Typische Ursachen und Fälle für die anwaltliche Berufshaftpflicht

Viele Anwälte stolpern regelmäßig über Verjährungs- und Ausschlussfristen – und das trotz guter Büroorganisation. Ein Grund: Übersteigerte Anforderungen des BGH an die Fristen- und Ausgangskontrolle. Doch es gibt noch andere Haftungsfallen.

Die Haftpflichtrisiken für Rechtsanwälte nehmen weiter zu. Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Die meisten Haftpflichtfälle beruhen auf Fristversäumnissen. Hier gibt es zunächst die Fälle, in denen eine materielle Ausschluss- und Verjährungsfrist übersehen wird.

Wenn die Frist davon gelaufen ist

§ 548 Abs. 2 BGB, der Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Aufwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung sechs Monaten nach der Beendigung des Mietverhältnisses verjähren lässt, ist ein ganz typisches Beispiel.

Der Gesetzgeber hat sich zwar bemüht, den Katalog von speziellen Verjährungs- und Ausschlussfristen zu lichten. Eine durchgreifende Verbesserung ist allerdings nicht erkennbar. Noch häufiger kommt es jedoch vor, dass eine an sich bekannte und leicht einzuhaltende Frist nicht eingehalten wird.

Wiedereinsetzung gelingt eher selten

Die Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist ist hier wohl das beste Beispiel. Bei der Versäumung von Fristen besteht zwar grundsätzlich die Möglichkeit, dass diese durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geheilt werden. Doch dies gelingt nur in den seltensten Fällen gelingt. Dies wiederum liegt an den Anforderungen, die von der Rechtsprechung an eine ordnungsgemäße Fristen- und Postausgangskontrolle gestellt werden.

Hohe Hürden für Büroorganisation

Die Anforderungen an eine Büroorganisation sind in der Beratungspraxis kaum erfüllbar. Gleichwohl führen hier kleinste Abweichungen und Fehler zur Ablehnung eines Wiedereinsetzungsantrags.

Fallstricke spezialgesetzliche Regelungen

Eine häufige Ursache für Haftpflichtansprüche ist auch die Nichtbeachtung einer spezialgesetzlichen Regelung. Die Haftungsrechtsprechung kennt hier allerdings keine Gnade. Es gilt der Grundsatz, dass der Rechtsanwalt mandatsbezogen auch entlegenste Rechtsnormen kennen muss. Abgesehen von diesen typischen Beratungsfehlern belastet die Anwälte zunehmend das steigende Anspruchsbewusstsein auf Seiten der Mandanten.

Vorsicht bei Fällen mit Auslandsberühung

Bei Mandanten mit Auslandsberührung müssen Anwälte höchste Vorsicht walten lassen. Die Hauptprobleme liegen bei der Mandatsplanung. Bei fehlenden Fachkenntnissen muss das Mandat auf jeden Fall abgelehnt werden. Soweit ausreichende Fachkenntnisse vorhanden sind, sollte vor der Mandatsannahme geprüft werden, ob die Beratung und etwaige sich hieraus ergebende Haftpflichtrisiken dem Grunde und der Höhe nach von der Berufshaftpflichtversicherung erfasst werden.

Auf Auslandsrisiken erstreckt sich der Versicherungsschutz der Berufshaftpflichtversicherung insoweit, wie es um eine Beratung in europäischem Recht geht. Vom Versicherungsschutz ausgeschlossen bleiben aber auch hier zum Beispiel Tätigkeiten vor einem europäischen Gericht. Die Versicherungsbedingungen orientieren sich inhaltlich exakt an den Vorgaben  in § 51 Abs. 3 BRAO. Darüber muss selbstverständlich auf eine angemessene Deckungssumme geachtet werden.

Haftungsbegrenzung bleibt riskant

Die Möglichkeiten der vertraglichen Haftungsbegrenzung sind in § 51a BRAO abschließend geregelt. Danach kann die Haftung durch schriftliche Individualvereinbarung auf die Mindestversicherungssumme in Höhe von 250.000 Euro für alle Fälle der Fahrlässigkeit oder durch vorformulierte Auftragbedingungen (AGB) auf den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme für Fälle der einfachen Fahrlässigkeit begrenzt werden, wenn insoweit entsprechender Versicherungsschutz dem Grunde und der Höhe nach besteht.

Mit Blick auf diese gesetzlichen Vorgaben kann man eine Haftungsbegrenzung durch vorformulierte Bedingungen schon deshalb nicht mit guten Gewissen  empfehlen, weil hierdurch nur Fälle der einfachen Fahrlässigkeit erfasst werden.

Individualvereinbarung  zu Haftungsbegrenzung

Das Hauptproblem der Individualvereinbarung ist der Nachweis, dass diese auf gleicher Augenhöhe ausgehandelt worden ist. Welche Anforderungen hierzu im Einzelnen erforderlich sind, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, weil insoweit bislang keine Haftpflichturteile vorliegen. Ohne eine umfangreiche mandatsbezogene schriftliche Dokumentation der Verhandlungen, die zu dem Abschluss der Haftungsbegrenzung geführt haben, dürfte die wirksame Vereinbarung einer individuellen Haftungsbegrenzung nicht möglich sein. Fazit: Die vertragliche Haftungsbegrenzung kann nur sehr begrenzt als sicheres Instrument bezeichnet werden, mit der man grundsetzlich das Risiko der Haftung mit dem Privatvermögen auszuschließen versucht.

Die rechtlichen Unsicherheiten und selbstverständlich auch die mangelnde Akzeptanz auf Seiten der Mandanten ist wohl deshalb auch der Grund dafür, warum vertragliche Haftungsbegrenzungen in der anwaltlichen Beratungspraxis nach wie vor so gut wie keine Rolle spielen. Bei exponierten Mandaten mit erkennbar hohen Haftungsrisiken sollten Anwälte über den Abschluss einer so genannten mandatsbezogenen Objektdeckung mit einer höheren Deckungssumme nachdenken. Ein Restrisiko bleibt aber selbstverständlich auch bei dieser Variante.

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