Fehlende charakterliche Eignung eines Beamten Chatgruppe

Ein Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe scheidet aus, wenn berechtigte Zweifel an der charakterlichen Eignung des Bewerbers bestehen. Diese können sich auch aus einem außerdienstlichen Verhalten, etwa Chatnachrichten und Beiträgen innerhalb einer WhatsApp-Gruppe, ergeben.

Ein Kommissaranwärter in Nordrhein-Westfalen war Mitglied in einer WhatsApp-Chatgruppe mit 35 Mitgliedern. Die Chatgruppe war nach einem Ausbildungskurs der Hochschule für Polizei und Verwaltung benannt. In dieser Chatgruppe postete der Kommissaranwärter 3-mal ein Bild, auf dem ein Pinguin mit einem Cowboyhut, einer Sonnenbrille, einem Revolver und einem Sherrifstern zu sehen war. Daneben befand sich der Ausspruch „Halts Maul Kanacke“. Zudem lud der Kommissaranwärter ein Bild hoch, auf dem eine Ablichtung von Adolf Hitler mit der Aussage „Nana! Auf Deutsch bitte“ zu sehen war. An einen Bekannten übersandte der Kommissaranwärter ein Bild, auf dem zwei Männer und eine Frau bei der Ausübung des Sexualverkehrs in Strichform dargestellt waren, betitelt mit „Ich“, „Deine Mutter“ und „Hitler“. Im Rahmen eines Strafverfahrens gegen einen anderen Kommissaranwärter wurde dessen Smartphone sichergestellt und ausgewertet, wodurch das Polizeipräsidium zufällig Kenntnis von der Chatgruppe und den darin geteilten Inhalten erlangte.

Nach Auswertung der Chatnachrichten teilte das Polizeipräsidium mit, dass das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum 31.8.2022 ende und die Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Probe mangels charakterlicher Eignung auf Grund der oben genannten Chatbeiträge des Kommissaranwärters nicht in Betracht komme. Den Antrag des Kommissaranwärters auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe zum nächstmöglichen Zeitpunkt lehnte das Polizeipräsidium ebenfalls ab. Zur Begründung führte es aus, dass der Kommissaranwärter auf Grund seiner rassistischen bzw. fremdenfeindlichen sowie sexistischen Chatbeiträge nicht die Gewähr dafür biete, jederzeit und ohne Vorbehalt für die freiheitlich demokratische Grundordnung und die Grundwerte eines friedlichen Zusammenlebens einzustehen.

Im Wege der Klage vor dem Verwaltungsgericht begehrte der Kommissaranwärter die Verpflichtung des Polizeipräsidiums, unter Berücksichtigung der Vorgaben des Gerichts erneut über die Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe zu entscheiden.

Polizei ist in ganz besonderem Maß auf ihr Ansehen und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger angewiesen

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat die Klage mit Urteil vom 25.7.2023 abgewiesen.

Zur Begründung führte es aus, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizei jederzeit neutral und unvoreingenommen ihrer Aufgabe, dem Schutz der Bürgerinnen und Bürger sowie der Gesetze, zu widmen haben. Hierzu gehöre, dass etwa Personen anderer Herkunft, Religion oder Meinung nicht geringschätzig oder abwertend behandelt werden. Auch bei einem Fehlverhalten des Polizeibeamten im Zivilleben bestehe die Gefahr, dass eine Person, die um den Beruf wisse, in Zukunft weniger auf die Unvoreingenommenheit der Polizei vertraue. Vor diesem Hintergrund habe der Dienstherr für den Polizeivollzugsdienst besonders hohe Anforderungen an die charakterliche Stabilität eines Beamten stellen dürfen.

Charakterliche Eignung als Unterfall der persönlichen Eignung

Bei der begehrten Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe handele es sich um eine Ernennung im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG, die den allgemein geltenden Kriterien unterliegt. Dazu zähle das in Art. 33 Abs. 2 GG sowie § 9 BeamtStG enthaltene Eignungserfordernis. Die dabei vorzunehmende Beurteilung des Bewerbers umfasse neben der fachlichen und gesundheitlichen auch die persönliche Eignung, zu welcher wiederum die charakterliche Eignung gehöre. Erforderlich sei eine prognostische Einschätzung anhand einer wertenden Würdigung aller Aspekte, was sowohl das dienstliche wie auch das außerdienstliche Verhalten einschließe.

Versendung von das NS-Unrechtsregime verharmlosenden sowie fremdenfeindlichen Bildern verstößt gegen Grundsatz der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG

Durch die Verwendung des Abbildes Adolf Hitlers mit der Aufschrift „Nana! Auf Deutsch bitte“ habe der Kommissaranwärter Adolf Hitler verharmlost und das nationalsozialistische Unrechtsregime bagatellisiert. Damit habe es ihm auch an der nötigen Sensibilisierung für die Gräueltaten des NS-Unrechtsregimes gefehlt. Dasselbe gelte für das Strichmännchenbild, wobei der Kommissaranwärter mit der Verwendung dieses Bildes zusätzlich noch eine „Verbrüderung“ mit Adolf Hitler zum Ausdruck gebracht habe. Durch die wiederholte Verwendung der Bilder und des abwertenden Wortes „Kanacke“ entstehe aus Sicht eines vernünftigen Dritten der Eindruck einer ausländerfeindlichen sowie den Nationalsozialismus verherrlichenden Gesinnung des Kommissaranwärters. Auch lasse das Auftreten des abgebildeten Pinguins als „Sheriff“ darauf schließen, dass offenbar Menschen mit Migrationshintergrund zur Ordnung gerufen werden sollen.

Zwar könne aus Sicht des Verwaltungsgerichts nicht aus jedem geposteten geschmacklosen Sticker auf eine entsprechende Charakterschwäche geschlossen werden, jedoch verschließe sich der Kommissaranwärter dem Grundsatz der Menschenwürde, indem er nicht mehr hinnehmbare, menschenverachtende Inhalte geteilt habe. Auf Grund der wiederholten Verwendung der Sticker über einen längeren Zeitraum war auch nicht von einem einmaligen persönlichkeitsfremden Augenblicksversagen auszugehen.

Das Polizeipräsidium durfte somit beurteilungsfehlerfrei annehmen, dass das Bestehen der charakterlichen Eignung bei dem Kommissaranwärter nicht gewährleistet ist und eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe daher ausscheidet (VG Düsseldorf, Urteil vom 25.7.2023, 2 K 8330/22).


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