Eine weitere Besonderheit der Immobilienmärkte ist die inelastische Reaktion des Angebots auf Preisveränderungen, die maßgeblich für die zyklischen Entwicklungen an vielen Immobilienmärkten verantwortlich ist. Bei einer vergleichsweise starr verlaufenden Angebotskurve bewirken unvorhergesehene Schwankungen der Nachfrage erhebliche Preisausschläge nach oben oder unten. Der Preisdruck kann zunächst kaum durch eine Ausweitung der Angebotsmenge gedämpft werden.

Bei einem Investment an einem zyklischen Markt wie dem Immobilienmarkt besteht daher stets die Gefahr, dass man während einer zyklischen Preisspitze in den Markt einsteigt und danach zunächst entsprechende Wertverluste aus dem Engagement zu tragen hat. Als Grund für die inelastische Reaktion des Angebots ist neben der Unvorhersehbarkeit (Nicht-Antizipierbarkeit) von Markttrends vor allem der Zeitbedarf für die Projektentwicklung zu nennen. Die Zuwachsrate des Angebots im Falle steigender Preise hängt außerdem vom Baulandangebot, von der Kapazitätsauslastung in der Bauwirtschaft und nicht zuletzt vom Engagement der Kreditgeber ab.

Die unstetige Kreditvergabe der Banken für Projektentwicklungen wirkt dabei oft als prozyklischer Verstärker der Entwicklung. In einer konjunkturellen Aufschwungphase mit steigenden Immobilienpreisen legen die Kreditgeber nicht selten eine übermäßige Risikofreude an den Tag und sehen bei der Kreditwürdigkeit und den Objektrisiken nicht allzu genau hin. Wenn sie dann im anschließenden Konjunkturabschwung Verluste aus ihren leichtfertig eingegangenen Engagements realisieren, neigen sie dazu, den Zugang zu Finanzierungen spürbar einzuschränken und die Risikoprämien deutlich zu erhöhen. Die Finanzkrise der Jahre 2008 ff. bietet dafür reichlich Anschauungsmaterial (siehe dazu Kofner 2008b). Es hat sich gezeigt, dass die Ausschläge bei der Einschätzung von Finanzierungsrisiken so extrem ausfallen können, dass es in der Korrekturphase sogar zu einer allgemeinen Kreditklemme kommen kann.

Aus den genannten Gründen haben wir es an den Immobilienmärkten typischerweise mit einer „geknickten” Angebotskurve („kinked supply curve“) zu tun (Bild 3.1).

 

Bild 3.1: Stilisierte Angebotskurve am Immobilienmarkt

Im Bezug auf den Verlauf der Angebotskurve muss zwischen der kurz-, der mittel- und der langfristigen Perspektive unterschieden werden. In der kurzfristigen Betrachtung verhält sich das Angebot nahezu starr. Bei fallenden Mietpreisen nehmen die Investoren auch auf mittlere Sicht eine Unterdeckung der fixen Kosten durch die Mieteinnahmen in Kauf.

Fallen die Mietpreise so weit, dass selbst Instandhaltungsmaßnahmen im Vergleich mit Kapitalmarktrenditen nicht mehr lohnend erscheinen, so unterbleiben die notwendigen Instandhaltungen. Dies hat zunächst noch keine Auswirkungen auf das quantitative Angebot. Mittelfristig verschlechtert sich aber die bauliche Beschaffenheit der Immobilien und auf lange Sicht scheiden sie aus dem Markt aus.

Auch bei steigenden Mietpreisen kann das Angebot kurzfristig nur in sehr begrenztem Umfang variiert werden. Wenn die steigenden Preise auf eine unerwartete Zunahme der Nachfrage zurückzuführen sind (externer Schock), konnten sie in den Investitionsplänen nicht vorhergesehen werden. Auch wenn von den gestiegenen Preisen und Renditen nun Anreize für zusätzliche Investitionen ausgehen, vergeht doch viel Zeit, bis ein zusätzliches Angebot marktwirksam werden kann. Mittel- bis langfristig reagiert das Angebot dagegen durchaus elastisch auf gestiegene Preise. Alles in allem ergeben sich die in Bild 3.1 stilisierten Verläufe der kurzfristigen (Ak) und der langfristigen Angebotskurve (Al) am Immobilienmarkt[1].

[1] Siehe auch Kofner 2012, Abschnitt 2.1.

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