Kommt ein Mieter aufgrund eines Konstruktionsfehlers der Mietsache zu Schaden, haftet der Vermieter hierfür auch ohne Verschulden, wenn der Fehler schon bei Vertragsschluss vorhanden war und die Haftung nicht wirksam ausgeschlossen ist.

Hintergrund

In einem Büro löste sich im August 1996 ein in Kippstellung befindlicher Fensterflügel aus dem Rahmen und traf die dort beschäftige Mitarbeiterin am Hinterkopf. Diese erlitt erhebliche Verletzungen. Der Arbeitgeber hatte die Büroräume 1990 angemietet.

Es stellte sich heraus, dass das herausgefallene Fenster einen Konstruktionsfehler hat. Dieser führt dazu, dass sich im Laufe der Jahre ein Bolzen gelöst hatte.

Der BGH musste klären, ob neben dem Hersteller des Fensters auch der Vermieter der Räume für den Schaden der Verletzten aufkommen muss.

Entscheidung

Der Vermieter haftet für den Schaden. Ihn trifft die Garantiehaftung des § 538 Abs. 1 1. Alt. BGB a. F. (jetzt: § 536a Abs. 1 BGB).

Der Konstruktionsfehler ist ein Mangel der Mietsache. Dieser war schon bei Abschluss des Mietvertrags vorhanden. Es handelte sich somit um einen anfänglichen Mangel. Das hat zur Folge, dass der Vermieter hierfür unabhängig von einem Verschulden einstehen muss.

Entscheidend für die Einstufung als anfänglicher Mangel ist nicht, wann durch den vorhandenen Mangel ein Schaden entstanden ist, sondern ob der Mangel selbst bereits bei Vertragsschluss vorhanden war. Das ist auch dann der Fall, wenn der Mangel und die daraus folgende Gefahr dem Mieter bei Vertragschluss noch nicht bekannt waren.

Wenn ein Bauteil funktionsuntüchtig wird und dies allein auf Alterung oder Verschleiß beruht, entsteht der Mangel erst später mit dem Verschleiß. Nicht jedes später funktionsuntüchtig werdende Bauteil kann also bereits als im Zeitpunkt des Vertragsschlusses latent mangelhaft angesehen werden. War ein Bauteil aufgrund seiner fehlerhaften Beschaffenheit bei Vertragsschluss allerdings bereits in diesem Zeitpunkt für die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache ungeeignet und damit unzuverlässig, liegt ein anfänglicher Mangel vor. Ein Baufehler ist auch dann ein anfänglicher Mangel, wenn er den Mietgebrauch erst später konkret beeinträchtigt oder für einen Schaden des Mieters ursächlich wird. Es genügt, wenn bei Vertragsschluss die Gefahrenquelle vorhanden war oder die Schadensursache vorlag.

Obwohl die verletzte Arbeitnehmerin nicht selbst Mieterin ist, haftet der Vermieter ihr gegenüber, denn als Angestellte des Mieters ist sie in den Schutzbereich des Mietvertrags einbezogen.

Die verschuldensunabhängige Haftung des Vermieters kann zwar im Mietvertrag ausgeschlossen werden. Im vorliegenden Fall war der Haftungsausschluss wegen Verstoßes gegen die Vorschriften über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen aber unwirksam.

(BGH, Urteil v. 21.7.2010, XII ZR 189/08)

 

§ 536a BGB lautet:

(1) Ist ein Mangel im Sinne des § 536 bei Vertragsschluss vorhanden oder entsteht ein solcher Mangel später wegen eines Umstands, den der Vermieter zu vertreten hat, oder kommt der Vermieter mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug, so kann der Mieter unbeschadet der Rechte aus § 536 Schadensersatz verlangen.