Leitsatz

Von einem Baum herabtropfendes Baumharz und herabfallende Früchte, hier Kastanien, sind natürliche Erscheinungen, die lediglich eine Folge der Gegebenheiten der Natur darstellen und die von einem Sondernutzungsberechtigten, dessen Sondernutzungsrecht bereits vom Zeitpunkt seiner Entstehung durch einseitige Zuweisung durch den Bauträger durch die Existenz eines entsprechenden Baumes gekennzeichnet ist, hinzunehmen sind.

 

Normenkette

BGB § 1004; WEG § 15 Abs. 3, § 21 Abs. 8, § 22 Abs. 1 Satz 1

 

Das Problem

  1. Inhalt des Sondereigentums des K ist ein Sondernutzungsrecht an einem Kfz-Stellplatz. K fühlt sich durch Kastanien und Baumharz gestört. Er klagt daher gegen die anderen Wohnungseigentümer auf eine richterliche Gestaltung.
  2. Das Amtsgericht (AG) gibt der Klage statt. K soll es nach seiner Ansicht gestattet werden, auf dem Stellplatz einen standsicheren und fachgerechten Carport gemäß einer Bildvorlage (Ausführung in Holz) unter dem Kastanienbaum zu errichten, mit der Maßgabe, dass die Holzpfosten des Carports nur auf seinem Stellplatz stehen dürfen, die Durchfahrtshöhe des Carports maximal 2,40 m betragen dürfe und die Farbe des Holzes mit der Farbe des Gartenhäuschens auf dem angrenzenden Grundstück abgestimmt werden müsse. Weitere Maßgabe sei, dass K die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit der Errichtung gewährleiste. Ferner soll K die für den Carport anfallenden Kosten und Folgekosten tragen. Zur Begründung gibt es an, K habe einen Anspruch darauf, dass das Gericht nach § 21 Abs. 8 WEG die nach dem Gesetz erforderlichen Maßnahmen treffe und die Gestattung der Errichtung eines Carports anordne. Die in dieser Angelegenheit vorbefassten Wohnungseigentümer hätten in 2 Versammlungen keine geeigneten Maßnahmen beschlossen, um die Gefahren von der Kastanie, die die Nutzung des Stellplatzes erheblich beeinträchtige, auszuschließen. Die von den anderen Wohnungseigentümern vorgeschlagenen Alternativmaßnahmen zu einem Carport seien nicht gleich geeignet wie die Errichtung eines Carports, weshalb das Ermessen der Wohnungseigentümer dahin reduziert sei, die Errichtung eines Carports zu genehmigen. Von der Kastanie gingen nicht nur allgemeine Baumgefahren wie Astbruch aus, sondern insbesondere Gefährdungen wegen der Art des Baumes, nämlich durch das Herabfallen von Kastanien und Baumharz. Der Anspruch ergebe sich aus § 1004 BGB sowie aus § 15 Abs. 3 WEG.
  3. Gegen diese Sichtweise wenden sich die beklagten Wohnungseigentümer. Sie meinen, die Beeinträchtigungen seien bereits beim Erwerb des Sondernutzungsrechts bekannt gewesen, weil der Baum als Kastanie erkennbar und auch in der Gemeinschaftsordnung als solcher bezeichnet sei. Der Baum sei mehr als 60 Jahre alt und habe auch bei der Aufteilung in Sondereigentum bereits eine gewisse Größe und Dimension gehabt. Die bauliche Veränderung sei auch nicht von dem Sondernutzungsrecht des K gedeckt. Die generierte Duldungsverpflichtung widerspreche dem Normzweck des § 21 Abs. 8 WEG. Es liege ein erheblicher Eingriff in die Entscheidungsautonomie der Wohnungseigentümer vor, wenn durch die bauliche Maßnahme eine Ästhetik geschaffen werde, die die meisten Wohnungseigentümer nicht haben wollten. Soweit ein entsprechender Anspruch bestünde, wäre es richtig gewesen, die Gemeinschaft zur Errichtung eines Carports auf dem Stellplatz zu verpflichten. Die Errichtung eines Carports sei auch nicht erforderlich, um Schaden abzuwenden. Hierfür gebe es andere Möglichkeiten.
 

Die Entscheidung

Die Berufung hat Erfolg! Zwar habe das AG zu Recht ausgeführt, dass der auf Beschlussersetzung gemäß § 21 Abs. 8 WEG gerichtete Klageantrag Erfolg haben könne, wenn K ein Anspruch auf Gestattung der Errichtung des Carports zustehe. Einen solchen Anspruch habe K aber nicht.

Anspruch auf Zustimmung zur Errichtung eines Carports: § 15 Abs. 3 WEG, § 1004 BGB

  1. Es könne dahinstehen, ob sich aus § 15 Abs. 3 WEG oder § 1004 BGB für den Sondernutzungsberechtigten eines Kfz-Stellplatzes aus besonderen Gründen ein Anspruch auf Zustimmung zur Errichtung eines Carports auf seinem Stellplatz gegen die übrigen Eigentümern ergebe.
  2. Jedenfalls K stehe ein solcher Anspruch nicht zu. Der Kastanienbaum sei unstreitig bereits zum Zeitpunkt der Aufteilung des Bestandsgebäudes in Wohnungseigentum im Jahr 2004 vorhanden und sei sogar in einer Anlage zur Gemeinschaftsordnung ausdrücklich ausgewiesen gewesen. Ferner sei immer klar gewesen, wo die Sondernutzungsrechte liegen würden. Das von K im Jahr 2011 "erstandene" Sondernutzungsrecht sei daher von Anfang an durch einen existierenden Kastanienbaum eingeschränkt gewesen. Die von diesem Baum ausgehenden Beeinträchtigungen, die allein auf den Gegebenheiten der Natur beruhten (herabfallende Früchte, Baumharz), habe K deshalb hinzunehmen.
  3. Dem könne auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, aus dem Plan zur Gemeinschaftsordnung ergebe sich nicht die wahre Größe des Kastanienbaums in Relation zum Stellplatz. Denn Bäume unterlägen einem Wachstum. Eine entsprechende Darstellung der Lage von...

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