Leitsatz

Es besteht eine Beschlusskompetenz für Weisungen an den Verwalter über das Verhalten im Anfechtungsprozess.

 

Normenkette

WEG § 21 Abs. 4, § 23 Abs. 1

 

Das Problem

  1. Die Wohnungseigentümer bestellen die X-GmbH, ihre Verwalterin, ab. Gegen diesen Beschluss klagt die X-GmbH (Verfahren AG Königstein, 21 C 1097/14). Die Wohnungseigentümer klagen ihrerseits gegen die X-GmbH auf Schadensersatz wegen nicht erstellter Hausgeldabrechnungen (AG Königstein, 21 C 1428/15). Im Rahmen des Verfahrens 21 C 1097/14 schlägt das Gericht den Abschluss eines Vergleichs zur Beendigung beider Prozesse vor. Die Wohnungseigentümer sollen der X-GmbH zur Beendigung beider Verfahren 3.022,60 EUR zahlen. Im Februar 2016 informiert der Prozessbevollmächtigte der X-GmbH die neue Verwalterin darüber, dass diese den vom Gericht unterbreiteten Vergleichsvorschlag nicht annehmen würde, jedoch ein Vergleich (allein) über das Anfechtungsverfahren 21 C 1097/14 möglich sei.
  2. Im März 2016 fassen die Wohnungseigentümer folgenden Beschluss:

     

    Der Vergleichsvorschlag des Gerichts für den Anfechtungsprozess über die Verwalterabberufung auf Zahlung eines entgangenen Gewinns in Höhe von 3.617,60 EUR an Firma X-GmbH wird angenommen. Mit Zahlung des vorstehend genannten Betrages sind die Ansprüche der X GmbH gegen die Wohnungseigentümer abgegolten und der Rechtsstreit erledigt. Die Kosten des Rechtsstreits sind gegeneinander aufzuheben. Das heißt, beide Parteien tragen ihre Rechtsanwaltskosten selbst. Entstandene Gerichtskosten werden geteilt.

    Ein solcher Vergleich wird trotz des Protestes des Wohnungseigentümers K beim Amtsgericht (AG) protokolliert. Dabei trägt K vor, die Niederschrift sei unrichtig, da die Parteien gerade keinen Vergleich geschlossen hätten, da er sich ausdrücklich gegen den Abschluss eines Vergleiches ausgesprochen habe.

  3. K greift ferner den Beschluss an. Er meint, der Beschluss widerspreche ordnungsmäßiger Verwaltung und sei daher nichtig; hilfsweise sei er für unwirksam zu erklären. Es habe bereits an der Beschlusskompetenz gefehlt, denn der Vergleichsvorschlag aus dem Verfahren habe die jeweiligen Wohnungseigentümer betroffen. Es sei Sache der Prozessparteien gewesen, über die Annahme oder die Ablehnung des Vorschlags zu entscheiden. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass es sich bei den Beklagten um notwendige Streitgenossen gehandelt habe.
  4. Das AG weist die Klage ab. Der Beschluss sei weder nichtig, noch sei er für ungültig zu erklären gewesen. Vielmehr sei er bei bestehender Beschlusskompetenz geeignet gewesen, eine Entscheidung über die Frage einer vergleichsweisen Einigung in dem Verfahren 21 C 1097/14 herbeizuführen. Dem stünde nicht entgegen, dass die zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Grundbuch eingetragenen Eigentümer Partei des Rechtsstreits auf Beklagtenseite gewesen seien.
  5. Dagegen wendet sich K mit seiner Berufung. Ohne Erfolg!
 

Die Entscheidung

Das AG habe die Klage zu Recht abgewiesen. Die Wohnungseigentümer hätten für den Beschluss eine Beschlusskompetenz gehabt.

  1. Mit Blick darauf, dass sich bei Anfechtungsklagen häufig die Klage allein gegen einen Teil der Wohnungseigentümer richte, seien in der Instanzrechtsprechung allerdings vereinzelt Bedenken an einer Beschlusskompetenz für das Verhalten im Anfechtungsprozess geäußert worden.
  2. Dem schließe sich die Kammer "jedenfalls so pauschal nicht an". Denn bereits in der Entscheidung, mit welcher der Bundesgerichtshof die gesetzliche Vertretungsmacht des Verwalters entwickelt habe, habe er zugleich darauf hingewiesen, dass den Wohnungseigentümern die Möglichkeit verbleibe, eine Versammlung einzuberufen und dem Verwalter Weisungen zu erteilen (Hinweis auf BGH, Urteil v. 5.7.2013, V ZR 241/12, ZWE 2013 S. 368 Rn. 15). Dies sei auch überzeugend, denn der Verwalter handele auch insoweit letztlich "aufgrund seiner Stellung als Organ der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer", denn Teil dieser Amtsstellung sei seine Vertretungsberechtigung für die verklagten Wohnungseigentümer. Angelegenheiten, welche Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beträfen, seien "klassischer Gegenstand von Beschlüssen", sodass auch Weisungen an den Verwalter über das Verhalten im Anfechtungsprozess beschlossen werden könnten (Hinweis auf LG Frankfurt am Main, Urteil v. 5.8.2015, 2-13 S 32/13, ZWE 2015 S. 458 und Greiner in Beck-OGKWEG, Stand 1.7.2018, § 27 Rn. 65). Zu beachten sei aber, dass eine Beschlusskompetenz nur für derartige Weisungen an den Verwalter bestehe (Hinweis auf Zschieschack, ZWE 2018 S. 391).
  3. Allerdings stünden sich im Anfechtungsprozess auf Beklagtenseite die einzelnen Wohnungseigentümer als Einzelparteien dem Kläger gegenüber. Dies bedeute, dass es selbst unter den notwendigen Streitgenossen keine Verpflichtung zu einem abgestimmten Verhalten gebe und im Grundsatz auch ein – in der Regel interessengeleitetes widersprüchliches – Vorgehen möglich sei.
  4. Den einzelnen Wohnungseigentümern bleibe es daher unbenommen, die Einberufung einer Versammlung zu verlangen und dem Verwalter im Hinblick ...

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