Gender Pay Gap : Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

Der Grundsatz der Lohngleichheit findet sich in den Compliance-Regelwerken der meisten größeren Unternehmen. Die Regelungen zur Überwachung und Kontrolle dieses Ziels lassen allerdings zu wünschen übrig und mit der faktischen Umsetzung haperts fast immer. In der USA  wird zu Unehren des Gender Pay Gap sogar jährlich der Equal-Pay-Day zelebriert. Nun wird auch die deutsche Frauenministerin aktiv.  

Im Grundgesetz heißt es in wünschenswerter Klarheit: Männer und Frauen sind gleichberechtigt (Art 3 Abs. 2). Eine Benachteiligung wegen des Geschlechts ist untersagt. Auch §§ 1, 7 AGG regeln einfachgesetzlich, dass eine Benachteiligung wegen des Geschlechts unzulässig ist.

Gleichberechtigung und Geschlechter-Einkommenslücke vertragen sich nicht

Gleichberechtigung beinhaltet auch das Recht auf gleichen Lohn. Dennoch ist die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen nach Auskunft der Antidiskriminierungsstelle in den letzten Jahren eher gewachsen als geschrumpft. Sie wird in Deutschland bei ca. 22 % angesiedelt.

Equal-Pay-Day - dringender denn je

Zur Verdeutlichung für den Normalbürger wurde in den USA am 20. März diesen Jahres der Equal-Pay-Day zelebriert. Das ist der Tag, bis zu dem Frauen durchschnittlich im laufenden Jahr arbeiten mussten, um bei gleicher Arbeit auf die Lohnhöhe zukommen, die Männer bereits bis zum 31.12.2014 erreicht hatten.

Gap wird größer

Die in früheren Jahrzehnten erzielten Fortschritte bei der Lohngleichheit waren auch nach Ansicht der Frauenverbände in den letzten Jahren zumindest in Deutschland eher wieder rückläufig.

Gesetz zur Entgeltgleicheit soll den Fortschritt bringen

Familienministerin Manuela Schwesig möchte nun ein eigenständiges „Gesetz zur Entgeltgleichheit“ implementieren. Das Gesetz soll für die notwendige

  • Lohntransparenz und
  • durch Einführung neuartiger Dokumentationspflichten
  • für die notwendige Kontrolle

sorgen.

Übersichten über die im Unternehmen gezahlten Gehälter

Personalabteilungen wären hiernach künftig verpflichtet, Übersichten über die in den jeweiligen Unternehmen gezahlten Gehälter zu erstellen. Die Übersicht muss gegliedert werden nach gleichartigen oder ähnlichen Qualifikationen und für jeden Mitarbeiter einsehbar sein.

Namen der Mitarbeiter enthalten die Protokolle aus Datenschutzgründen nicht. Die Übersichten sollen den Mitarbeitern und der Betriebsleitung als Grundlage für Gehaltsverhandlungen dienen. Kontrollmechanismen zur Gleichstellung, wie sie in den Compliance-Richtlinien der Unternehmen (-> Compliance-Verhaltenskodex Mustertext) meist fehlen, würden damit durch den Gesetzgeber geschaffen.

Monströse Aufblähung der Bürokratie befürchtet

Kritiker des Gesetzesvorhabens befürchten eine unnötige Ausdehnung der Bürokratie in den Betrieben durch Einführung von immer neuen Protokollierungspflichten. Schwierigkeiten könnte auch die Erstellung der Gehaltsübersichten nach gleichen oder ähnlichen Qualifikation bereiten. Insbesondere in Kleinbetrieben dürfte es schwer sein, die Datenschutzbestimmungen einzuhalten, wenn bei detaillierten Übersichten die Mitarbeiter schnell abschätzen können, welche konkreten Personen sich hinter den einzelnen Rubriken verbergen. Manche befürchten hierdurch sogar eine Vergiftung des Klimas in den Betrieben. Außerdem könnten erhebliche Probleme entstehen, wenn das Unternehmen einem besonders produktiven Mitarbeiter mehr zahlt als einem gleichqualifizierten, aber weniger produktiven Mitarbeiter. Die Ministerin hält dagegen, es gehe bei dem Gesetz nicht Gleichmacherei, sondern schlicht um Lohngerechtigkeit.

Der Birkenstock-Skandal

Die Lohnpraxis in den Tochterunternehmen der Bürgenstockgruppe in den vergangenen Jahren scheint der Ministerin grundsätzlich recht zu geben. Dort wurde einer Reihe von Mitarbeiterinnen, die die gleiche Arbeit wie ihre männlichen Kollegen leisteten, bis zum Jahr 2013 ein Euro weniger pro Stunde bezahlt als ihren männlichen Kollegen (laut SPIEGELONLINE in den Jahren 2010-2012 Euro 8,72 für Frauen und 9,86 Euro für Männer).

Eine Mitarbeiterin wagte es, den Schuhhersteller zu verklagen. Hierauf verurteilte das LAG Mainz die Arbeitgeberin zur Nachzahlung einer Lohndifferenz von rund 7.500 Euro und sprach ihr darüber hinaus eine Entschädigung wegen Diskriminierung in Höhe von 6.000 Euro zu. Hieran schloss sich eine Klagewelle an. Über 100 Mitarbeiterinnen der Birkenstockgruppe verklagten ihre Arbeitgeberinnen beim ArbG Koblenz auf Nachzahlung von Lohn sowie auf Entschädigung.

Gleicher Lohn war zu lange nur ein Papiertiger 

Wie das Beispiel Birkenstock zeigt, bietet die derzeit geltende Rechtslage Mitarbeiterinnen in einem Unternehmen, die sich benachteiligt fühlen, durchaus die reale Möglichkeit, ihre Gleichstellung vor Gericht zu erstreiten. Dennoch reicht nach Auffassung von Ministerin Schweswig die geltende Rechtslage nicht aus, um flächendeckend nachhaltige Fortschritte zu erzielen. Dies zeige sich besonders an der negativen Entwicklung der Lohngleichheit in den vergangenen Jahren – dies, obwohl insbesondere die größeren Unternehmen die Gleichstellung von Mann und Frau als hehres Unternehmensziel in ihren Compliance-Regeln berücksichtigt hätten.

Wenn die Unternehmen die Rahmenbedingungen für eine positive Entwicklung der Lohngleichheit nicht selbst schafften, so müsse dies der Gesetzgeber tun. Schwesig kann hierbei auf das Grundgesetz verweisen. Dort heißt es in Art. 3 Abs. 2 Satz 2: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin“.