In Einzelfällen kann es problematisch sein zu erkennen, ob Gegenstand des (Kauf-)Vertrags lediglich das unbebaute oder bereits das bebaute Grundstück sein soll. Der Gegenstand des Erwerbsvorgangs wird dabei durch das von den Vertragsparteien gewollte wirtschaftliche Ergebnis bestimmt.

 
Achtung

Wenn dem Erwerber die Errichtung eines bestimmten Gebäudes auf einem bestimmten Grundstück zu einem im wesentlichen feststehenden Preis einheitlich angeboten wird und er dieses Angebot als einheitliches annimmt – einheitliches Vertragswerk, auch einheitlicher Leistungsgegenstand genannt –, unterliegt der Gesamtaufwand nach der Rechtsprechung (z. B. BFH, Urteil v. 23.11.1994, II R 53/94, BStBl. 1995 II S. 331) der Grunderwerbsteuer, auch wenn zivilrechtlich hierüber verschiedene Verträge abgeschlossen werden.

Dabei ist es für den Erwerber nachteilig, dass er je nach Sachverhaltsgestaltung neben der Grunderwerbsteuer ggf. mit Umsatzsteuer für die Bauleistungen belastet wird: Die Leistungserbringung der vom Veräußerer personenverschiedenen Bauhandwerker unterliegt auch der Umsatzsteuer, die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 9 lit. a UStG greift hier nicht ein (siehe Kapitel 15.1).

Gegen diese auch durch das BVerfG (Beschluss v. 27.12.1991, 2 BvR 72/90, BStBl. 1992 II S. 212) sowie den EuGH (Beschluss v. 27.11.2008, C-156/08, BFH/NV 2009 S. 531) abgesegnete gefestigte Rechtsprechung des einheitlichen Vertragswerks und der daraus resultierenden Doppelbelastung mit Umsatzsteuer und Grunderwerbsteuer hat sich das Niedersächsische FG in seinem Urteil v. 26.8.2011 (7 K 192, 193/09, juris) gewandt und nur den reinen Grundstückskaufpreis der Grunderwerbsteuer unterworfen. Im diesbezüglichen Revisionsverfahren beim BFH (Urteil v. 27.9.2012, II R 7/12, BStBl. 2013 II S. 86) hält dieser aber an seiner ständigen Rechtsprechung fest. Die dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG (Beschluss v. 20.5.2013, 1 BvR 2766/12, juris) gar nicht erst zur Entscheidung angenommen.

Letztlich hat auch der Gesetzgeber selbst durch die Sonderregelung des § 8 Abs. 2 Satz 2 GrEStG, die es ermöglicht, abweichend vom tatsächlichen Zustand eines Grundstücks im Besteuerungszeitpunkt den Wert des späteren bebauten Grundstücks als Bedarfswert festzustellen, die Rechtsprechung zum einheitlichen Erwerbsgegenstand bei noch zu errichtenden Gebäuden nebenbei ausdrücklich anerkannt (Pahlke 2014, § 8 Rn. 100). Die Doppelbelastung ist damit für die Praxis hinzunehmen.

Zur Bejahung eines einheitlichen Vertragsgegenstands wird die Messlatte allgemein nicht sehr hoch gelegt. Ein solcher kann sogar dann angenommen werden, wenn auf der Veräußererseite mehrere Personen beteiligt sind, d. h., wenn Grundstücksveräußerer und Baufirma nicht identisch sind. Voraussetzung ist nur, dass der Grundstückskaufvertrag und die übrigen Verträge zivilrechtlich miteinander verknüpft oder auf andere Weise wirtschaftlich miteinander verwoben sind. Dazu müssen sie nicht unbedingt zeitgleich abgeschlossen worden sein.

Ein Zusammenhang entsteht beispielsweise durch das Zusammenwirken mehrerer Personen auf der Veräußererseite (BFH, Urteil v. 27.10.1999, II R 17/99, BStBl. 2000 II S. 34; Finanzministerium Schleswig-Holstein v. 21.3.2011, VI 355 – S 4521 – 113, mit vielen Einzelkonstellationen und Schaubildern) und sogar dann, wenn die bis zur Baureife gediehene Vorplanung seitens des Erwerbers selbst maßgebend beeinflusst oder gar initiiert wurde (BFH, Urteil v. 21.9.2005, II R 49/04, BStBl. 2006 II S. 269). Darüber hinaus müssen sich der das Grundstück veräußernde Eigentümer und das Bauunternehmen nicht einmal kennen, vielmehr genügt es, wenn sie über eine dritte Person miteinander verbunden sind (BFH, Urteil v. 27.9.2012, II R 7/12, BStBl. 2013 II S. 86, Rn. 2).

Andererseits setzt die Annahme eines einheitlichen Vertragswerks voraus, dass nach den getroffenen Vereinbarungen entweder der Grundstücksveräußerer selbst – stattdessen aber auch möglich: der Besteller eines Erbbaurechts – oder ein mit ihm zusammenwirkender Dritter dem Erwerber gegenüber verpflichtet ist, den tatsächlichen Grundstückszustand zu verändern, d. h., das Grundstück zukünftig in einen bebauten Zustand zu versetzen. Dazu ist neben dem Abschluss des Grundstücks- oder Erbbaurechtsvertrags der Abschluss eines Bauvertrags mit der Veräußererseite erforderlich; diese muss zivilrechtlich zur Übereignung des Grundstücks und dessen Bebauung verpflichtet sein (BFH, Urteil v. 8.9.2010, II R 3/10, BFH/NV 2011 S. 303, Rn. 13). Wird also ein Grundstück bzw. ein Erbbaurecht erworben und übernimmt der Käufer dabei die Verpflichtung, auf dem Grundstück ein bestimmtes Gebäude zu errichten bzw. errichten zu lassen, liegt dennoch kein einheitliches Vertragswerk vor, wenn nicht der Veräußerer bzw. der Besteller des Erbbaurechts, sondern ein nicht mit ihm verbundener Dritter zur Bebauung des Grundstücks verpflichtet ist (BFH, Urteil v. 8.9.2010, a. a. O., Rn. 2 und Leitsatz).

Im konkreten Streitfall vor dem BFH[1] hatte sich der Grundstückserw...

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