Agile strategische Personalplanung: Personalbedarf klären

Ist die Motivation in den einzelnen Bereichen, die Personalplanung agil anzugehen, vorhanden, kann man mit Baustein 1 der agilen strategischen Personalplanung beginnen. Dieser Baustein ist Ausgangspunkt, aber auch ein wiederkehrender Prozessschritt. Das Ziel des ersten Bausteins ist es, den künftigen Personalbedarf zu erkennen.

Um den Personalbedarf zu ermitteln, muss man die Unternehmensstrategie auf die Ebene strategischer Initiativen herunterbrechen. Das erfolgt auf der quantitativen Ebene: Wie viele Mitarbeitende werden wo auf der Welt in welchen Bereichen gebraucht? Und die qualitativen Anforderungen müssen erfragt werden: Welche Kompetenz- oder Qualifikationsveränderungen sind absehbar?

Der Punkt der Qualifikationen ist besonders interessant: Es ist wichtig, nicht mehr nur statisch in Kompetenzen zu denken. Es geht vielmehr darum, wie sich ein Mindset notwendigerweise verändert und wie sich das abbilden lässt. Also zum Beispiel die Anforderung, in neuen Geschäftsmodellen, kürzeren Veränderungszyklen, in anderen Kulturen oder Märkten zu denken.

Unternehmensstrategie auf Bereiche herunterbrechen

Im Mittelpunkt des Vorgehens stehen die Geschäftsbereiche. Sie kennen die Strategie und übersetzen das mithilfe von HR in die personelle Planung: Sind die Vorhaben mit der vorhandenen Mannschaft zu stemmen? Braucht es mehr, weniger oder andere Mitarbeitende? Das heißt, Kern dieses Bausteins ist der Dialog mit dem Geschäftsbereich. Das ist nichts, was automatisiert erstellt werden kann, es geht nur im direkten Gespräch.

Erster Workshop zur agilen strategischen Personalplanung

Der Teilnehmerkreis setzt sich beispielsweise zusammen aus einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin der Bereichsleitungsebene, der oder die ein übergeordnetes Strategieverständnis hat, einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin, der oder die direkt diesen Bereich führt, und gegebenenfalls einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin, der oder die mehr im Operativen dieses Bereichs tätig ist und die Auswirkungen vielleicht noch direkter benennen kann. Diese Teilnehmenden treffen sich in der Regel zu drei bis vier Workshops.

Im ersten Workshop ist der Blick meist noch sehr global. Im Zentrum steht die Frage: Was sind die "Pain Points" der nächsten zwei bis fünf Jahre? Wir sammeln die Antworten, um die Treiber zu identifizieren. Ziel ist es, durch Selektion und Verdichtung auf etwa drei bis vier strategische Treiber zu kommen. Die Auswahl kann dabei sehr breit sein und von Produktivitätszielen über neue Produktionstechnologien bis zu neuen gesetzlichen Vorgaben reichen.

Nach der Verdichtung der Treiber stellt sich die Frage, welche Folgen das auf den Faktor Arbeit hat. Wenn zum Beispiel ein Sportwagenhersteller die Option zum autonomen Fahren entwickeln will, wird hier klar, dass dafür Mitarbeitende benötigt werden, die spezifisches Software- oder verkehrsrechtliches Verständnis haben. Es kann also schon jetzt ein breites Spektrum an Kompetenzprofilen erwachsen.

Wie detailliert man an diesem Punkt bereits arbeitet, hängt vom Projekt ab. Doch egal, wie tief man ins Details geht – die entscheidende simple Frage ist immer: Was bedeutet das in Bezug auf die Mitarbeiteranzahl und -kompetenzen? Dieser Prozess wird für jeden Treiber durchgeführt: So entstehen mehr oder weniger verzweigte Treiberbäume, die auf den Wänden eines Planungsraums dokumentiert werden.

Betroffene Mitarbeitergruppen identifizieren

Sobald die Treiberbäume stehen, können wir prüfen, welche Mitarbeitergruppen hinsichtlich ihrer Kompetenzen betroffen sind. Über alle Treiberbäume hinweg stellen wir dann fest, welche fünf Mitarbeitergruppen am meisten qualitativ oder quantitativ betroffen sind. In aller Regel liegt im ersten Schritt der Fokus auf den Kompetenzen, die noch gar nicht vorhanden sind oder in erheblich größerem Umfang benötigt werden. Der Grund ist der erhebliche Rekrutierungsaufwand beziehungsweise das Geschäftsrisiko, das sich darin verbirgt. Diese Mitarbeitergruppe sehen wir uns genauer an: Wie viele Mitarbeitende davon sind heute bereits im Unternehmen? Wie viele davon werden im fraglichen Zeitraum noch da sein – nach Verrentung  und Fluktuation? Hier beginnen sich die einzelnen Bausteine miteinander zu verzahnen: Im Baustein 3 (Personalbestand) werden auf solche Fragen – soweit sie nicht bereits geklärt sind – Antworten ermittelt, die dann wieder in Baustein 1 (Personalbedarf) einfließen.

Beispiel zur agilen strategischen Personalplanung

In einem ersten Wurf könnte also der Sportwagenhersteller feststellen: Von den aktuell beschäftigten, infrage kommenden Ingenieuren und Ingenieurinnen gehen 30 Prozent bald in Rente oder fluktuieren weg. Es bleiben 70 Prozent. Der Bedarf liegt aber bei 140 Prozent. Schon diese schnelle Überlegung gibt ein Gefühl für die Entwicklung. Das kann der Anlass sein, die Bedarfsprognose zu prüfen und gegebenenfalls zu modifizieren oder in anderen Abteilungen nach Mitarbeitenden zu suchen, die querqualifiziert werden könnten. An diesem Punkt fängt die iterative Arbeit an – das Verknüpfen der einzelnen Planungsbestandteile beginnt.

Da es in diesem Stadium häufig um nur wenig objektivierbare Annahmen geht, hilft es enorm, hier Szenarien durchzuspielen und Vergleichswerte heranzuziehen, wie zum Beispiel die erwarteten Absatzzahlen – also Kennzahlen aus dem täglichen Geschäft. Klar ist, dass es sich immer um Trends handelt. Doch schon damit macht es an dieser Stelle im Workshop oft Klick und es wächst ein Verständnis für die Folgen von Entscheidungen und für das Drehen an Stellschrauben, um zu einem Ergebnis zu gelangen, das stimmig scheint. Das passiert auch dadurch, dass die verschiedenen Perspektiven der Abteilungen einfließen. So hat der Finanzbereich einen anderen Blick als der Geschäftsbereich oder der Personalbereich. Und gemeinsam stehen sie dann an der Planungswand und schieben die Optionen hin und her. Das ist einer der wichtigsten Abschnitte im ganzen Prozess und auch der Punkt, an dem das agile Vorgehen stark zum Ausdruck kommt.


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