Elektronische Dienstleistungen: Umsatzsteuer beachten

Zum 1.1.2019 gelten Änderungen bei der Umsatzsteuer für elektronische Dienstleistungen an Privatpersonen innerhalb der EU. Mehr dazu lesen Sie hier.

Umsatzsteuer bei elektronischen Dienstleistungen - Neuerungen zum 1.1.2019

Führt ein Unternehmer sonstige Leistungen auf elektronischem Weg an eine Privatperson aus, befindet sich der Ort der sonstigen Leistung seit dem 1.1.2015 immer dort, wo der Leistungsempfänger wohnt bzw. seinen Sitz hat. Dies gilt seit dem 1.1.2019  nur dann, wenn

  • die Bagatellgrenze von 10.000 EUR überschritten wird oder
  • der Unternehmer auf die Anwendung der Bagatellgrenze verzichtet.

Befindet sich die Privatperson in einem anderen EU-Land, muss der leistende Unternehmer die Umsatzsteuer im jeweils anderen EU-Land anmelden und zahlen. Um dies zu vermeiden, besteht die Möglichkeit, dass der inländische Unternehmer die Umsatzsteuer, die den anderen EU-Ländern zusteht, im Inland anmeldet und auch an die inländische Finanzbehörde zahlt.

Praxis-Beispiel Buchhaltung: E-Books und Software-Downloads an Privatperson im anderen EU-Land

Unternehmer Huber bietet über das Internet E-Books und andere Downloads an, die seine Kunden per PayPal oder Kreditkarte zahlen. Die elektronischen Leistungen, die er im Jahr 2018 erbracht hat, liegen über der Bagatellgrenze von 10.000 EUR, sodass seine elektronischen Leistungen im Jahr 2019 dort ausgeführt werden, wo der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz hat. Im Monat Januar 2019 verkauft Herr Huber E-Books für brutto 360 EUR an Privatpersonen in Österreich (Steuersatz 20 %) und für 410 EUR an Privatpersonen auf Mallorca (Steuersatz für Spanien 21 %). Der Ort der sonstigen Leistungen, die er auf elektronischem Weg erbracht hat, befindet sich somit in Österreich und in Spanien. Er schuldet daher folgende Beträge:


für E-Book-Downloads in Österreich (netto 300 EUR)
360 EUR : 120 × 20 =

60,00 EUR

für E-Book-Downloads in Spanien (netto 338,84 EUR)
410 EUR : 121 × 21 =

 71,16 EUR

netto 300 + 338,84 = 638,84 EUR;
ausländische Umsatzsteuer insgesamt

131,16 EUR

Ohne die Sonderregelung des § 18h UStG müsste Herr Huber die Umsatzsteuer von 60 EUR in Österreich und die Umsatzsteuer von 71,16 EUR in Spanien anmelden und zahlen. Da Herr Huber aber das besondere Verfahren (Mini One Stop Shop = MOSS) anwenden will, meldet er sich hierfür über das Portal des BZSt an. Die Zahlung der ausländischen Umsatzsteuer erfolgt ebenfalls an die deutsche Steuerbehörde.

Konto

SKR 03 Soll

Konten-

bezeichnung

Betrag

Konto

SKR 03 Haben

Konten-

bezeichnung

Betrag

1730

Kreditkartenabrechnung

770,00

8339

Erlöse aus im anderen EU-Land steuerbaren Leistungen, im Inland nicht steuerbare Umsätze

638,84




1768

Umsatzsteuer aus im anderen EU-Land steuerpflichtigen sonstigen Leistungen/ Werklieferungen

131,16


Konto

SKR 04 Soll

Konten-

bezeichnung

Betrag

Konto

SKR 04 Haben

Konten-

bezeichnung

Betrag

3610

Kreditkartenabrechnung

770,00

4339

Erlöse aus im anderen EU-Land steuerbaren Leistungen, im Inland nicht steuerbare Umsätze

638,84




3818

Umsatzsteuer aus im anderen EU-Land steuerpflichtigen sonstigen Leistungen/ Werklieferungen

131,16

In dem Zeitpunkt, in dem die Kreditkartenfirma den Betrag auf das Konto von Herrn Huber überweist, bucht er wie folgt:

Konto

SKR 03

Soll

Konten-

bezeichnung

Betrag

Konto

SKR 03

Haben

Konten-

bezeichnung

Betrag

1200

Bank

770,00

1730

Kreditkartenabrechnung

770,00


Konto

SKR 04

Soll

Konten-

bezeichnung

Betrag

Konto

SKR 04

Haben

Konten-

bezeichnung

Betrag

1800

Bank

770,00

3610

Kreditkartenabrechnung

770,00

Herr Huber meldet die ausländische (österreichische und spanische) Umsatzsteuer bei der deutschen Finanzbehörde an. Im Zeitpunkt der Zahlung bucht er wie folgt:

Konto

SKR 03 Soll

Konten-

bezeichnung

Betrag

Konto

SKR 03 Haben

Konten-

bezeichnung

Betrag

1768

Umsatzsteuer aus im anderen EU-Land steuerpflichtigen sonstigen Leistungen/ Werklieferungen

131,16

1200

Bank

131,16


Konto

SKR 04 Soll

Konten-

bezeichnung

Betrag

Konto

SKR 04 Haben

Konten-

bezeichnung

Betrag

3818

Umsatzsteuer aus im anderen EU-Land steuerpflichtigen sonstigen Leistungen/ Werklieferungen

131,16

1800

Bank

131,16

Umsatzsteuer/Leistungsort bei elektronischen Leistungen bzw. E-Commerce

Ist der Leistungsempfänger eine Privatperson mit Sitz, gewöhnlichem Aufenthalt oder Wohnsitz in einem anderen EU-Land, verlagert sich seit dem 1.1.2015 der Leistungsort für

  • Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen,
  • Telekommunikationsdienstleistungen und
  • andere elektronische Dienstleistungen

in das Land, in dem diese Privatperson ihren Sitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder Wohnsitz hat. Das gilt bis zum 31.12.2018 ohne Einschränkungen. Seit dem 1.1.2019 gilt eine EU-einheitliche Bagatellgrenze von 10.000 EUR. Konsequenz ist, dass sich die vorgenannten Leistungen erst dann in das Land des Leistungsempfängers verlagern, wenn diese Grenze von 10.000 EUR im Jahr überschritten ist (§ 3a Abs. 5 UStG).

Hinweis: Reverse-Charge bei elektronischen Leistungen/E-commerce

Ist der Leistungsempfänger ein Unternehmer, befindet sich der Ort der sonstigen Leistung gem. § 3a Abs. 2 UStG ebenfalls im Land des Leistungsempfängers. In dieser Situation ist jedoch der Leistungsempfänger Schuldner der Umsatzsteuer, sodass zwingend das Reverse-Charge-Verfahren anzuwenden ist.

E-Commerce: Verfahren der Steueranmeldung/Steuererhebung

Führt ein Unternehmer eine Rundfunk-, Fernseh-, Telekommunikationsdienstleistung oder eine andere Dienstleistung auf elektronischem Weg an eine Privatperson aus, befindet sich der Ort der sonstigen Leistung seit dem 1.1.2015 immer dort, wo der Leistungsempfänger wohnt bzw. seinen Sitz hat. Der Ort dieser sonstigen Leistungen an Privatpersonen wird seitdem in das EU-Land des Leistungsempfängers verlagert. Befindet sich die Privatperson in einem anderen EU-Land, muss der leistende Unternehmer die Umsatzsteuer im jeweils anderen EU-Land anmelden und zahlen. Konsequenz ist, dass z. B. ein deutscher Unternehmer sich in jedem EU-Land, in dem er Leistungen auf elektronischem Weg an private Endabnehmer ausführt, zur Abwicklung der Umsatzsteuer registrieren lassen muss.

Aber! Um zu vermeiden, dass sich ein Unternehmer (oft nur für geringe Umsatzsteuerbeträge) in mehreren EU-Ländern registrieren lassen muss, wird ein neues vereinfachtes Besteuerungsverfahren eingeführt (§ 18 h UStG). Unternehmer mit Sitz in Deutschland, die an diesem Verfahren teilnehmen wollen, müssen dies

  • gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt)
  • nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz
  • durch Datenfernübertragung nach der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung anzeigen.

Hat der Unternehmer sich für dieses Verfahren angemeldet, dann gilt diese Anmeldung für seine elektronischen Leistungen an Privatpersonen in allen EU-Ländern, in denen der Unternehmer weder einen Sitz noch eine Betriebsstätte hat (= sog. kleine Anlaufstelle, bezeichnet als Mini One Stop Shop – MOSS).

Wichtig! Rechtzeitige Erklärung der Teilnahme am vereinfachten Besteuerungsverfahren

Der Unternehmer muss sich vor Beginn des Besteuerungszeitraums beim BZSt für das vereinfachte Verfahren anmelden. Besteuerungszeitraum ist das Kalendervierteljahr. Das Verfahren ist anzuwenden, solange es nicht widerrufen wird. Der Widerruf kann nur mit Wirkung vom Beginn des Besteuerungszeitraums erfolgen und muss vor Beginn des Besteuerungszeitraums, für den er gelten soll, gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz auf elektronischem Weg erklärt werden.

Neue Bagatellgrenze für den Umsatz ab 2019

§ 3a Abs. 5 UStG sieht ab 2019 eine neue Bagatellgrenze von 10.000 EUR vor, die seit dem 1.1.2019 EU-einheitlich gilt. Konsequenz ist, dass sich die Leistungen auf elektronischem Weg erst dann in das Land des Leistungsempfängers verlagern, wenn mit dem Umsatz für diese Leistungen diese Grenze überschritten ist. Wichtig! Die Bagatellgrenze von 10.000 EUR ist ein Betrag, der alle Rundfunk-, Fernseh-, Telekommunikationsdienstleistungen oder andere Dienstleistungen erfasst, die auf elektronischem Weg an Nichtunternehmer in allen anderen Mitgliedstaaten der EU ausgeführt werden.

Bei der Ermittlung des Grenzwerts ist Folgendes zu beachten:

  • Wurden im Jahr 2018 Rundfunk-, Fernseh-, Telekommunikationsdienstleistungen oder andere Dienstleistungen auf elektronischem Weg an Nichtunternehmer in anderen EU-Ländern oberhalb dieser Grenze ausgeführt, ist die Neuregelung und damit die Bagatellgrenze – zumindest für 2019 – unbeachtlich.
  • Hat die Summe der Rundfunk-, Fernseh- , Telekommunikationsdienstleistungen oder anderen Dienstleistungen auf elektronischem Weg an Nichtunternehmer in anderen Mitgliedstaaten der EU im Jahr 2018 die Grenze nicht überschritten, dann befindet sich der Ort dieser Leistungen ab 2019 wieder am Sitzort des leistenden Unternehmers.
  • Wird im Jahr 2019 die Grenze von 10.000 EUR für Rundfunk-, Fernseh-, Telekommunikationsdienstleistungen oder andere Dienstleistungen auf elektronischem Weg an Nichtunternehmer in anderen Ländern der EU in der Summe überschritten, verlagert sich der Ort der Leistungen wieder in den jeweiligen Ansässigkeitsstaat des Leistungsempfängers, ab dem Umsatz, mit dem die Grenze überschritten wird.

Abgabe- und Zahlungsfristen

Unternehmer, die an dem besonderen Besteuerungsverfahren teilnehmen, müssen die hierfür vorgesehene Umsatzsteuererklärung bis zum 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung dem BZSt übermitteln. Der Unternehmer ist verpflichtet, die Umsatzsteuer zu ermitteln. Die Zahlung der Steuerschuld erfolgt an das Bundeszentralamt für Steuern.

Wichtig! Zahlung an das BZSt

Es ist der allgemeine Steuersatz des Staates anzuwenden, in dem die Leistung durch Privatpersonen in Anspruch genommen wird. Das ist also der Staat, in dem der Leistungsempfänger ansässig ist. Diesem Mitgliedstaat steht auch die Umsatzsteuer zu. Die Verteilung und Zahlung an die jeweiligen Mitgliedstaaten erfolgt dann durch das BZSt.

Das BZSt kann den Unternehmer von dem Verfahren ausschließen, wenn der Unternehmer seinen Aufzeichnungs- und Abgabeverpflichtungen nicht nachkommt. Das ist z. B. der Fall, wenn der Unternehmer seine Umsatzsteuererklärungen wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig an das BZSt übermittelt. Wichtig ist also, die Abgabefrist bis zum 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums einzuhalten. Die Abgabe ist auch dann erforderlich, wenn im Besteuerungszeitraum keine Umsätze auf elektronischem Weg in anderen EU-Ländern ausgeführt worden sind.

E-Books, Software, Downloads

Bei sonstigen Leistungen, die auf elektronischem Weg erbracht werden, kann es sich z. B. um E-Books, Software und andere Downloads handeln (ggf. auch im PDF-Format). Damit die Abwicklung via Internet funktioniert, muss auch die Zahlung sichergestellt werden. In den meisten Fällen zahlen die Kunden per PayPal oder mit Kreditkarte. Das sind die Daten, die der Unternehmer im eigenen Interesse ohnehin abfragt.

Praxis-Tipp: Pflichtfelder auf Internetseite

Der leistende Unternehmer kann nur zutreffend abrechnen, wenn er sich von seinen Kunden die Daten geben lässt, die eine exakte Zuordnung und Rechnungserstellung ermöglichen. Bei sonstigen Leistungen, die auf elektronischem Weg erbracht werden, muss der leistende Unternehmer auf seiner Internetseite Pflichtfelder einrichten, die der Kunde ausfüllen muss.

Umsatzsteuer EU-Länder: Preisgestaltung

Wegen der unterschiedlich hohen Steuersätze in den einzelnen EU-Ländern stellt sich für den leistenden Unternehmer die Frage, wie er seine Preise gestalten will. Er kann einen Bruttobetrag in Rechnung stellen, sodass die Umsatzsteuer herausgerechnet werden muss. Dadurch wird allerdings sein Ertrag verändert.

Der Unternehmer kann stattdessen einen Nettobetrag ausweisen, sodass dann die Umsatzsteuer hinzugerechnet wird.  Er muss dann auf seiner Website die Steuersätze des jeweiligen EU-Lands hinterlegen, damit die Umsatzsteuer zutreffend ermittelt werden kann.

Der Kunde erwartet, wenn er eine sonstige Leistung online herunterlädt, dass der Download sofort (ohne längere Wartezeit) erfolgt. Das bedeutet für den leistenden Unternehmer, dass er seine Internet- bzw. Website so gestaltet, dass der Kunde ihm alle erforderlichen Daten mitteilt. Hat der Kunde den Download erfolgreich ausgeführt, erhält der leistende Unternehmer i. d. R. keine weiteren Daten mehr.

Folgende Kundendaten müssen vorliegen

Unternehmer, die sonstige Leistungen auf elektronischem Weg ausführen, müssen sich folgende Daten geben lassen:

1)

Name und Anschrift des Kunden mit Angabe des Wohnsitzlands



2)

Ist der Kunde Privatperson?

□ ja

□ nein

3)

Ist der Kunde Unternehmer?

□ ja

□ nein


Falls ja, erfolgt die Verwendung für das Unternehmen

□ ja

□ nein

4)

E-Mail-Adresse für die Übersendung der Rechnung



5)

Zahlungsdaten: PayPal-Konto oder Kreditkartendaten



Hinweis: Bei Unternehmern ist der Leistungsempfänger der Steuerschuldner

Wenn der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, der die elektronische Leistung für sein Unternehmen verwendet, dann befindet sich der Ort der sonstigen Leistung gem. § 3a Abs. 2 UStG im Land des Leistungsempfängers. In diesem Fall ist der Leistungsempfänger Schuldner der Umsatzsteuer, sodass zwingend das Reverse-Charge-Verfahren anzuwenden ist (Abgabe der Zusammenfassenden Meldung ist erforderlich). D. h., dass der Leistungsempfänger als Unternehmer in seinem Mitgliedstaat die Umsatzsteuer anmelden und zahlen muss. Diese Umsätze gehören nicht in das Verfahren, das gem. § 3a Abs. 5 UStG für Privatpersonen gilt.


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