alleingeschäftsführers keinen Geschäftsführer mehr hat und die Bestellung eines neuen Geschäftsführers in gesetzeskonformer Weise nicht möglich ist. Die Bestellung eines neuen Geschäftsführers hat gemäß § 46 Nr. 5 GmbHG durch die Gesellschafter im Rahmen einer Gesellschafterversammlung zu erfolgen. Die Einberufung einer solchen Versammlung obliegt aber gemäß § 49 Abs. 1 GmbHG dem Geschäftsführer, den es derzeit gerade nicht gibt. Zwar besteht grundsätzlich in dieser Situation gemäß § 50 Abs. 3 S. 1 GmbHG auch die Möglichkeit, dass ein Gesellschafter, der mindestens 10 % des Stammkapitals hält, die Gesellschafterversammlung einberuft, jedoch sind alle in der Gesellschafterliste eingetragenen Gesellschafter verstorben, ihre Erben gelten mangels Aufnahme in die Gesellschafterliste gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG im Verhältnis zur Gesellschaft noch nicht als Gesellschafter. Diese Regelung erfasst auch die Veränderung in der Gesellschafterstellung aufgrund erbrechtlicher Gesamtrechtsnachfolge (OLG Jena, Urteil vom 01.09.2016 - 2 U 95/15 -, ZIP 2016, 2217, 2219). Die durch den Tod der früheren Gesellschafter erforderliche gewordene Einreichung einer neuen, geänderten Gesellschafterliste kann aber nach § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG wiederum nur durch den Geschäftsführer erfolgen.

Für diese Situation wird im Schrifttum - Rechtsprechung liegt hierzu soweit erkennbar noch nicht vor - überwiegend die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen für die Bestellung eines Notgeschäftsführers vorliegen (Fastrich, Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 16 Rn. 17; Heidinger, in MünchKommGmbHG, 3. Aufl. 2019, § 40 Rn. 321; Beyer, in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl. 2016, § 16 Rn. 45; Seibt, in Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018, § 40 Rn. 31). Gerade auch im Hinblick auf diese Möglichkeit wurde im Gesetzgebungsverfahren die Einführung einer Notzuständigkeit der Gesellschafter abgelehnt (BT-Drs. 16/6140, S. 77). Die abweichende Auffassung, dass es für die Wahrnehmung der Gesellschafterliste ausreiche, dass der Erbe eines verstobenen Gesellschafters sich durch einen Erbschein legitimiere, um Gesellschafterrechte ausüben zu können (Altmeppen, in Roth/Altmeppen, GmbHG, 9. Aufl. 2019, § 16 Rn. 22f.), ist vereinzelt geblieben. Allerdings wird zumindest von Teilen der überwiegenden Meinung im Schrifttum die Auffassung vertreten, dass die Gesellschafter-Erben schon vor der Eintragung in die Gesellschafterlisten die G...

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