Begriff

BGB § 535

  1. Dem Betreiber eines Parkplatzes obliegt bei winterlichen Wetterverhältnissen die Räum- und Streupflicht. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um einen öffentlichen oder privaten Parkplatz handelt.
  2. Grundvoraussetzung für die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht wegen Verstoßes gegen Räum- und Streupflichten ist entweder das Vorliegen einer allgemeinen Glätte oder von erkennbaren Anhaltspunkten für eine ernsthaft drohende Gefahr aufgrund vereinzelter Glättestellen.
  3. Der Umfang der Streupflicht richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

(Leitsätze der Redaktion)

Das Problem

Die Entscheidung behandelt die Frage, in welchen Fällen und in welchem Umfang der Eigentümer eines Parkplatzes bei winterlichen Wetterverhältnissen verpflichtet ist, den Bereich der Stellplätze schnee- und eisfrei zu halten. Der Kunde eines Lebensmittelmarktes hatte seinen Pkw auf dem zu dem Geschäft gehörenden Parkplatz abgestellt. Beim Verlassen des Fahrzeugs übersah er, dass sich im Bereich einer Bodenvertiefung Glatteis gebildet hatte. Der Kunde stürzte; wegen der damit verbundenen Verletzungen nimmt er den Betreiber des Lebensmittelmarktes auf Schadensersatz in Anspruch.

Das Berufungsgericht wies die Klage ab. Die Revision blieb erfolglos.

Die Entscheidung

1. Grundsatz: Dem Betreiber eines Parkplatzes obliegt die Verkehrssicherungspflicht

Der BGH führt aus, dass dem Betreiber eines Parkplatzes die Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich der markierten Stellflächen und der Zu- und Abfahrten obliegt. Bei winterlichen Wetterverhältnissen umfasst die Verkehrssicherungspflicht auch die Räum- und Streupflicht. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um einen öffentlichen oder privaten Parkplatz handelt. Für den Kundenparkplatz eines Handelsunternehmens gilt keine Ausnahme.

2. Voraussetzungen der Streupflicht

Grundvoraussetzung für die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht wegen Verstoßes gegen Räum- und Streupflichten ist entweder das Vorliegen einer allgemeinen Glätte oder von erkennbaren Anhaltspunkten für eine ernsthaft drohende Gefahr aufgrund vereinzelter Glättestellen. Nach der Rechtsprechung des BGH richten sich Inhalt und Umfang der winterlichen Räum- und Streupflicht unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherung nach den Umständen des Einzelfalls (BGH, VersR 2012 S. 1050 Rn. 10 m. w. N.). Eine für alle Parkflächen gleichmäßig geltende Regel lässt sich dabei nicht aufstellen.

3. Für den Umfang der Streupflicht kommt es auf den Einzelfall an

Im Grundsatz gilt, dass die Streupflicht als Teil der Verkehrssicherungspflicht nur wirkliche Gefahren beseitigen, nicht aber bloßen Unbequemlichkeiten vorbeugen soll. Hieraus ist abzuleiten:

  1. Für den Betreiber des Parkplatzes wird die Streupflicht durch den Grundsatz der Zumutbarkeit begrenzt. Bei großen Parkflächen wird üblicherweise maschinell gestreut. Der Einsatz von Streufahrzeugen im Bereich der Stellplätze ist begrenzt, wenn dort ein ständiger Fahrzeugwechsel stattfindet. Eine kontinuierliche Kontrolle dieser Bereiche und ggf. eine händische Bestreuung ist dem Betreiber des Parkplatzes nicht zuzumuten.
  2. Die Benutzer des Parkplatzes trifft die Obliegenheit der Eigenvorsorge. Hier ist zu bedenken, dass sich die Nutzer beim Aussteigen am Fahrzeug festhalten können; dieses Maß an Eigenschutz ist zu erwarten, weil bei winterlichen Wetterverhältnissen mit vereinzelten Glättestellen zu rechnen ist.

Im Entscheidungsfall kommt der BGH zum Ergebnis, dass dem Betreiber des Lebensmittelmarktes keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zur Last fällt.

BGH, Urteil v. 2.7.2019, VI ZR 184/18, GE 2019 S. 1169

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