Für die Compliance-Risiken eines Unternehmens spielen dessen Geschäftspartner und Kunden eine wichtige Rolle. Wenn Unternehmensführung nicht so hart wäre, könnte man sagen: "Wie man sich bettet, so liegt man."

Auch hier einige Beispiele:

  • Wenn Kundenmitarbeiter an Vertriebspartnern oder Beratungsfirmen beteiligt sind und so an der Geschäftsbeziehung mitverdienen, wird schnell die Frage gestellt, ob hier ein Fall von Korruption "über die Bande" vorliegt. Wenn Vertriebspartner "aus eigener Tasche" Bestechungszahlungen geleistet oder ein Begleitprogramm für Familienangehörige zur Produktabnahme organisiert haben, wird geprüft werden, ob Ihr Unternehmen diese Aktivitäten kannte oder davon hätte wissen müssen. Man wird ferner fragen, ob die Bestechungsleistungen aus Ihren Vertriebskosten finanziert worden sind. Deshalb reduzieren Kundenunternehmen, die selbst darauf achten, dass ihre Mitarbeiter nicht bestechen oder sich nicht an unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen beteiligen, auch Ihr Risiko.
  • Speditionen mit internationaler Erfahrung können Ihnen bei Erfüllung von Export- oder Importanforderungen helfen.
  • Lieferanten, die zugesagte Arbeitsbedingungen oder Mindestsozialstandards nicht einhalten, können dazu führen, dass Endverbraucher Ihre Produkte boykottieren. Großkunden können in solchen Fällen nach anderen Lieferanten Ausschau halten, weil sie selbst unter dem Druck der Öffentlichkeit stehen, in ihrer Lieferkette für ordentliche Verhältnisse zu sorgen.
  • Nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz haften Auftraggeber als Bürge dafür, dass ihr Auftragnehmer die gültigen Tariflöhne zahlt. Ordnungswidrig handelt, wer Werk- oder Dienstleistungen in einem erheblichen Umfang ausführen lässt, indem er einen anderen Unternehmer beauftragt, von dem er weiß oder fahrlässig nicht weiß, dass dieser tariflich zugesicherte Arbeitsbedingungen oder Leistungen nicht gewährt. Eine entsprechende Regelung enthält jetzt auch das Mindestlohngesetz.
  • Exporteure und Importeure müssen Lieferanten und Kunden routinemäßig daraufhin überprüfen, ob sie auf Sanktions- oder Terroristenlisten stehen, wenn sie die Vorteile des erleichterten Zollverfahrens für Zugelassene Wirtschaftsbeteiligte nutzen wollen.
  • Wer Waren oder Dienstleistungen exportiert, die der Exportkontrolle unterliegen, sollte auf die Richtigkeit der Endverbleiberklärungen seines Geschäftspartners bauen können, will er sich nicht eines Tages als Beteiligter in Strafverfahren nach dem Außenwirtschaftsgesetz wiederfinden.

Wir könnten diese Aufzählung fortsetzen. Geschäftspartner-oder kundenbezogene Compliance-Sorgfaltspflichten erfassen ein Spektrum, dass nicht allein durch den Compliance-Beauftragten abgedeckt werden kann. Wir haben die Konsequenzen schon bei der Ausgestaltung des Compliance-Management-Systems, dem RICKO-Verfahren und der Pflichtendelegation erläutert. Es gilt, zwischen Standardprozessen für den Normalfall und Prüfverfahren für Sachverhalte mit erhöhten Compliance-Risiken zu unterscheiden:

  • Standardprozesse sollten in der Verantwortung der jeweils fachlich zuständigen Abteilung liegen und ggf. mit Compliance-bezogenen Fragen ergänzt werden. Die Verfahren für den Normalfall dürfen nicht unnötig überlastet oder von ihren primären Zielsetzungen abgelenkt werden. Die bei erhöhtem Risiko zusätzlich erforderliche Tiefenschärfe sollte nicht aus Rücksicht auf den Normalfall unterbleiben.
  • Situationen mit erhöhtem Compliance-Risiko sollten von der Compliance-Funktion geprüft werden, ggf. auch mit eigenen Recherchen.
  • Ein Beispiel hierfür sind die im vorhergehenden Kapitel dargestellten Compliance-Prüfsteine für neue Produkte und Verfahren in Ergänzung zu den normalen Qualitätsmanagementverfahren.

Bei der Geschäftspartnerauswahl im Einkauf geht es in der Regel um Standardprozesse. Ergänzende Compliance-Fragen für den Standardprozess können sein:

  • Bestehen wirtschaftliche Beteiligungen von Mitarbeitern oder Verwandten an Lieferanten oder Vertriebspartnern?
  • Gab es gegen den potenziellen Geschäftspartner Ermittlungsverfahren, Strafen- oder Bußgelder in den letzten 5 Jahren?
  • Gab es in den letzten 5 Jahren negative Medienberichterstattung?
  • Sind eigene Compliance-Maßnahmen beim Geschäftspartner vorhanden?

Häufig wird aus Gründen der Compliance-Absicherung vorgeschlagen, dass Lieferanten und Dienstleister sog. Integritätsklauseln unterschreiben oder die Verhaltensgrundsätze und Compliance-Regeln des Kunden anerkennen müssen.

Bei Integritätsklauseln soll der Geschäftspartner erklären, dass er keine gesetzeswidrigen oder unlauteren Verhaltensweisen anwenden wird und dies auch von seinen Zulieferern verlangt. Solche Klauseln sind vielleicht ein gut gemeinter Gedankenanstoß. Sie dürften im Ernstfall aber nicht als Beitrag zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten gegenüber Geschäftspartnern bewertet werden. Es besteht eher das Risiko, dass sie als Beleg dafür betrachtet werden, dass Ihr Unternehmen sich seiner Sorgfaltspflichten mit allgemeinen Vertragsklauseln habe entledigen wollen. Die im USA-Kontext...

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