Wettbewerbsverstoß: EuG bestätigt Milliardenstrafe gegen Google

Das Gericht der Europäischen Union (EuG) hat eine Strafe der EU-Kommission wegen Marktmachtmissbrauch durch den Google-Preisvergleichsdienst in Höhe von 2,42 Milliarden EUR bestätigt. Die EU-Kommission hatte sie für wettbewerbswidriges Verhalten verhängt und wurde in ihrer Auffassung nun größtenteils bestätigt. 

Gegenstand des Verfahrens vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) ist der erste der von dem Mutterkonzern von Google, dem Unternehmen Alphabet, eingelegten Einsprüche gegen insgesamt drei Bußgeldbescheide gegen Google in Höhe von insgesamt mehr als 8 Milliarden Euro.

EU-Wettbewerbskommissarin warf Google unfairen Wettbewerb vor

Die Wettbewerbshüterin der EU, Margrethe Vestager, hatte dem Konzern vorgeworfen, europäische Preisvergleichsportale zu benachteiligen und bei von der Suchmaschine dargestellten Suchergebnissen das eigene Preisvergleichsportal zu bevorzugen. Damit verletze der Konzern die Vorschriften der EU zu einem fairen Wettbewerb und zum Verbot der Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung. Die Kommissarin hat demgemäß ein Verfahren gegen Google nach Art. 102 AEUV und Art. 54 des EWR-Abkommens AT.39741 eingeleitet.

Google bestreitet unlautere Motive

Vor Gericht traten die Vertreter von Google dem Vorwurf der Wettbewerbskommissarin vehement entgegen. Keinesfalls habe Google durch das Einblenden gruppierter Produkttreffer („Product Universals“) den eigenen Preisvergleichsdienst bevorzugt. Google verwende bei seinen Suchergebnissen grundsätzlich Algorithmen, die ausschließlich die umfassende und schnelle Information der Verbraucher zum Ziel hätten und allein nach diesem Kriterium die Reihenfolge der Suchergebnisse festlegen. Es gehe Google dabei ausschließlich um die Qualität der Ergebnisse, nicht um eigene Wettbewerbsvorteile.

Google hatte gegen die Strafe der EU-Kommission vor dem EU-Gerichtshof geklagt und hatte argumentiert, sein Geschäftsmodell sei nicht auf Wettbewerbsverzehrung und maximalen Gewinn, sondern auf maximalen Nutzen für den User ausgerichtet gewesen. Diese Argumentation hatte auch vor dem Europäischen Gericht nicht verfangen: "Die Kommission hat zu Recht schädliche Auswirkungen auf den Wettbewerb festgestellt".

Marktmachtmissbrauch durch Google-Preisvergleichsdienst "Shopping""

Google habe, so der Vorwurf Wettbewerbskommissarin der EU Margarethe Vestager, seine Marktmacht dadurch missbraucht, dass Suchergebnissen seinen eigenen Preisvergleichsdienst in der Darstellung und Positionierung bevorzugt und die Ergebnisse von Mitbewerbern benachteiligt habe. Google hielt dagegen, nur den Service für seine Kunden verbessert zu haben. Die EuG-Richter sahen das Motiv des Unternehmens aber ebenfalls darin, den eigenen Dienst zu bevorzugen, so die Urteilsbegründung.

Googles Suchmaschine sei keine Handelsplattformen wie Amazon, sondern eine Suchmaschine und damit eine Infrastruktur. Dazu passe es nicht, eigene Suchergebnisse gegenüber externen zu bevorzugen. Konkurrenten des Google-Dienstes hätten nie die Möglichkeit gehabt, ebenso sichtbar wie dieser angezeigt zu werden. Das sei auch dann der Fall gewesen, wenn sie für die Suche relevanter gewesen seien.

Eine Einschränkung gegenüber dem Standpunkt der EU-Kommission

Entgegen der EU-Kommission sah das Gericht keine wettbewerbsschädigende Wirkung gegenüber allen Suchdiensten. Betroffen von der Verzerrung sei nur der Markt der Shopping-Suchdiensten. 

(EuG, Urteil v. 10.11.2021, T 612/17).

Weitere Rechtsmittelmöglichkeiten

Will Google auch diese Strafe nicht akzeptieren, muss das US-Unternehmen und sein Mutterkonzern "Alphabet" dagegen beim EuGH klagen. 

Ausgang präjudiziell für weitere Verfahren

Das Verfahren wird zwar nicht im engeren Sinne als rechtlich, aber doch als faktisch präjudiziell für die weiteren Widersprüche von Google gegen die verhängten Bußgelder, als auch für die von der Wettbewerbskommissarin wegen ähnlicher Vorwürfe bereits eingeleiteten gegen andere Plattformen, unter anderem gegen Amazon, angesehen.

Stellungnahmen

Verbände wie der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) begrüßten das Urteil. Es sei erstmals auch gerichtlich auf europäischer Ebene anerkannt worden,  dass Google seine Marktmacht im Internet missbrauche.

Anmerkung: Missbrauchsaufsicht

Die wirtschaftliche Macht eines Unternehmens wird in aller Regel durch vergleichbare Angebote konkurrierender Unternehmen beschränkt: So lange für Anbieter oder Nachfrager hinreichende Ausweichmöglichkeiten bestehen, begrenzt dies den Verhaltensspielraum der Unternehmen.

Manche Unternehmen unterliegen indes keinem wirksamen Wettbewerbsdruck, so dass sie gegenüber Wettbewerbern, Anbietern und Nachfragern über besondere Verhaltensspielräume verfügen. Eine solche wirtschaftliche Machtstellung zu erlangen oder innezuhaben, ist nicht verboten. 

Weitere News zum Thema: 

Kein Missbrauch von Marktmacht - GWB-Novelle verschärft Wettbewerbsregeln

Bisher höchstes Bußgeld gegen Google verhängt

Kartellamt stoppt Facebook bei seiner Daten-Sammelwut

Hintergrund:

Auch der Bundesdatenschutzbeauftragter Ulrich Kelber sieht die die Macht der großen Konzerne wie Facebook oder Google, die Unmengen von persönlichen Daten ihrer Nutzer sammeln, kritisch. Hier forderte der Datenschützer eine stärkere Regulierung durch die Politik, denn auch aus Sicht des Datenschutzes sei ein „Aufbrechen der Monopole“ wünschenswert (→ Ziele des neuen Datenschutzbeauftragten).

Schlagworte zum Thema:  Kartellrecht, UWG, EU-Kommission