Leitsatz (amtlich)

Der teilentgeltliche Erwerb eines Mitunternehmeranteils hat die Unterbrechung der Vorbesitzzeit des erwerbenden Mitunternehmers i.S. von § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG 1990 zur Folge, soweit diese auf den ausscheidenden Mitunternehmer entfällt.

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine KG, an der S als Komplementär und seine Schwester K als Kommanditistin je zur Hälfte beteiligt waren. Zum 31.12.1991 trat die Ehefrau M des S mit einer Bareinlage von 50 000 DM als Kommanditistin in die KG ein; sie ist ab 1.1.1992 mit 5 % beteiligt. K schied zum 1.1.1992 gegen eine Abfindung von 2 Mio. DM aus. Am 29.12.1992 veräußerte die KG ein seit 1976 zu ihrem Betriebsvermögen gehörendes Grundstück. Den Veräußerungsgewinn ermittelte sie mit 3 050325 DM, übertrug davon 1612783 DM auf die Anschaffungskosten eines 1991 erworbenen Grundstücks und stellte den Restbetrag von 1437 542 DM in eine Rücklage nach § 6b EStG ein. Das Finanzamt stellte den Veräußerungsgewinn mit 3 024042 DM fest und erkannte die Rücklage nur in Höhe von 219 968 DM an. Dabei ging es davon aus, dass die Vorbesitzzeit der ausgeschiedenen Gesellschafterin K bei der Berechnung der Rücklage nicht berücksichtigt werden dürfe. Klage[1] und Revision blieben erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Die mit dem Ausscheiden von K verbundene teilentgeltliche Übertragung ihres Gesellschaftsanteils auf die Mitgesellschafter hat zur Folge, dass die von § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG vorausgesetzte Besitzzeit unterbrochen wurde. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH begründet § 6b EStG keine gesellschafts- oder betriebsbezogene, sondern eine personenbezogene Steuervergünstigung. Dementsprechend ist auch die in § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG geregelte Vorbesitzzeit personenbezogen zu verstehen[2]. Hat der Gesellschafter seinen Gesellschaftsanteil oder einen Teil dieses Anteils unentgeltlich (hinzu) erworben, so ist ihm die Besitzzeit seines Rechtsvorgängers anzurechnen[3]. Wie sich der teilentgeltliche (Hinzu-)Erwerb des Gesellschaftsanteils auf die Vorbesitzzeit auswirkt, hatte der BFH bisher noch nicht zu beurteilen. Eine Unterbrechung der Vorbesitzzeit wird in der Literatur teils hinsichtlich des unentgeltlichen Teils der Übertragung verneint[4], teils wird sie bejaht[5]. Der erkennende Senat folgt der zuletzt genannten Ansicht. Bei der teilentgeltlichen Veräußerung von Betrieben und Mitunternehmeranteilen geht das EStG von einem einheitlichen Anschaffungs- und Veräußerungsvorgang aus, falls der Veräußerungspreis den Buchwert des übertragenen Betriebsvermögens oder des Kapitalkontos des Veräußerers übersteigt. Der Vorgang wird nicht in eine entgeltliche und eine unentgeltliche Übertragung aufgespalten. Diese sog. Einheitstheorie gilt in gleicher Weise für den Veräußerer wie für den Erwerber[6].

Nach diesen Grundsätzen kann S die Vergünstigungen des § 6b EStG nur für den auf seinen ursprünglichen Mitunternehmeranteil - vor dem Ausscheiden der K - entfallenden anteiligen Gewinn aus der Grundstücksveräußerung beanspruchen. Die stillen Reserven, die auf den teilentgeltlich erworbenen Mitunternehmeranteil der K entfallen, sind beim Ausscheiden der K zwar nur teilweise aufgedeckt worden. Sie können aber - soweit sie erhalten geblieben sind - nicht den Gesellschaftern S und M zugerechnet werden, da diese nicht, auch nicht partiell, unentgeltliche Rechtsnachfolger der K nach § 7 Abs. 1 EStDV geworden sind. Durch die entgeltliche Veräußerung des Mitunternehmeranteils der K ist die Vorbesitzzeit hinsichtlich ihres Anteils an dem später von der Gesellschaft veräußerten Grundbesitz in vollem Umfang unterbrochen worden.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 7.11.2000 – VIII R 27/98

[4] Vgl. Welbers, in: Lademann, Einkommensteuergesetz, § 6b Anm. 92e; BMF-Schreiben vom 13.1.1993, IV B 3 - S 2190 - 37/92, BStBl I1993, Tz. 80, Rz. 41
[5] Vgl. z.B. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 19. Aufl., München 2000, § 6b Rz. 68, § 16 Rz. 59

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