Die Kleinunternehmer können jedoch nach § 19 Abs. 2 UStG auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichten, d. h., zur Umsatzsteuer optieren. Damit werden sie wie andere Unternehmer umsatzsteuerpflichtig mit allen Konsequenzen, auch der Vorsteuerabzugsberechtigung. Der Verzicht auf die Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG kann nur einheitlich für die gesamte unternehmerische Tätigkeit, also das gesamte Unternehmen (siehe Kapitel 14.1, insbesondere Kapitel 14.1.2) erklärt werden. Eine Verzichtserklärung, die sich auf einzelne Unternehmensteile beschränkt, ist umsatzsteuerrechtlich wirkungslos (BFH, Urteil v. 24.7.2013, XI R 31/12, BStBl. 2014 II S. 214). Die Option setzt nicht voraus, dass der Unternehmer in dem Kalenderjahr, für das er den Verzicht erklärt, tatsächlich Umsätze erzielt. Hat er in diesem Jahr Eingangsumsätze, z. B. wenn er eine Fotovoltaikanlage installieren lassen hat, so kann er die hierauf entfallende Vorsteuer geltend machen.

Das Gesetz verlangt keine bestimmte Form für die Option, sie kann daher in jeder Form erfolgen, auch durch schlüssiges Verhalten des Steuerpflichtigen (BFH, Urteil v. 28.6.1995, XI R 40/94, BStBl. 19995 II S. 805, m. w. N). So genügt es, wenn in den Umsatzsteuervoranmeldungen oder in der Jahreserklärung die Umsatzsteuer nach den allgemeinen Vorschriften berechnet wird (BFH, Urteile v. 11.12.1997, V R 50/94, BStBl. 1998 II S. 420 und v. 19.12.1985, V R 167/82, BStBl. 1986 II S. 420).

 
Praxis-Tipp

Schon aus Beweiszwecken ist jedoch eine eindeutige, schriftliche Erklärung in Bezug auf die Option gegenüber dem Finanzamt anzuraten.

Der Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung ist spätestens bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung (§ 18 Abs. 3 und 4 UStG) zu erklären. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erfolgt ist (BFH, Urteil v. 19.12.2013, V R 6/12, DB 2014 S. 1354 Rn. 23). Monatliche oder vierteljährliche Voranmeldungen oder die Festsetzung einer Umsatzsteuervorauszahlung sind keine Steuerfestsetzungen in diesem Sinn (Korn in Bunjes 2014, § 19 Rn. 20). Bei einer Jahressteueranmeldung nach § 18 Abs. 3 UStG tritt die formelle Unanfechtbarkeit einen Monat nach ihrem Eingang bei der Finanzbehörde ein (§ 355 Abs. 1 Satz 2 AO). Muss die Finanzbehörde gemäß § 168 Satz 2 AO der Anmeldung erst noch zustimmen, gilt eine Frist von einem Monat nach Bekanntgabe der Zustimmung. Enthält die Zustimmung keine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung, verlängert sich die Frist auf ein Jahr (§ 356 Abs. 2 AO; BFH, Urteil v. 9.7.2003, V R 29/02, BFH/NV 2003 S. 1467).

Wird der späteste Zeitpunkt des Verzichts versäumt, ist keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO und damit keine Nachholung der Handlung möglich, eine solche Wiedereinsetzung ist nur bei Fristen gegeben. § 19 Abs. 2 Satz 1 UStG bestimmt aber keine Frist, sondern einen Zeitpunkt, zu dem eine bestimmte Wirkung eintritt (Mößlang in Sölch/Ringleb 2013, § 19 Rn. 32).

Macht ein Kleinunternehmer von der Option Gebrauch, ist er an diese Entscheidung für mindestens fünf Kalenderjahre gebunden und kann sie nur mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen (§ 19 Abs. 2 Satz 2 f. UStG).

 
Wichtig

Führt ein Kleinunternehmer einen Umsatz aus, der gemäß § 4 UStG steuerfrei ist, bietet sich ihm nach dem Vorstehenden i. V. m. § 9 UStG ggf. die Möglichkeit einer sog. Doppeloption:

  • Er verzichtet zunächst nach § 19 Abs. 2 UStG auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung.
  • Zudem verzichtet er gemäß § 9 UStG auf die Steuerfreiheit eines der dort genannten Umsätze.

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