§ 1 RAHMENKONZEPT (Conceptual Framework) / 5 Detail- und Fundamentalkritik am Conceptual Framework

Rz. 103

Für Detailkritik bietet das Conceptual Framework 2018 zahlreiche Angriffspunkte.

• Zu fragen wäre etwa nach der Rolle der Vorsicht (prudence; Rz 17), die die Neutralität der Darstellung fördern soll, welche wiederum zu tatsachengetreuer Darstellung (faithful representation) beitragen soll. Da es explizit um eine symmetrische Vorsicht geht, die gleichchermaßen eine Überbewertung wie eine Unterbewertung des Vermögens verhindern soll, kann der Vorsichtsgedanke, anders als in CF.2.16 behauptet, die Neutralität nicht stützen. Stützung (support) kann ein Grundsatz durch eine externe Größe erhalten, nicht durch ein Merkmal, das dem Grundsatz schon begriffsimmanent ist. Welchen zusätzlichen Nutzen prudence dann haben soll, bleibt rätselhaft. Für die Praxis des Standardsetting konzediert der IASB aber ohnehin eine fortdauernde Bedeutung des Vorsichtsprinzips und hält sich mit folgender Begründung diese Tür offen: "Nevertheless, particular Standards may contain asymmetric requirements if this is a consequence of decisions intended to select the most relevant information that faithfully represents what it purports to represent" (CF.2.17). Der mit Konsistenzerwartungen an ein Framework herantretende Leser bleibt irritiert zurück.
• Von Interesse ist auch, warum der einst explizit im Framework 1989 enthaltene Grundsatz substance over form im Framework 2010 nicht mehr enthalten war, nun aber im Conceptual Framework 2018 wiederbelebt wird (Rz 83). Der Board führt hierzu aus, dass er die Anforderungen für redundant, weil schon in der Forderung nach faithful representation enthalten, angesehen habe, hier aber von einigen missverstanden worden sei und zur Vermeidung jeglicher weiterer Missverständnisse (to avoid any further misunderstandings) den Grundsatz wieder aufgenommen habe (CF.BC...