1 Leitsatz

Hat eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mit einem Werkunternehmer einen Vertrag zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums geschlossen, gehört es zu den Pflichten der Verwaltung, die Arbeiten wie ein "Bauherr" zu überwachen. Bei der Bewirkung von Zahlungen ist er verpflichtet, wie ein Bauherr sorgfältig zu prüfen, ob bestimmte Leistungen erbracht und Abschlags- oder Schlusszahlungen gerechtfertigt sind.

2 Normenkette

§§ 19 Abs. 2 Nr. 2, 26 WEG; § 280 Abs. 1 BGB

3 Das Problem

Wohnungseigentümer beschließen im Juli 2019, die Dacheindeckung erneuern zu lassen. Nach der Vergabe der Arbeiten an eine X-GmbH mit einem Gesamtvolumen von 116.497,85 EUR brutto stellt diese GmbH der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K für Material eine Abschlagsrechnung in Höhe von 61.872 EUR. Im Oktober 2019 zahlt der Verwalter B aus Mitteln der K einen Betrag von 70.000 EUR. Nach dem Beginn der Arbeiten zahlt B im November 2019 einen weiteren Betrag von 34.500 EUR, obwohl die X-GmbH hierfür keine Abschlagsrechnung gestellt hatte. Die X-GmbH stellt die Arbeiten bei einem Baufortschritt von ca. 85 - 90 % ein. Ein von K in Auftrag gegebenes Gutachten bezeichnet die Arbeiten der X-GmbH als mangelhaft und unbrauchbar; zur Beseitigung der Mängel sei der Abriss der bisherigen Arbeiten erforderlich. K nimmt die X-GmbH daher auf Rückzahlung der Abschläge in Anspruch. Ferner verklagt K den B. Auch von diesem verlangt K, die Abschläge zurückzuzahlen. Das AG verurteilt B entsprechend (Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche der K gegen die X-GmbH). Auf die Berufung des B hebt das LG dieses Urteil hingegen auf und weist die Klage ab. Es verneint einen Schadensersatzanspruch. K habe, eine Pflichtverletzung des B unterstellt, schon nicht hinreichend dargelegt, dass der Vermögensabfluss von 104.500 EUR überhaupt ihrem Schaden entspreche: K lasse den Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung außer Betracht. Ferner fehle es im Fall an einer Kausalität.

4 Die Entscheidung

Das sieht der BGH anders! Einerseits müsste B darlegen und beweisen, dass K einen Vorteil habe. Es gebe auch kein rechtmäßiges Alternativverhalten des B. Das LG müsse daher weitere Feststellungen treffen. Dazu weist der BGH darauf hin, dass es zu den Pflichten eines Verwalters gehöre, Erhaltungsmaßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum wie ein "Bauherr" zu überwachen. Bei der Bewirkung von Zahlungen sei er verpflichtet, wie ein "Bauherr" sorgfältig zu prüfen, ob bestimmte Leistungen erbracht und Abschlags- oder Schlusszahlungen gerechtfertigt seien. Für ihn erkennbare Mängel müsse er berücksichtigen. Ein Verwalter habe demnach zu prüfen, ob eine von dem mit einer Erhaltungsmaßnahme beauftragten Werkunternehmer verlangte Abschlagszahlung dem Grunde und der Höhe nach berechtigt sei. Der Verwalter müsse die Abschlagsrechnung außerdem daraufhin durchsehen, ob sie zu dem Auftrag und dem Leistungsstand passe. Eine Abschlagszahlung für Stoffe oder Bauteile, die angeliefert oder eigens angefertigt und bereitgestellt seien, erfordere, dass der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach ihrer Wahl Eigentum an den Stoffen oder Bauteilen übertragen oder entsprechende Sicherheit hierfür geleistet werde. Auf die Frage, ob für B Mängel der Werkleistungen erkennbar gewesen seien, komme es demnach (zunächst) nicht an. Sollte sich herausstellen, dass B seinen Pflichten bei Überprüfung der Abschlagsrechnung genügt habe, müsse sich das LG mit der Frage befassen, ob sich ein Verwalter, der nicht selbst über die erforderlichen Kenntnisse für die Prüfung der Werkleistungen verfüge, auf eine allein auf mangelnder Fachkunde beruhende fehlende Erkennbarkeit von Mängeln der Werkleistung berufen könne. Das könne insbesondere dann zu verneinen sein, wenn es der Verwalter bei einer mit erheblichem Kostenrisiko verbundenen umfangreichen baulichen Maßnahme unterlassen habe, die Wohnungseigentümer auf seine fehlende Fachkompetenz hinzuweisen und eine Beschlussfassung über eine überwachende Tätigkeit durch Sonderfachleute vorzubereiten.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall geht es aus Verwaltersicht um die Frage, welche Pflichten die Verwaltung bei der Betreuung von Werkverträgen treffen. Eine dieser Fragen ist, ob und wann die Verwaltung dem Werkunternehmer Abschläge zahlen darf und ob sie bei der Verletzung ihrer Pflichten u. a. aus ihrem Verwaltervertrag Schadensersatz schuldet.

Werkverträge: Grundlagen

Bei einem Werkvertrag geht es zunächst darum, nach der Feststellung, was zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu tun ist und woher die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die notwendigen Mittel hierfür nimmt, für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer anhand von aussagekräftigen Angeboten (Daumenregel: derzeit sind bei größeren Baumaßnahmen in der Regel 3 Angebote notwendig, aber auch ausreichend) einen Vertragspartner zu finden. Im Anschluss an die Willensbildung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat die Verwaltung mit dem Werkunternehmer namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einen Vertrag zu schließen, der im Einzelnen konkret bestimmt, was die V...

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