Der Ärger mit Altlasten im Nachlass

Grundbesitzveräußerung aus dem Nachlassvermögen sind in der Praxis mitunter aufwändig, vor allem bei Grundbüchern mit Altlasten. In der Regel verlangen finanzierende Bank die Sicherstellung der Grundbuchbereinigung aller wertmindernder Eintragungen. Der Beitrag soll nicht abschließend für Einzelfälle Lösungen aufzeigen und Problembewusstsein schaffen.

Wohnungsrecht, Nießbrauch, Dienstbarkeiten

Bei lebenden Berechtigten ist die Löschungsbewilligung in öffentlicher/öffentlich beglaubigter Form erforderlich.[1] Schwierigkeiten ergeben sich bei geschäftsunfähigen Personen ohne notarielle Vorsorgevollmacht. Nach dem Tod des Berechtigten greift die Löschungserleichterung nach § 23 GBO – Ausnahmetatbestand zu § 22, 19 GBO.[2] Spätestens ein Jahr nach dem Tod ist das Recht bewilligungslos löschbar – wenn man die Sterbeurkunde beschaffen kann.[3] Mit 110 Jahren (Geburtstag[4] oder Eintragungsdatum[5]) gilt ein Berechtigter grundbuchlich als tot.

Altwährungen

Für Grundpfandrechte in Altwährungen (Taler, Gulden, Mark, Goldmark, Feingoldmark, Reichsmark, Deutsche Mark, Deutsche Mark – DDR) gibt es keine allgemeingültige und leichte Regelung zur schnellen Löschung.

Bei Banken oder ähnlichen Instituten als Gläubiger lässt sich die Bewilligung (erneut) beschaffen – auch bei vernichteten Unterlagen. Rechtsnachfolger werden meist aus Handelsregistern oder anderen Quellen ermittelt. Nachfolgenachweise führen die Institute regelmäßig selbst oder es werden Notarbestätigungen beigefügt. Schwierig sind Grundpfandrechte natürlicher Personen:

§ 18 GBMaßnG schließt in den alten Bundesländern bei Rechten unter 3.000 EUR die Formstrenge des § 29 GBO aus. 10’RM/GM/FGM entsprechen 1 DM, die in 1,95583 EUR umgerechnet wird. Löschungserleichterungen gelten also bei Rechten unter 58.674,90.[6]

Da in der sowjetischen Besatzungszone keine Währungsreform (RM in DM) erfolgte, wird in den neuen Bundesländern 1:2 (RM zur DM) umgestellt. Die Formel lautet:[7] 2 RM bzw. GM/FGM sind 1 DM (DDR), die wiederum in 1,95583 EUR umgerechnet werden. Der Schwellenwert liegt nur bei 11.734,98 RM/GM/FGM bzw. 5.867,49 DM.[8]

Ein weiteres Privileg regelt § 18 Abs. 2 GBMaßnG für Erbrechtsnachfolgenachweise: Das Grundbuchamt hat Ermessen und kann auf Erbschein/notarielles Testament zugunsten anderer Nachweise verzichten, wenn ihre Beschaffung unverhältnismäßig aufwändig ist (z.B. eidesstattliche Versicherung). Eine Löschung von "von Amts wegen" erfolgt jedoch nicht.

Taler/Gulden/Mark (M)

Grundpfandrechte in Mark oder in früheren Währungen hätten auf Antrag bis zum 31.3.1931 aufgewertet werden müssen und gelten bei nicht fristgerechter Umstellung als erloschen.[9] Ohne Unterlagen kann höhenunabhängig Unrichtigkeitsberichtigung beantragt werden.[10]

Grundpfandrechte in Goldmark (GM) oder Feingoldmark (FGM)

Die GM (Synonym: Feingoldmark) war nur eine Berechnungseinheit, kein Zahlungsmittel[11] zum Zweck der Wertbeständigkeit von Sicherungsmitteln. Für diese Grundpfandrechte gelten Erleichterungen nach §§ 18, 36a GBMaßnG. Im Vorfeld sind jedoch ernsthafte Versuche der Gläubigerermittlung erforderlich. Erst bei Fehlschlagen kann die Hinterlegung (§ 1171 BGB) zum Zweck des Gläubigerausschlusses (§ 1170 BGB) erfolgen. Der Hinterlegungsbetrag steht aber auf unabsehbare Zeit nicht zur Verfügung.

Reichsmark (RM) oder Deutscher Mark (DM)

Solche Grundpfandrechte unterliegen keinen Besonderheiten. Sie sind zunächst nach der o.g. Formel in EUR umzurechnen. Formelle Löschungserleichterungen gelten bei Einhaltung des Schwellenwerts. Anderenfalls muss die Bewilligung des Berechtigten (mit Erbnachweis) vorgelegt oder der Nominalbetrag hinterlegt werden.

Grundpfandrechte in DM (DDR)

Es gilt nach § 36a GBMaßnG ein Umrechnungsfaktor von 2:1. Darüber hinaus ergeben sich bei der Behandlung solcher Eintragungen – mit Ausnahme der u.g. Hinterlegungserleichterung – keine Besonderheiten.

Fehlende Briefe

Bei Briefrechte wird oft die Briefeigenschaft übersehen. Gesetzlicher Normalfall ist das Briefrecht (§ 1116 Abs. 1 BGB).[12] Brieflose Rechte müssen ausdrücklich bezeichnet werden. Bei ihrer Löschung ist zwingend der Brief vorzulegen.[13] Anderenfalls ist ein Aufgebotsverfahren erforderlich.[14] Hierfür sind in der Praxis 12–18 Monate und Kosten einzuplanen. Auch wenn es Ausnahmen gibt,[15] sind für Privatgläubigern keine Erleichterungen vorgesehen[16] und die Verfahrensanforderungen sind einzuhalten.[17]

Aufgebotsverfahren

Neben dem Brief-Aufgebotsverfahren existiert auch ein Verfahren für Grundpfandrechte selbst – allerdings nur bei unbekannten Gläubigern und erst zehn Jahren nach der letzten Grundbucheintragung. Bei namentlicher Gläubigernennung ist nachzuweisen, dass trotz Ausschöpfung zumutbarer Erkenntnisquellen keine Kontaktaufnahme möglich war.[18] Unbekannter Aufenthalt allein genügt nicht.[19] Das Erlöschen der Forderung muss nicht dargelegt werden.[20]

Ablösung und Hinterlegung

Führt keine Erleichterungen weiter und ist die Erwerberübernahme unmöglich, bleibt ledigl...

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